Warum Zitate (Seite 51)
Fremd
Du bist mir so fremd geworden
und ich weiß nicht warum
war es die Zeit?
oder die Angst in mir?
hast auch du
Steine auf die Mauer zwischen uns gebaut?
ich schau dich an
doch meine Blicke finden deine Augen nicht
denn diese schauen an mir vorbei
verlieren sich
irgendwo
und wie du
beginnt auch dieser Tag
mir fremd zu werden
Engelbert Schinkel
Rosengruß
Heimlich durch's Fenster kam er geflogen,
Schüchterner Liebe duftiger Gruß –
Sieht sich der hoffende Werber betrogen?
Sinnende Maid, warum zögert Dein Fuß?
Durch des Gemaches verschwiegene Räume
Fluthet der Rosen bestrickender Hauch,
Wiegt Dich in süße, berauschende Träume,
Wecket den Frühling im Herzen dir auch.
Bald zu den Lippen wirst Du sie heben,
Rosen zu Rosen – blühende Zeit! –
Aber noch zagst Du mit innerem Beben –
Ahnst Du die Dornen? Ahnst Du das Leid?
Ernst Scherenberg
Wie wenn im frost'gen Windhauch tödlich
des Sommers letzte Blüte krankt,
und hie und da nur, gelb und rötlich,
ein einzeln Blatt im Windhauch schwankt,
so schaudert über meinem Leben
ein nächtig trüber kalter Tag,
warum noch vor dem Tode beben,
o Herz, o Herz, mit deinem ew'gen Schlag!
Sieh rings entblättert das Gestäude!
Was spielst du, wie der Wind am Strauch,
noch mit der letzten welken Freude?
Gib dich zur Ruh, bald stirbt sie auch.
Adolf Friedrich Graf von Schack
Beziehung?
Ich habe Dir geglaubt
Ich habe Dir vertraut
Ich habe (fast) alles aufgegeben
vor allem mich
Du hast es mißbraucht!
Du hast versucht mir zu glauben
Du hast versucht mir zu vertrauen
Du hast Dich (fast) aufgegeben
Ich habe es nicht so mißbraucht!
Warum machst du mich für Deine Fehler verantwortlich?
Ich gelange an einen Punkt,
wo ich mich frage:
Ist das eine Basis für eine Beziehung?
Die Antwort lautet:
Nein!
Alexandra Savnik
Entschuldigung des Persönlichen
Warum ich Weib und Kinder nenne
So oft in meinen Liedern?
Weil ich sie im Gefühl nicht trenne
Von meinen eignen Gliedern.
Und wie man spricht von seinem Leibe,
Von seinem Aug' und Herzen,
So sprech' ich auch von Kind und Weibe
In Freuden und in Schmerzen.
Friedrich Rückert
So ist es uns ergangen
So ist es uns ergangen.
Vergiß es nicht in beßrer Zeit!
Aber Vöglein singen und sangen,
Und dein Herz sei endlos weit.
Vergiß es nicht! Nur damit du lernst
Zu dem seltsamen Rätsel "Geschick". –
Warum wird, je weiter du dich entfernst,
Desto größer der Blick?
Der Tod geht stolz spazieren.
Doch Sterben ist nur Zeitverlust. –
Dir hängt ein Herz in deiner Brust,
Das darfst du nie verlieren.
Joachim Ringelnatz
Mißmut
Ein Rauch verwehrt.
Ein Wasser verrinnt.
Eine Zeit vergeht.
Eine neue beginnt.
Warum? Wozu?
Denk' ich dein Fleisch hinweg, so bist
Du ein dünntrauriges Knochengerüst,
Allerschönstes Mädchen du.
Wer hat das Fragen aufgebracht?
Unsere Not.
Wer niemals fragt, wäre tot.
Doch kommt's drauf an, wie jemand lacht.
Bist du aus schlimmem Traum erwacht,
Ist eine Postanweisung da,
Ein Telegramm, ein guter Brief, -
Du atmest tief
Wie eine Ziehharmonika.
Joachim Ringelnatz
Besuch in der Landes-Heilanstalt
Wie freute sich dieser idiotische Knabe,
Als ich ihn einmal besucht habe!
Er dankte mit zitternder Hand.
Denn seine Anstalt ist fernes und weites,
Ist abgeschlossenes, niemals befreites,
Verwunschenes Land.
Und ist dort alles aufs beste erwogen
Und alles mit Güte durchdacht.
Es wird der Sonne Strahl vor der Nacht
Doch abgebogen.
Nun fragt mein Fragen: Warum ihr seid,
Die ihr nicht wacht und auch nicht schlaft?
Und wen das tausendfache Leid,
Das mit euch geht,...
Joachim Ringelnatz
Die Greisin
Weiße Freundinnen mitten im Heute
lachen und horchen und planen für morgen;
abseits erwägen gelassene Leute
langsam ihre besonderen Sorgen,
das Warum und das Wann und das Wie,
und man hört sie sagen: Ich glaube –;
aber in ihrer Spitzenhaube
ist sie sicher, als wüßte sie,
daß sie sich irren, diese und alle.
Und das Kinn, im Niederfalle,
lehnt sich an die weiße Koralle,
die den Schal zur Stirne stimmt.
Einmal aber, bei einem...
Rainer Maria Rilke
Die Stille
Hörst du Geliebte, ich hebe die Hände -
hörst du: es rauscht...
Welche Gebärde der Einsamen fände
sich nicht von vielen Dingen belauscht?
Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider
und auch das ist Geräusch bis zu dir.
Hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder......
... aber warum bist du nicht hier.
Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung
bleibt in der seidenen Stille sichtbar;
unvernichtbar drückt die geringste Erregung
in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein.
Auf...
Rainer Maria Rilke