Wahre Zitate (Seite 32)
Das Schneegestöber
Wie die kleinen Flöckchen
Bei des Windes Weh'n
Hell im weißen Röckchen
Durcheinander dreh'n!
Wechseltänze schlingen
Sie auf luft'gem Plan;
In verworr'nen Ringen
Krümmt sich ihre Bahn.
Hast vergeb'nes Mühen,
Rasches Flöckchen dort;
Spottend dein im Fliehen
Schwebt das Liebchen fort.
Andre, die ersiegen
Sich die holde Braut,
Aneinander schmiegen
Sie sich sanft und traut.
Aber alle kommen
Endlich hin zur Ruh',
Wann die Sonn' erglommen,
Deckt ein Grab sie zu.
Wahres Bild des...
Adolf Bube
Wohin ich schaue
Wohin ich schaue, Wunder über Wunder,
Wohin ich lausche, alles wunderbar.
Ihr sprecht von Sinn, Gesetz und von gesunder
Vernunft: Ihr schaukelt zwischen falsch und wahr!
Mich hat als Kind das Wunder tief getroffen!
Ich schlug es tot, weil's mir die Ruh' vergällt.
Nun halt ich wieder Kinderaugen offen
Und weiß, das Wunder ist der Grund der Welt.
Jakob Boßhart
Kaltlächelnd hat das Schicksal ihm ein Bein gestellt,
und ihn um seinen Lohn geprellt.
Und als er schon nicht mehr dran gedacht,
hat man ihn dafür auch noch ausgelacht.
Es war ein wahres Hohngelächter.
Das fand er dann noch ungerechter.
So brachte Lachen ihn ins Grab,
weil hohnlächelnd niemand Hilfe gab.
Erhard Blanck
Man kann sich keinen Reim drauf machen,
heißt, man versteht nichts von den Sachen.
Sagt man jedoch, es sei ein wahres Gedicht,
dann findet man's Spitze, oder nicht?
Doch wenn ich moderne Gedichte sehe,
ich gerne an die Decke gehe…
Es reimt nichts mehr, es dichtet nur,
statt ein Gedicht, nur Wortmixtur.
Erhard Blanck
Gedankeninsel
Auf der Insel der Gedanken
viele bunte Pflanzen ranken.
Da der Kabarettich wächst
mit dem losen, scharfen Text.
Ein Aphorisapfel lacht,
aus dem man Aphorismus macht.
Fast aus einem gleichen Stamme
wachsen viele Epigramme.
Keck sich Anekdoten wiegen,
die so wahr sind wie die Lügen,
und bei etwas trüben Lichte
sprießen lyrische Gedichte.
Einige erblühen wieder
kurz darauf und werden Lieder.
Lasset die Gedanken spielen
auf der Insel des Skurrilen,
wo der...
Erhard Horst Bellermann
Man bleibe geduldig
Und wahre die Ruh:
Nicht jeder ist schuldig,
Der anders, als du!
Oft kann uns verwunden
Als frevelnd und schlecht,
Was leuchtend empfunden
In ahnenden Stunden
Als göttliches Recht –
Träumten geheime
Zukunftssaaten
In keinem der Keime
Die wir zertraten?
Ferdinand Ernst Albert Avenarius
Frühling
Nun ist die Welt in Rosen erwacht,
Gelöst ist die liebliche Fraue.
In Stücken zerbrach der Stirnreif der Nacht,
Und im Morgen lacht
Der blühende Wald und die Aue.
An die Reise nun geht der rieselnde Quell,
Es schimmert die Näh' und die Ferne.
O Tag, sei du mein Trautgesell
Vielhold und hell,
Dir wollt' ich dienen so gerne.
Auf Lerchenschwingen steigt mein Gesang,
Sich über den Wolken zu wiegen.
Doch was im tiefsten Herzen erklang,
Nie laut sich erschwang,
Das wahr' ich getreu und...
Wilhelm Arent
Der wahre Sünder
Beim Wolkenbruch jüngst
Hat der Mesner sich gefreut:
"Jetzt kommt halt die Sintflut,
Der sündigen Leut!
Und wer nur in Lust lebt,
An Himmel net denkt,
Auf die Kirchen net hörn will,
Der wird jetzt ertränkt!"
Wies zu regnen hot aufgehört,
War er voller Leid,
Weil der Hagel verwüst hat
Sein Klee und Getreid.
Es hat sich brav gift,
Und die Bauern ham gelacht;
Denn all ihren Feldern
Hat der Hagel nichts gemacht!
"Sixt, Mesner", habens hohngelacht,
"Wie ma sich irren kann:
Brav...
Ludwig Anzengruber
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