Weg Zitate (Seite 23)
In der Maienfrühe
Lang seufzt ich vergebens,
es war mir im Drang
und Unmut des Lebens
verstummt der Gesang.
Nun bauen die Sänger
des Waldes ihr Nest,
nun halten mich länger
die Sorgen nicht fest.
Die Sorge, die eisig,
das Herz mir umschnürt,
hat alle der Zeisig
und Buchfink entführt.
Welch üppiges Blühen
in Wald und Geheg!
Die Qualen und Mühen,
nun jauchz' ich sie weg.
Früh auf aus dem Bette,
durch Wald und Gesträuch…
Ich pfeif um die Wette,
ihr Vögel, mit eich!
Ich singe und pfeife,
so wie...
Heinrich Leuthold
Die eheliche Liebe
Klorinde starb, sechs Wochen drauf
Gab auch ihr Mann das Leben auf.
Und seine Seele nahm aus diesem Weltgetümmel
Den pfeilgeraden Weg zum Himmel.
"Herr Petrus!" rief er. "Aufgemacht!"
"Wer da?" — "Ein wackrer Christ."
"Was für ein wackrer Christ?"
"Der manche Nacht,
Seitdem die Schwindsucht ihn aufs Krankenbette brachte,
In Furcht, Gebet und Zittern wachte.
Mach bald!" Das Tor wird auf getan.
"Ha, ha! Klorindens Mann!
Mein Freund", spricht Petrus, "nur...
Gotthold Ephraim Lessing
Noch immer, Frühling, bist du nicht
Gekommen in mein Tal,
Wo ich dein liebes Angesicht
Begrüß das letzte Mal.
Frühblumen wähnten dich schon hier,
Frost bringt sie um ihr Glück,
Sie sehnten sich hinaus nach dir,
Und können nicht zurück.
Noch stehn die Bäume dürr und bar
Um deinen Weg herum
Und strecken, eine Bettlerschar,
Nach dir die Arme stumm.
Die Schwalbe fliegt bestürzt umher
Und ruft nach dir voll Gram,
Bereut schon, daß sie über's Meer
Zu früh herüber kam.
Nikolaus Lenau
Eitel nichts
's ist eitel nichts, wohin mein Aug' ich hefte!
Das Leben ist ein vielbesagtes Wandern,
ein wüstes Jagen ist's von dem zum andern,
und unterwegs verlieren wir die Kräfte.
Ja, könnte man zum letzten Erdenziele
noch als derselbe frische Bursche kommen,
wie man den ersten Anlauf hat genommen,
so möchte man noch lachen zu dem Spiele.
Doch trägt uns eine Macht von Stund' zu Stund',
wie 's Krüglein, das am Brunnenrand zersprang,
und dessen Inhalt sickert auf den Grund,
so weit es ging,...
Nikolaus Lenau
Mit Deinem Glanz
Mit Deinem Glanz
willst Du aus unserem Alltag
etwas Besonderes gestalten
Mit Deinem Licht
willst Du unsere Nöte und Sorgen erhellen
und uns auf unserem Weg begleiten
Mit Deiner Kraft
willst Du unserer Müdigkeit begegnen
und uns Mut
für den nächsten Schritt geben
Mit Deiner Barmherzigkeit
willst Du unsere menschlichen
Unvollkommenheiten zudecken
Mit Deiner Geduld
hilfst Du uns immer wieder auf
wenn wir gefallen
und mit uns am Ende sind
Mit Deiner Treue
läßt Du uns Deine...
Gudrun Kropp
Überall Leid
Allüberall, wohin ich ging und kam,
Fand ich ein Weh; so einsam lag kein Land,
Daß nicht der Weg zu ihm die Sorge fand,
Und wo kein Baum gedieh, gedieh noch Gram;
Und magst du ziehn nach Süd und Nord,
Gen Ost und West, nach allen Winden,
Du wirst doch stets dasselbe Lösungswort,
Die Arbeit und des Lebens Mühsal finden.
Dasselbe Kämpfen um dein täglich Brot,
Das sich nicht lohnt, so schwer verdient zu sein,
Erwartet dich am Hudson wie am Rhein;
Ihr Bürgerrecht hat überall die...
Konrad Krez
Liebe führt durch Nacht und Dunkel
Uns zur höchsten Erdenlust,
Liebe löst und Liebe bindet,
Liebe sucht und Liebe findet
Ihren Weg zu jeder Brust.
Was die Herzen feindlich trennte,
Trotzt vergeblich ihrer Macht;
Und es schmücken öde Fluren
Herrlich sie auf ihren Spuren
Mit erneuter Frühlingspracht,
Und so mag sie freundlich walten,
Lieblich ihre Myrte blühn!
Wo sich einst zu schönen Stunden
Reine Seelen fest verbunden,
Bleibt sie ewig jung und grün.
Karl Theodor Körner
Meine Welt
Gib mir deine Hand,
Denn ich möchte dir etwas zeigen.
Ich zeige dir mein Land
Wo Gefühle niemals schweigen.
Auf einen Berg hinauf wir gehen,
Der nennt sich Zuneigung.
Und was wir darauf sehen,
Ist eine Abzweigung.
Sie führt uns runter in ein Tal.
Sein Name lautet Nähe.
Es zeigt mir nicht nur dieses Mal,
Was ich in uns sehe.
Der Weg führt weiter an einen Fluss
Dort stehen rote Kerzen.
Diese Station ist ein Muss,
Er nennt sich Fluss der Herzen.
Nun kennst du meine Welt ein Stück
Ich...
Frank Korablin
Dummheit
Wer nur der Weisheit nachgespürt, den halt' ich noch für keinen Mann:
Doch wer die Dummheit ausstudiert, den seh ich für was Rechtes an!
Der Weisen Tun errät man leicht: man sieht da noch wann, wie, warum;
Bei Dummen kuckt man sich umsonst nach allen diesen Sachen um.
Der Dummheit Weg ist wunderbar; niemals erkennet man den Grund,
Und fänd' ihn einer richtig aus, so tät er aller Funde Fund!
Denn Dummheit ist die größte Macht, sie führt Heere stärkstes an;
Ich glaube, daß sie nie ein...
August Kopisch
Ballade vom Wort
Was wollen die großen Worte?
Sie rollen wie ein Kiesel klein
Am Weg, an der Straßenborte
In den Morgen ein.
Sie hängen an manchem Baume
Wie Früchte halbgereift.
Sie haben von manchem Traume
Den zarten Puder gestreift.
Sie schmecken wie Galle so bitter.
So spei sie aus dem Spiel!
Sie sitzen im Fleisch wie Splitter.
Ein Wort ist schon zuviel.
Ein Wort schon ist Mord schon am Himmel.
So schweige und neig dich zum Herd.
Stumm lenkt durch das Sternengewimmel
Der Herr sein ewiges...
Klabund
Motto: Der Weg zur neuen Bildung geht
Von Humanität
Durch Nationalität
Zur Bestialität.
Zanket nicht, hetzet nicht.
Friedlich scheint das Sonnenlicht,
Laßt die Juden und die Christen
Ungekränkt ihr Leben fristen.
Zanket nicht, hetzet nicht,
Jedem schein das Sonnenlicht,
Lasst die Christen und die Juden,
Muselmänner, Botokuden;
Lasset alle ungestört,
Jede Feindlichkeit zerstört
Harmonien nah und fern!
Lobet alle Gott, den Herrn,
Dessen güt'ge Vorsicht hört
Solch Gezänke gar nicht gern!
Friederike Kempner