Tot Zitate (Seite 4)
Glänzender Stern!
Glänzender Stern! Wär ich doch stet wie Du –
Nicht Schimmern, einsam aufgehängt zur Nacht,
Und schlaflos, offnen Lides immerzu,
Einsiedler der Natur, der duldsam wacht,
Wie sich das Meer bewegt, das priestergleich
Die Menschenküsten reinwäscht auf der Welt,
Und auf den Schnee blickt, dessen Maske weich
Auf Heideland und Hügel niederfällt –
Nein – und doch stetig, stets unwandelbar,
Gebettet auf der Liebsten junger Brust,
Dem sanften Auf und Ab für immer nah,
Für immer wach...
John Keats
Kreislauftechnische Empfehlung
All zu oft gehen Chancen flöten
durch überraschendes Erröten,
doch auch dauernd zu erblassen,
sollt man besser unterlassen.
Das eine wirkt nicht selbstbewußt,
und sorgt dadurch für Seelenfrust,
das andere, im Direktvergleich,
macht den Körper ziemlich bleich.
Bei beidem wünsch dir von der Fee
Beistand für dein EKG.
Hoffnung bleibt, denn blaß und rot,
ist deutlich besser noch als tot.
KarlHeinz Karius
Traum
Bleib, o bleib in deiner Träume Welt,
Such nicht des Lebens wirkliches Sein!
Es hat nur dunkle oder grelle Farben,
Der Traum nur hat der Morgensonne Schein;
Stirbst du lebend, bist du tot noch des Lebens,
Kehren wird dein Geist zu der Erde zurück;
Stirbst du als Träumer, kannst du ruhig sterben,
Mit dir verbleicht auch dein ewiges Glück.
Jens Peter Jacobsen
Die scheinheiligen Dichter
Ihr kalten Heuchler, sprecht von den Göttern nicht!
Ihr habt Verstand! ihr glaubt nicht an Helios,
Noch an den Donnerer und Meergott;
Tot ist die Erde, wer mag ihr danken? –
Getrost, ihr Götter! zieret ihr doch das Lied,
Wenn schon aus euren Namen die Seele schwand.
Und ist ein großes Wort vonnöten,
Mutter Natur! so gedenkt man deiner.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Das Herz ist mir bedrückt
Das Herz ist mir bedrückt, und sehnlich
Gedenke ich der alten Zeit;
Die Welt war damals noch so wöhnlich,
Und ruhig lebten hin die Leut.
Doch jetzt ist alles wie verschoben,
Das ist ein Drängen! eine Not!
Gestorben ist der Herrgott oben,
und unten ist der Teufel tot.
Und alles schaut so grämlich trübe,
So krausverwirrt und morsch und kalt,
Und wäre nicht das bißchen Liebe,
So gäb es nirgends einen Halt.
Heinrich Heine
Glaube nicht, daß ich aus Dummheit
Dulde deine Teufeleien;
Glaub auch nicht, ich sei ein Herrgott,
Der gewohnt ist zu verzeihen.
Deine Nücken, deine Tücken
Hab ich freilich still ertragen.
Andre Leut an meinem Platze
Hätten längst dich tot geschlagen.
Schweres Kreuz! Gleichviel, ich schlepp es!
Wirst mich stets geduldig finden –
Wisse, Weib, daß ich dich liebe,
Um zu büßen meine Sünden.
Ja, du bist mein Fegefeuer,
Doch aus deinen schlimmen Armen
Wird geläutert mich erlösen
Gottes Gnade und...
Heinrich Heine
Zu Aachen, im alten Dome,
liegt Karolus begraben.
(Man muß ihn nicht verwechseln
mit Karl Mayer, der lebt in Schwaben.)
Ich möchte nicht tot und begraben
sein als Kaiser zu Aachen im Dome;
weit lieber lebt ich als kleiner Poet
zu Stukkert am Neckarstrome.
Zu Aachen langweilen sich auf der
Straß die Hunde, sie flehn untertänig:
Gib uns einen Fußtritt, o Fremdling, das
wird vielleicht uns zerstreuen ein wenig.
Heinrich Heine
Die treuen Brüder
Es sind zwei treue Brüder,
Die ziehn in den Streit hinaus,
Noch reden sie hin und wieder,
Da schmettert's den einen danieder,
Der andere sieht's mit Graus.
Der Bruder in seinem Blute
Erregt ihm bitteren Schmerz;
Daß ihn der Tod ereilte,
Bevor er den Kampf noch teilte,
Zerreißt ihm ganz das Herz.
Der Sterbende blickt freundlich
Noch einmal auf zu ihm,
Dann greift er, als wär' er der alte,
Zur Büchse, die noch nicht knallte,
Drückt ab mit Ungestüm.
Nun bricht er wieder...
Christian Friedrich Hebbel
Ein Jahr ist nichts, wenn man's verputzt,
ein Jahr ist viel, wenn man es nutzt.
Ein Jahr ist nichts; wenn man's verflacht;
ein Jahr war viel, wenn man es ganz durchdacht.
Ein Jahr war viel, wenn man es ganz gelebt;
in eigenem Sinn genossen und gestrebt.
Das Jahr war nichts, bei aller Freude tot,
das uns im Innern nicht ein Neues bot.
Das Jahr war viel, in allem Leide reich,
das uns getroffen mit des Geistes Streich.
Ein leeres Jahr war kurz, ein volles lang:
nur nach dem Vollen...
Hanns Freiherr von Gumppenberg
An einem Tag an dem es regnete
Tiefe Gefühle erlebt und doch so leer,
entschwundene Träume im offenen Meer
innige Wünsche in unerfüllter Liebe,
Wärme der Kälte gewichen, dem Triebe.
Gedanken verloren in ihrem Saum,
im Geiste tot das Licht der Laterne,
ein Nichts sucht sich Raum in weiter Ferne,
die Seele verfall‘n dem Trübsal im Traum.
Unmut kehrt das Innere zum Äußeren,
verloren in der Traurigkeit der Sinne
will Einsamkeit Verbindendes belehren,
das Zeit von Stund‘ an neu beginne.
.... an...
Gerd Groß
Such' Er den redlichen Gewinn!
Sei Er kein schellenlauter Tot!
Es trägt Verstand und rechter Sinn
Mit wenig Kunst sich selber vor;
Und wenn's Euch ernst ist, was zu sagen,
Ist's nötig, Worten nachzujagen?
Ja, Eure Reden, die so blinkend sind,
In denen Ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt,
Sind unerquicklich wie der Nebelwind,
Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt.
Johann Wolfgang von Goethe
Die Verschwiegenen
Ich habe wohl, es sei hier laut
vor aller Welt verkündigt,
gar vielen heimlich anvertraut,
was du an mir gesündigt.
Ich sagt’s dem ganzen Blumenheer,
dem Veilchen sagt’ ich’s stille,
der Rose laut, und lauter der
großäugigen Kamille.
Doch hat’s dabei noch keine Not,
bleib’ munter nur und heiter,
die es gewußt, sind alle tot,
und sagen’s nicht mehr weiter.
Hermann von Gilm, Ritter zu Rosenegg