Wald Zitate (Seite 7)
Zum Einschlafen zu sagen
Ich möchte jemanden einsingen,
bei jemandem sitzen und sein.
Ich möchte dich wiegen und kleinsingen
und begleiten schlafaus und schlafein.
Ich möchte der Einzige sein im Haus,
der wüßte: die Nacht war kalt.
Und ich möchte horchen herein und hinaus
in dich, in die Welt, in den Wald.
Die Uhren rufen sich schlagend an,
und man sieht der Zeit auf den Grund.
Und unten geht noch ein fremder Mann
und stört einen fremden Hund.
Dahinter wird Stille. Ich habe groß
die Augen auf...
Rainer Maria Rilke
Der Letzte
Ich habe kein Vaterhaus,
und habe auch keines verloren;
meine Mutter hat mich in die Welt hinaus
geboren.
Da steh ich nun in der Welt und geh
in die Welt immer tiefer hinein,
und habe mein Glück und habe mein Weh
und habe jedes allein.
Und bin doch manch eines Erbe.
Mit drei Zweigen hat mein Geschlecht geblüht
auf sieben Schlössern im Wald,
und wurde seines Wappens müd
und war schon viel zu alt; –
und was sie mir ließen und was ich erwerbe
zum alten Besitze, ist heimatlos.
In...
Rainer Maria Rilke
Aufenthalt
Rauschender Strom,
Brausender Wald,
Starrender Fels
Mein Aufenthalt.
Wie sich Welle
An Welle reiht,
Fließen die Tränen
Mir ewig erneut.
Hoch in den Kronen
Wogend sich's regt,
So unaufhörlich
Mein Herze schlägt.
Und wie des Felsen
Uraltes Erz,
Ewig derselbe
Bleibet mein Schmerz.
Ludwig Rellstab
Der Frühling kommt
Der Himmel strahlt in hellem Bau,
Sonnenschein bedeckt die Fluren,
vergessen ist das triste Grau,
und des Winters letzte Spuren.
Aus dem Wald entfernt und leise,
ertönt des Spechtes Klopfen schon,
und im Strauch singt eine Meise,
ein Frühlingslied im schönsten Ton.
Nah am Teich tanzen die Mücken,
und aus der Schonung äugt ein Reh,
lässt vom Frühjahr sich entzücken,
als sei's das Werk von einer Fee.
Krokusse sprießen im Garten,
die Honigbienen sehen's prompt,
Lebewesen aller...
Horst Rehmann
Der Mensch von heute
(zum Glück nicht alle)
Offene Ohren, weiches Herz,
selten wie im Wald die Trüffel,
häufiger sind Leid und Schmerz
und Gebrülle wie bei Büffel.
Kein Mensch hört einem Andern zu,
geht lieber stur den eig'nen Weg,
auch Mitleid ist schon längst tabu,
gehört nicht mehr zum Privileg.
Eiskalte Schulter, Herz aus Stein,
so geht der Mensch durch's Leben,
Gefühle zeigt er nur zum Schein,
will nur nehmen, doch nicht geben.
Erst wenn er liegt im Sterbebett,
erntet er das, was er...
Horst Rehmann
Allein
Nachdenklich geh ich spazieren,
Allein im dunstigen Wald,
Muss den Schritt reduzieren,
Der Nebel ist dicht und eiskalt.
Der Weg wellig, teilweise glatt,
Genau wie im Leben,
Mal oben, mal unten, mal platt,
Von Spuren umgeben.
Im Nebel sehe ich Wahrheit,
spüre die Erde, das Sein,
Erkenne die Einsamkeit,
Bin trotz Bäume völlig allein.
Horst Rehmann
Weihnachtszeit
Der Herbst verläßt nun bald das Land,
gibt seine Macht dem kalten Winter,
durch Wald und Flur zieh'n Hand in Hand,
Eis und Schnee wie schnelle Sprinter.
Ein Flockenheer schwebt sanft und sacht,
als weißes Kleid zur Erde nieder,
es kündet an die heil'ge Nacht,
von ferne klingen Weihnachtslieder.
In Stadt und Land erleuchten Kerzen,
Lametta ziert die Tannenzweige,
das große Fest bewegt die Herzen,
nur das Jahr senkt sich zur Neige.
Horst Rehmann
Amaranth's Lieder
Du armer Wald! Wer hat geglaubt,
Daß wir noch so zusammen kommen?
Der Herbst hat uns zumal entlaubt,
Und alle Freud' uns abgenommen.
Doch du darfst nicht traurig sein,
Darfst wieder auf den Frühling warten!
Der meine blüht vielleicht allein,
O Gott, in deinem Himmelsgarten.
Ach gibt's denn gar kein Vöglein mehr,
Das mir vom Frühling wollte sagen?
Es ist mein Herz zum Sterben schwer
Von den gestorbnen sel'gen Tagen.
Ihr wißt es ja vom Frühling noch,
Wie ich so lieb die Lieder...
Oskar Freiherr von Redwitz
Vorüber
Nun ist es vorüber,
Nun ist es geschehn,
Die Donner verrollen,
Die Wolken verwehn.
Es leuchtet, es blitzet
Die Wiese, der Wald.
Was eben noch dunkel,
Wie hellt's sich so bald!
Nun ist es geschehen,
Nun ist es getan!
Es war ja ein Traum nur,
Es war nur ein Wahn!
Vom Zweige es träufet,
Die Wimper ab auch;
wie funkeln die Tropfen
An Blättlein und Aug'!
Wie leuchtet die Sonne
Mit glänzendem Schein,
Über Berg, über Tal,
Ins Herz mir hinein!
Wilhelm Raabe
Vergessen sah im Buch ich liegen
Ein Blümchen, das den Duft verlor;
Und seltsame Gedanken stiegen
In meiner Seele da empor:
Wo blühte es? in welchem Jahre?
Wie lange? und wer pflückt' es ab?
Stak einem Mädchen es im Haare?
Warum fand es im Buch sein Grab?
Erinnerung an ein Wiedersehen,
An eines Abschieds Schmerzgewalt,
An einsames Spaziergehen
Im stillen Feld, im dunklen Wald?
Ist sie noch seines Lebens Freude?
Wo sind sie nun, an welchem Ort?
Sind Glück und Leben schon für beide,
Wie diese...
Alexander Sergejewitsch Puschkin
Wohin ziehst du mich,
Fülle meines Herzens,
Gott des Rausches,
Welche Wälder, welche Klüfte
Durchstreif ich mit fremdem Mut.
Welche Höhlen
Hören in den Sternenkranz
Cäsars ewigen Glanz mich flechten
Und den Göttern ihn zugesellen.
Unerhörte, gewaltige
Keinen sterblichen Lippen entfallene
Dinge will ich sagen.
Wie die glühende Nachtwandlerin,
Die bacchische Jungfrau
Am Hebrus staunt
Und im thrazischen Schnee
Und in Rhodope im Lande der Wilden,
So dünkt mir seltsam und fremd...
Novalis
Menschendünkel
Der Bach zu deinen Füßen klingt,
Du aber weißt nicht, was er spricht.
Zu Häupten dir der Vogel singt,
Und was er singt, verstehst du nicht.
Die Bienen summen dir ins Ohr
Ihr ewig unenträtselt' Lied,
In hundert Zungen spricht das Moor,
Der Wald, die Heide und das Ried.
Und hundertfältig um dich her
Ist Leben, reich wie deins gewebt,
Du aber weißt davon nicht mehr
Als einer, der im Monde lebt.
Und dennoch dünkst du unerreicht
Dich über alle sie gestellt
Als einzig Weiser! Ach,...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)