Wenn Leben Zitate (Seite 51)
Was waren Frauen
Was waren Frauen anders dir als Spiel,
Der du dich bettetest in soviel Liebesstunden:
Du hast nie andres als ein Stück von dir gefunden,
Und niemals fand dein Suchen sich das Ziel.
Du strebtest, dich im Hellen zu befreien,
Und wolltest untergeh'n in wolkig trüber Flut –
Und lagst nur hilflos angeschmiedet in den Reihen
Der Schmachtenden, gekettet an dein Blut.
Du stiegst, dein Leben höher aufzutürmen,
In fremde Seelen, wenn dich eigne Kraft verließ,
Und sahst erschauernd...
Ernst Maria Richard Stadler
Begegnung
Du sagst immer, sei offen!
Ich wäre es so gerne,
wenn ich nicht so viel Angst davor hätte,
daß du mich verletzt!
Ich sage immer zu mir, bleib offen!
Ich wäre es so gerne,
wenn ich nicht so viel Angst hätte,
vor all dem Schmerz und den tiefen Wunden!
Doch alle Angst wird mich nicht daran hindern,
mir und dir,
eines Tages zu begegnen,
mit offenen Armen und offenem Herzen!
Wozu würde ich sonst leben?
Petra Speth
Bad boy
Ich bin der böse Junge von nebenan,
der, der den Sargträgern hilft
wenn sie die Nachbarn wegschaffen.
Ich gehe um wie Grippe.
Die drei Kids von oben
haben sich angesteckt: eine Sinfonie
aus Streichholz und Feuerwehrlärm.
Ich bin es, der den Ersatzschlüssel hat
und die Blumen mit Rattengift gießt.
Das ist schon ein tolles Leben,
wenn im Frühling kollaterale Schädel
Führergeburtstag feiern und wie durch
Zufall in ihren Hirnanhangsdrüsen
meine Küchenmesser stecken.
Die Bulldogs, die ich...
Stefan Schütz
Von unserer Liebe
Die Liebe, die in uns ist, ist so tief,
Daß alle Stunden ganz von ihr umsponnen,
Als hätte unser Leben erst begonnen
An jenem Tag, da sie uns beide rief.
Sie wird gleichwie ein warmer, heller Schein
Mit uns auf allen Wegen gehen,
Und wenn wir einst im welken Herbste stehen,
Wird sie verblüht, doch niemals häßlich sein.
Und wie wir denken, wenn ihr weißes Haar
Anmutig schöne, greise Frauen tragen,
Wird man von unserer alten Liebe sagen:
"Man sieht noch jetzt, wie schön sie...
Friedl Schreyvogel
Jenseits-Dämmerung
Jeden Morgen, wenn ich erwache,
Lern' ich die Sprache der Menschen auf's neu,
Die mir in lichtsatten nächtigen Träumen
Zerstoben, verflogen wie kornblinde Spreu.
Jeden Morgen, wenn ich erwache,
Samml' ich auf's neue mein irdisch Gebein,
Das ich im nächtigen Flug durch die Räume
Abgestreift wie ein lästig Gewand.
Und ungern, voll Mißmuth und widrigem Willen
Erheb ich die fröstelnden Glieder auf's neu,
Drein sich die Seele im innersten Marke
Verkrochen vorm Alltag in...
Ludwig Scharf
So ist's
Das aber nehmt euch einmal zu Verstande:
Daß einer nie sein Höchstes kann vollbringen,
Wenn nicht ein Gott ihm gnädig löst die Schwingen,
Und nicht ein günst'ger Wind ihn treibt vom Strande.
Denn nie gedeiht der Baum in dumpfem Sande,
Zu Tod sich flattern muß der Aar in Schlingen –
Und ernstes Tun kann stets nur halb gelingen,
Wenn sich die Mitwelt freut an hohlem Tande.
Ja, ob auch eigne Kraft und tiefstes Wollen
Die Größe hebt aus den gemeinen Gleisen:
Des Lebens Mächten muß ein...
Ferdinand von Saar
Aufschrei
Blühend sein und doch nicht leben sollen,
Mit der Sehnsucht noch, der heißen, tollen,
Vor der fest verschlossnen Türe stehn –
Durstig sein, und doch nicht trinken, trinken,
Wenn die goldnen Freudenbecher winken,
Jeder Wonne scheu vorübergehn –
Lechzen, ach, nach seligem Genießen,
Und die trunknen Augen doch zu schließen,
Weil des Schicksals harter Spruch es will –
Darben, darben, wenn sich Andre küssen,
Elend sein, und dennoch lachen müssen,
Immer lachen ….
Still, mein Herz, o still!
Anna Ritter
Überall ist Wunderland.
Überall ist Leben.
Bei meiner Tante im Strumpfband
Wie irgendwo daneben.
Überall ist Dunkelheit.
Kinder werden Väter.
Fünf Minuten später
Stirbt sich was für einige Zeit.
Überall ist Ewigkeit.
