Wenn Leben Zitate (Seite 36)
Ein Jahr ist nichts, wenn man's verputzt,
ein Jahr ist viel, wenn man es nutzt.
Ein Jahr ist nichts; wenn man's verflacht;
ein Jahr war viel, wenn man es ganz durchdacht.
Ein Jahr war viel, wenn man es ganz gelebt;
in eigenem Sinn genossen und gestrebt.
Das Jahr war nichts, bei aller Freude tot,
das uns im Innern nicht ein Neues bot.
Das Jahr war viel, in allem Leide reich,
das uns getroffen mit des Geistes Streich.
Ein leeres Jahr war kurz, ein volles lang:
nur nach dem Vollen...
Hanns Freiherr von Gumppenberg
Du magst der Ärmste, der Schwächste, der Sündigste aller Menschen sein; wenn du die Liebe hast, kannst du leben. Du magst durch Krankheit, Mißerfolg und Versagen erschüttert sein; wenn du die Liebe hast, kannst du stehen. Du magst kein großes Haus, oder nur ein Dach über dem Kopf besitzen; wenn du die Liebe hast, bist du zu Hause. Du magst über keinen Besitz und kein Geld auf der Bank verfügen; wenn du die Liebe hast, bist du reich. Wenn du die Liebe hast, hast du Gott in deinem Herzen.
Phil Bosmans
Der Spruch
In einem alten Buche stieß ich auf ein Wort,
Das traf mich wie ein Schlag und brennt durch meine Tage fort:
Und wenn ich mich an trübe Lust vergeb,
Schein, Lug und Trug zu mir anstatt des Wesens hebe,
Wenn ich gefällig mich mit raschem Sinn belüge,
Als wäre Dunkles klar, als wenn nicht Leben tausend wild verschlossne Tor trüge,
Und Worte wieder spreche, deren Weite nie ich ausgefühlt,
Und Dinge fasse, deren Sein mich niemals aufgewühlt,
Wenn mich willkommner Traum mit Sammethänden...
Ernst Maria Richard Stadler
Unglücksrabe
So oft ich der alten Nachbarin
In ihrem Shawltuch begegnet bin,
Wenn die Sonne grade recht hell gestrahlt,
Als bekäm sie's heute extra bezahlt –
Dann zeigte die alte Nachbarin
Mit der welken Hand nach dem Himmel hin
Und kniff den Mund so besonders ein,
Als biß sie in etwas Saures hinein,
Und meinte: "Wenn's nur so bleibt!"
So ist's mir im Leben mit Vielen ergangen,
Die wußten mit Freude nichts anzufangen
Und riefen in jeden Sonnenschein
Ihr krächzendes "Wenn's nur so bleibt"...
Anna Ritter
In Qualen
Wenn ich in Qualen lag,
Undurchdringlichen,
Wenn meine Seele rang
Flehend zu dir:
Hilf mir, du ewiger
Vater des Lebens,
Hilf mir, allmächtiger,
Liebender Gott!
Angeschmiedet
Ächzen die Sinne,
Hingeknechtet
In Staub und Kot –
Wenn ich gebäumt mich,
Ketten geschüttelt,
Äther zu atmen
Herrlich und frei –
Ach, nur ein Nageldruck
Deiner Allmächtigkeit
War noch vonnöten,
Daß es vollbracht –
Ließest mich liegen
Ohne Barmherzigkeit,
Mich, der ich dich nur
Brünstig begehrt;
Ließest mich...
Karl Henckell
In mir
Meine Gedanken
Unruhig wie das Licht der Kerze
Meine Seele
So dramatisch wie eine Sinfonie
Mein Wunsch
Ist Liebe
Ich brauche das Licht
Die Sinfonie
Die Liebe
Das ist mein Leben
In einem großen Traum
Einer Vergangenheit mit Zukunft
Wenn das Licht erlöscht
Sind meine Gedanken tot
Wenn die Sinfonie verklingt
Schlafe ich ein
Wenn der Wunsch sich nicht erfüllt
Bin ich in Trauer
Doch in meinem Herzen
Vereine ich die Liebe
Mit der Sinfonie
Und dem Licht der Kerze
Und wenn es nicht mehr...
Volkmar Frank
Da ist jemand
Da ist jemand,
der mich nimmt,
wie ich genommen
werden will;
der mich aufbaut
wenn mich etwas
niederdrückt;
der mich zu Herzen nimmt,
wenn mir etwas
über die Leber gelaufen ist;
der mir Gehör schenkt,
wenn mir das Leben
Rätsel aufgibt;
der für mich ist,
wenn sich alles gegen mich
verschworen hat.
Da ist jemand,
mit dem ich zusammen wachsen,
vielleicht sogar
zusammenwachsen darf.
Ernst Ferstl
Gegenliebe
Wenn, o Mädchen, wenn dein Blut
Reger dir am Herzen wühlte;
Wenn dies Herz von meiner Glut
Nur die leise Wärme fühlte.
Wenn dein schöner Herzensdank
Meiner Liebe Gruß empfinge;
Und dir willig, ohne Zwang,
Kuß auf Kuß vom Munde ginge:
O dann würde meine Brust
Ihre Flamme nicht mehr fassen,
Alles könnt' ich dann mit Lust,
Leib und Leben könnt' ich lassen.
Gegengunst erhöhet Gunst,
Gegenliebe nähret Liebe,
Und entflammt zur Feuersbrunst,
Was sonst Aschenfünkchen bliebe.
Gottfried August Bürger
Abschied
Sag mir, daß du dich im Föhnwind sehnst
Und daß du trauern würdest,
Wenn ich ginge.
Sag mir, daß diese Tage schön sind
Und daß du weinen wirst,
Wenn ich nicht singe.
Sag mir, daß du dem Leben gut bist.
Sag meiner Stimme,
Daß sie nie verwehe…
Und daß du heiter und voll frohen Mut bist,
Auch wenn ich lange Zeit
Dich nicht mehr sehe.
Sag mir, daß ich ein töricht Kind bin,
Und streichle mich, wie eine junge Meise.
Sag mir, daß ich zu dir zurückfind,
Auch wenn die Nächte dunkel...
Hugo Ball