Verlangen Zitate (Seite 2)
Siehst du das Kind dort auf der Wiese spielen?
Es lächelt froh dem blauen Himmel zu:
Was Freud' ihm gibt, das scheint es nur zu fühlen,
Kein inn'rer Schmerz verkümmert seine Ruh.
Und Blumen pflückt's mit kindlichem Verlangen,
Nur wenn ein Dorn die zarte Hand gefangen,
Schleicht das Gefühl der Unlust in sein Herz;
Ein Veilchen winkt, sein Kummer ist vergangen –
Die Lust wohnt in uns, außer uns der Schmerz.
Ernst Schulze
Goetheinspiriert II
Sah ein Knab' ein Röslein steh'n.
Wollt' ihm mehr erscheinen.
Konnte nicht vorübergeh'n,
an den schönen Beinen.
Und der Knabe dachte;
Brechen werd' ich sie.
Die Rose stach und lachte,
und der Knabe schrie.
Schnell war ihm vergangen,
alle Knabenlust.
Und ihn trieb's Verlangen,
hin zur Mutterbrust.
Manfred Schröder
Ich bin müde, sterbensmüde;
Ich bin müde, lebensmüde;
Dieses Bangens und Verlangens,
Dieses Hoffens, Bebens müde;
Dieses zwischen Erd' und Himmel
Auf- und Niederschwebens müde;
Dieses spinnengleichen Wesens
Hirngespinste-Webens müde;
Müde dieser Torenweisheit
Stolzen Überhebens müde.
Auf, o Geist, in diesen Fesseln
Ring dich nicht vergebens müde!
Schwing dich auf zu deinem Äther,
Des am Staube Klebens müde.
Friedrich Rückert
Lebensabschnitt
Ich mache eine Amnestie
Aus herzlichem Verlangen.
Und sei auch du und sein auch Sie
Zu mir ganz unbefangen.
Das Leben ist ein Rutsch-Vorbei!
Nur das, was echt gewesen,
Nährt weiterhin. – Ein Besen,
Zu wild geschwenkt, schlägt viel entzwei..
Seid gut zu mir und macht Radau,
Verzeihend und aus Reue!
Wollt Ihr? Wer reist aufs neue
Mit mir ins Himmelsblau?
Joachim Ringelnatz
Ich bin zu Hause
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum.
Dort wo die Kinder schläfern, heiß vom Hetzen,
dort wo die Alten sich zu Abend setzen,
und Herde glühn und hellen ihren Raum.
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum.
Dort wo die Abendglocken klar verlangen
und Mädchen, vom Verhallenden befangen,
sich müde stützen auf den Brunnensaum.
Und eine Linde ist mein Lieblingsbaum;
und alle Sommer, welche in ihr schweigen,
rühren sich wieder in den tausend Zweigen
und wachen wieder...
Rainer Maria Rilke
Hunger
In mir ist ein tiefer Hunger,
ein unbeschreibliches Verlangen
nach Nähe und Liebe eines Menschen,
der mich herausholt aus meiner Einsamkeit.
Es heißt,
dieser Mensch sei längst da,
ganz nahe bei mir,
in mir selbst!
Ich lerne, mich selbst zu mögen,
meinen Wert zu erkennen,
mich zu schätzen und anzunehmen,
mich zu lieben.
Ich will hinausgehen,
die Menschen suchen,
die meine Liebe brauchen,
sie ihnen schenken.
Wird mein Hunger jemals gestillt?
Beate Prager
Wer in der Brust ein wachsendes Verlangen
Nach schönen Augen fühlt und schönen Haaren,
Den mahn ich ab, der nur zu viel erfahren
Von Schmerz und Qual durch eitles Unterfangen.
Dem jähen Abgrund nur mit Not entgangen,
Was bleib mir aus unendlichen Gefahren?
Im Aug die Spur von hingeweinten Jahren,
Und in der Brust ein ungeheures Bangen.
Naht nicht der jähen Tiefe, junge Herzen!
Des Ufers Liljen glühn von falschem Feuer,
Denn ach, sie locken in das Meer der Schmerzen!
Nur Jenen...
August Graf von Platen Hallermund (Hallermünde)
Elend, wahrhaft elend ist,
Der selbst vom Schmerz verstoßen,
Der, da die Lust ihn doch nicht grüßt,
Vom Gram selbst ausgeschlossen;
Deß Nacht nicht schwarz, deß Tag nicht klar,
O der ist elend, ist's fürwahr!
Den kein Verlangen mehr bewegt,
Kein schmerzenfreudig' Sehnen,
Deß Busen keinen Wunsch mehr hegt,
Deß Auge ohne Thränen. –
Ja elend, elend sicherlich
Ist Jeder, der so ist wie ich.
Betty Paoli
Der Wegweiser
Was vermeid' ich denn die Wege,
wo die andern Wandrer gehn,
suche mir versteckte Stege
durch verschneite Felsenhöhn?
Habe ja doch nichts begangen,
daß ich Menschen sollte scheun –
welch ein törichtes Verlangen
treibt mich in die Wüstenein?
Weiser stehen auf den Straßen,
weisen auf die Städte zu,
und ich wandre sonder Maßen,
ohne Ruh' und suche Ruh'.
Einen Weiser seh' ich stehen
unverrückt vor meinem Blick;
eine Straße muß ich gehen,
die noch keiner ging...
Wilhelm Müller