Tugend Zitate (Seite 10)
Kann derjenige wohl redlich, kann er wohl tugendhaft heißen, welcher sich gern seinen Lieblingslastern ergeben würde, wenn ihn nur keine künftige Strafe schreckte, und wird man nicht vielmehr sagen müssen, daß er zwar die Ausübung der Bosheit scheute, die lasterhafte Gesinnung aber in seiner Seele nähre, daß er den Vorteil der tugendähnlichen Handlungen liebe, die Tugend selber aber hasse?
Immanuel Kant
Die Welt, in der wir jetzt leben, ist, wenigstens in Europa, so düster, daß uns die Tugend abhanden gekommen ist, und zwar nicht nur in unserem Tun, sondern auch als Begriff. Tugend ist zum Schulwort herabgesunken, sie ist ein Zierstück für das Museum geworden, ein bloßes Wort, ein leerer Schall.
Seigneur Michel Eyquem de Montaigne
Hart sind Deine Wechsellose,
Menschenherz, Du warmes Herz!
Ahnend kaum den Preis der Rose,
Blüh'n dir Rosen allerwärts.
Doch, wenn endlich ganz empfunden,
Ihre Herrlichkeit Dich rührt,
Wird von neidisch bösen Stunden
Schnell sie Dir zu nichts entführt.
Und die Rosen sind die Freude,
Sind der Tugend Liebesglück,
Endlich ganz erkennst du beide;
Ach, da flieh'n sie schon zurück.
Johann Rudolf Wyß (der Jüngere)
Ich werde sein! – Wie ich sei, gleichviel,
Mag wirklich mich die Unterwelt umfangen,
Mag ich im reinen Äther wandeln, oder
Von Welt zu Welt, von Stern zu Sterne schweben:
Dies Herz, der Geist –
Sie bleiben unverändert. Liebend jenes,
Und dieser nur der Tugend Stimme hörend,
Wer ihr gehorchte, ist des Lohn's gewiß,
Es spende ihn ein Minos richtend aus,
Es reiche ihn ein unsichtbarer Gott.
Heinrich Carl Wilhelm Reichsgraf Vitzthum von Eckstädt
Aus unsern Herzen
Wächst, was wir säen, uns wieder zu;
Da pflanzt die Wahrheit ihre Ruh',
Da fühlt die Torheit ihre Schmerzen,
Da sät das Laster seine Pein.
Oh, da verblühet jeder Morgen,
Den leere Abende bereun.
Da hüllt die Tugend sich verborgen
In ihre stille Pflanzung ein,
Die ihr kein Erdensturm verweht.
Christoph August Tiedge