Wenn du einen Schneck behauchst,
Schrumpft er ins Gehäuse.
Wenn du ihn in Kognak tauchst,
Sieht er weiße Mäuse.
Joachim Ringelnatz
Silvester
Daß bald das neue Jahr beginnt,
Spür ich nicht im Geringsten.
Ich merke nur: Die Zeit verrinnt
Genau so wie zu Pfingsten,
Genau wie jährlich tausendmal.
Doch Volk will Griff und Daten.
Ich höre Rührung, Suff, Skandal,
Ich speise Hasenbraten.
Mit Cumberland, und vis-à-vis
Sitzt von den Krankenschwestern
Die sinnlichste. Ich kenne sie
Gut, wenn auch erst seit gestern.
Champagner drängt, lügt und spricht wahr.
Prosit, barmherzige Schwester!
Auf! In mein Bett! Und Prost Neujahr!
Rasch!...
Joachim Ringelnatz
In einem Boot
Das Leben ist ein großes Meer,
wir rudern drauf in einem Boot,
und kommt ein Sturmtief mal daher,
geraten wir in höchste Not.
Dann gilt das Wort Zusammenhalt,
für die Schwarzen, Gelben, Weißen,
es gilt sowohl für Jung und Alt,
für die Armen und die Reichen.
Wenn jeder nur sein Bestes gibt,
ist dies Ruderboot zu retten,
wenn jeder seinen Nächsten liebt,
schwinden Kriege, Not und Ketten.
So beenden wir die Qualen,
vergessen Neid, Hass und Feinde,
Konkurrenz und auch...
Horst Rehmann
Ein böser Satz ist schnell gesagt,
Bei dem der Andere selbst weint,
Wenn man den Grund dann hinterfragt,
Wird böse Absicht stets verneint.
Es ist doch nur so raus gerutscht,
Die Sache müsse man versteh'n,
Die Nerven seien aufgeputscht,
Deshalb dies peinliche Verseh'n.
Diese Botschaft wird vernommen,
Doch der Satz bleibt lange haften,
Die Seele ist fortan beklommen,
Nur schwer ist Bosheit zu verkraften.
So manch ein unbedachtes Wort,
zerstört vielleicht ein frohes Leben,
Wenn man es sagt am...
Horst Rehmann
Am stillen Friedhof
Wenn ich im stillen Friedhof geh',
Wird mir so schwer zu Herzen,
Daß man die treuste Menschenbrust,
Die mitgetragen Leid und Lust,
So eilig kann verschmerzen.
Gras wächst darüber, ach wie bald!
Das Grab wird selber heiter.
Wie wenn ein Blatt vom Wipfel fällt,
So geht ein Leben aus der Welt –
Die Vögel singen weiter.
O Menschenherz mit deinem Stolz!
Was flüstern die Cypressen?
»Wir stehn auf einem schmalen Raum,
Darunter liegt ein Herze kaum,
So ist es schon vergessen.«
Ludwig Pfau
Trost
Wenn in langen trüben Stunden
Unser Herz beinah verzagt,
Wenn, von Krankheit überwunden,
Angst in unserm Innern nagt;
Wir der Treugeliebten denken,
Wie sie Gram und Kummer drückt,
Wolken unsern Blick beschränken,
Die kein Hoffnungsstrahl durchblickt,
O dann neigt sich Gott herüber,
Seine Liebe kommt uns nah,
Sehnen wir uns dann hinüber,
Steht ein Engel vor uns da,
Bringt den Kelch des frischen Lebens,
Lispelt Mut und Trost uns zu,
Und wir beten nicht vergebens
Auch für die Geliebten Ruh.
Novalis
Dein eigener Richterspruch
Hast du geliebt? Weißt du wohl, was das heißt?
Denk nach, denk nach, wenn du es noch nicht weißt.
Die Frage wird dir jeden Tag gegeben;
die Antwort hast du jeden Tag zu leben.
Hast du geliebt? Es wird ein Ja verlangt,
Weil jeder, so wie du, nach Liebe bangt.
Was du ihm gibst, sein Engel trägt's nach oben,
und dort, dort wird es für dich aufgehoben.
Hast du geliebt? So wirst du einst gefragt,
Wenn das Gericht des Allerforschers tagt.
Das Urteil hast du dir dann...
Karl May
An die Liebe
Wenn deine Göttermacht, o Liebe,
Aus der Verbannung Nebeltal
Zur Sternenwelt uns nicht erhübe,
Wer trüge dann des Lebens Qual?
Ins Reich der Unermeßlichkeiten,
Bis wo die letzte Sphäre klingt,
Folgst du dem Fluge des Geweihten,
Wenn er dem Staube sich entschwingt!
Und stürzt, umwogt von Feuerfluten,
Der Erdball selbst ins Grab der Zeit,
Entschwebst, ein Phönix, du den Gluten;
Dein Nam ist Unvergänglichkeit.
Friedrich von Matthisson