Wald Zitate (Seite 9)
O dies einsame Gehn
Nun schon Stunden so hin ...
Wer sagt, wo ich bin? –
Und was mir geschehn? –
Wie der Weg sich verläuft! –
Geh ich recht, geh ich irr?
In der Zweige Gewirr
Die Sonne verträuft.
– Wie ihr Licht so entwich
In fliehendem Schein,
Waren beide allein
Wir: der Wald und ich ...
John Henry Mackay
Lustgeschmetter
Goldene Knospenhülle schütten
All die jungen Buchenblätter,
Und den ganzen Wald durchjubelt
Liebessang und Lustgeschmetter.
Um die weißen Sterngrasblumen
Tanzen goldne Schmetterlinge,
Und um jede kleine Blüte
Geht ein summendes Geklinge.
Lachend faß ich deine Hüfte,
Hab so lange dursten müssen,
Lange lange lange Jahre,
Ach so sehr, nach deinen Küssen.
Hermann Löns
Immer leiser wird mein Schlummer,
Nur wie Schleier liegt mein Kummer
Zitternd über mir.
Oft im Traume hör ich dich
Rufen drauß vor meiner Tür,
Niemand wacht und öffnet dir,
Ich erwach und weine bitterlich.
Ja, ich werde sterben müssen,
Eine Andre wirst du küssen,
Wenn ich bleich und kalt.
Eh die Maienlüfte wehn,
Eh die Drossel singt im Wald:
Willst du mich noch einmal sehn,
Komm, o komme bald!
Hermann Ritter von Lingg
Aschermittwoch
Gestern noch ging ich gepudert und süchtig
In der vielbunten tönenden Welt.
Heute ist alles schon lange ersoffen.
Hier ist ein Ding.
Dort ist ein Ding.
Etwas sieht so aus.
Etwas sieht anders aus.
Wie leicht pustet einer die ganze
Blühende Erde aus.
Der Himmel ist kalt und blau.
Oder der Mond ist gelb und platt.
Ein Wald hat viele einzelne Bäume.
Ist nichts mehr zum Weinen.
Ist nichts mehr zum Schreien.
Wo bin ich –
Alfred Lichtenstein
Liederfrühling
Der Lenz ist da,
Und fern und nah
Gibt's neue Weisen und Lieder;
Wie einst Merlin
So lausch ich hin,
Und alles schreib' ich nieder.
Hoch in der Luft
Was die Lerche ruft,
Was die Drossel klagt im Hollunder,
Was den Rosen all'
Die Nachtigall
Flötet, Sagen und Wunder;
Was die Schlange klug
Ihre Kinder frug,
Die im Sonnenlicht schillern,
Was Hänfling und Fink
Im Fluge flink
Einander zwitschern und trillern;
Was die Vögel gewußt,
Die voll Wanderlust
Aus dem Süden erst gekommen,
Was...
Heinrich Leuthold
Waldgang
Ich ging an deiner Seite
In einem Buchenhaine;
Ein störendes Geleite
Ließ nimmer uns alleine.
Und mußten wir zurücke
Ins Herz die Worte pressen,
Uns sagten unsre Blicke,
Daß wir uns nicht vergessen.
Und sehn wir uns nicht wieder
In diesem Erdenleben,
Dich werden meine Lieder
Verherrlichend umschweben.
Das Bächlein trieb hinunter
Der Wellen rasche Tänze,
Und rauschend flocht und bunter
Der Herbst der Wehmut Kränze.
Doch aus des Walds Verdüstern,
Den Stimmen des Vergehens,
Hört' ich...
Nikolaus Lenau
Einsamkeit
Wildverwachs'ne dunkle Fichten,
Leise klagt die Quelle fort;
Herz, das ist der rechte Ort
Für dein schmerzliches Verzichten.
Grauer Vogel in den Zweigen
Einsam deine Klage singt,
Und auf deine Frage bringt
Antwort nicht des Waldes Schweigen.
Wenn's auch immer Schweigen bliebe,
Klage, klage fort; es weht,
Der dich höret und versteht,
Stille hier der Geist der Liebe.
Nicht verloren hier im Moose –
Herz, dein heimlich Weinen geht,
Deine Liebe Gott versteht,
Deine tiefe, hoffnungslose.
Nikolaus Lenau
Herbst
Nun ist es Herbst, die Blätter fallen,
Den Wald durchbraust des Scheidens Weh;
Den Lenz und seine Nachtigallen
Versäumt ich auf der wüsten See.
Der Himmel schien so mild, so helle,
Verloren ging sein warmes Licht;
Es blühte nicht die Meereswelle,
Die rohen Winde sangen nicht.
Und mir verging die Jugend traurig,
Des Frühlings Wonne blieb versäumt;
Der Herbst durchweht mich trennungschaurig,
Mein Herz dem Tod entgegenträumt.
Nikolaus Lenau
Liebesfeier
An ihren bunten Liedern klettert
Die Lerche selig in die Luft;
Ein Jubelchor fon Sängern schmettert
Im Walde voller Blüt' und Duft.
Da sind, so weit die Blicke gleiten,
Altäre festlich aufgebaut,
Und all die tausend Herzen läuten
Zur Liebesfeier dringend laut.
Der Lenz hat Rosen angezündet
An Leuchtern von Smaragd im Dom,
Und jede Seele schwillt und mündet
Hinüber in den Opferstrom.
Nikolaus Lenau
Winterzeit
Ist das Jahr denn schon vorüber?
Gestern war noch Sommerzeit.
Heute tönen Weihnachtslieder
und der Wald ist tief verschneit.
Den See bedeckt ein Tuch aus Eis
und klirrend kalt ist manche Nacht.
Wie Zucker hat der weiße Reif
sich auf den Bäumen festgemacht.
Natur wird still, legt sich zur Ruh,
will frische Kraft gewinnen.
Das Jahr neigt sich dem Ende zu,
ein Neues wird beginnen.
Poldi Lembcke
Wem vertrau ich's?
Wem vertrau' ich, was mich quält,
Wem, der ganz mein Herz verstände?
Und, was ihm mein Herz erzählt,
Liebevoll auch mitempfände?
Hier den Felsen, dort dem Wald,
Einsamstill in trauter Schöne?
Ach, sie wärfen fühllos bald
Mir zurück die Klagetöne.
Hier den Wellen, klar und hell,
Die so tröstlich flüsternd rauschen?
Ach, sie zieh'n von hinnen schnell,
Ohne Weile, mir zu lauschen.
Dort den Blumen auf der Flur,
Jenen zarten, mildereichen?
Ach, die flücht'gen kennen nur
Heitres...
Karl Gottfried Ritter von Leitner
Merke jeder fein die Lehre:
Nicht verzweifeln, das ist Ehre –
Ist ja kein Wald so dunkel und dicht,
Es kommt am Ende doch Luft und Licht –
Ist keine Heide so groß und breit,
Steht doch am Ende ein Haus bereit,
Nur wenn man zögert und mutlos spricht:
»Es wird nicht gehen«, dann geht' auch nicht.
Auguste Kurs