Süßes Zitate (Seite 45)
Meeresleuchten
Es hat das Meer in blauem Glanz
Die ganze Nacht geleuchtet,
Bis dann des Frühthau's Tropfenkranz
Das dürre Gras gefeuchtet.
Es sind in stummer, geisternder Schaar
Über die schimmernden Wogen
Im Muschelwagen, das Schilf im Haar,
Die alten Götter gezogen…
Und sie irrten dahin im Wellentanz
Bis der Frühthau die Erde befeuchtet –
Es hat das Meer in blauem Glanz
Die ganze Nacht geleuchtet…
Carl Hermann Busse
Erinnerung
Hier will ich sitzen und ruhen
An diesem lieblichen Ort,
Will schweifen lassen das Auge
In's Weite von Ort zu Ort.
Will stille sitzen und denken
An Alles was ich geliebt,
Will Alles, Alles vergessen,
Was mich verletzt und betrübt.
Und kann ich es denn verbannen,
Woran ich nicht denken will?
Wie bleibt es beim frohen Erinnern
Im Herzen so öd' und so still!
Es sind so innig verbunden
In mir die Freuden und Weh'n,
Daß nur vereint sie entschlummern,
Vereinigt nur aufersteh'n!
Luise Büchner
Füllt mir das Trinkhorn!
Reicht es herum!
Trinken macht weise,
Fasten macht dumm!
Was ist das Athmen?
Ein Trinken von Luft –
Was ist das Riechen?
Ein Trinken von Duft!
Was ist ein Kuß als
Ein doppelter Trank?
Trinken macht selig,
Fasten macht krank!
Was ist das Sehen?
Ein Trinken des Scheins –
Klingt's auch verschieden,
Bleibt es doch Eins!
Füllt mir das Trinkhorn!
Reicht es herum!
Trinken macht weise,
Fasten macht dumm!
Friedrich Martin von Bodenstedt
Man kann sich keinen Reim drauf machen,
heißt, man versteht nichts von den Sachen.
Sagt man jedoch, es sei ein wahres Gedicht,
dann findet man's Spitze, oder nicht?
Doch wenn ich moderne Gedichte sehe,
ich gerne an die Decke gehe…
Es reimt nichts mehr, es dichtet nur,
statt ein Gedicht, nur Wortmixtur.
Erhard Blanck
O denket nicht vom Lied gering
O denket nicht vom Lied gering,
Denn segnen will's und raten;
Sein Silbenfall, sein Bilderschwung
Sind unterdrückte Thaten.
Von Göttern war der Himmel voll,
Doch öde war ihr Busen;
Stumm war noch die Unsterblichkeit,
Da schuf sich Zeus die Musen.
Das Lied, es ist des Herzens Brot,
Wir können es nicht missen,
Am Sarg und an der Wiege nicht,
Es ist der Welt Gewissen!
Karl Beck
Kannst du das Schönste nicht erringen,
so mag das Gute dir gelingen.
Ist nicht der große Garten dein,
wird doch ein Blümchen für dich sein.
Nach Großem drängt's dich in der Seele?
Daß sie im Kleinen nur nicht fehle!
Tu heute recht – so ziemt es dir;
der Tag kommt, der dich lohnt dafür!
So geht es Tag für Tag; doch eben
aus Tagen, Freund, besteht das Leben.
Gar viele sind, die das vergessen:
Man muß es nicht nach Jahren messen.
Eduard von Bauernfeld
Verratene Liebe
Da nachts wir uns küßten, o Mädchen,
Hat keiner uns zugeschaut.
Die Sterne, die standen am Himmel,
Wir haben den Sternen getraut.
Es ist ein Stern gefallen,
Der hat dem Meer uns verklagt,
Da hat das Meer es dem Ruder,
Das Ruder dem Schiffer gesagt.
Da sang der selbige Schiffer
Es seiner Liebsten vor.
Nun singen's auf Straßen und Märkten
Die Knaben und Mädchen im Chor.
Hans Christian Andersen
Wenn ich eines gelernt habe im Leben, dann dies: Es gibt ihn nicht, den ›richtigen Moment‹. Für absolut Nichts. Niemals. Wir halten viel zu stur daran fest, auf ihn zu warten. Ewig, wenn es sein muß. Sogar dann, wenn es nicht sein muß. Und wenn's ganz dumm kommt, kommt der Sensenmann. Und beendet die Warterei. Ohne zu warten.
Frank Wisniewski
Der Morgen erwacht. Es gibt keinen Morgen. Wie kann er schlafen? Es ist ja nichts als die Stunde, in der die Sonne aufgeht. Verflucht! Die Sonne geht ja nicht auf, auch das ist ja schon Unsinn und Poesie. O dürft ich nur einmal über die Sprache her und sie so recht säubern und ausfegen! O verdammt! Ausfegen! Man kann in dieser lügenden Welt es nicht lassen, Unsinn zu sprechen.
Ludwig Tieck
Ist es nicht töricht, ich alter Mann schreibe an eine Gattin, die mir vor 29 Jahren angetraut worden war, Liebesbriefe, wie sie kaum ein Jüngling an seine holde Braut schreibt. Gott, besser's. Aber er wird es hoffentlich nicht bessern, und es wird immer ärger werden. Was weiß auch so ein gelbschnabliger Jüngling, der in die roten Lippen und in die braunen Augen eines Mädchens vernarrt ist, von der Güte, Treue, Rechtschaffenheit und Unwandelbarkeit eines Herzens, das man 29 Jahre haben muß,...
Adalbert Stifter
Eine arme Dienstmagd hat Freude im Herzen und kann sagen: ich koche jetzt, ich mache das Bett, ich kehre das Haus; wer hat's mich geheißen? Gott hat es getan. Ei, so muß es wahr sein, daß Gott einen Gefallen daran habe. Wie kann ich denn seliger sein? Ist es doch ebensoviel, als wenn ich Gott im Himmel kochen sollte.
Martin Luther
Der Kampf mit unseren Herzen ist der schwerste Kampf, den wir im Leben zu bestehen haben. Bleiben wir in ihm immer Sieger, so werden wir es gewiß in allen Verhältnissen bleiben, so tief sie uns auch beugen mögen. Aber es ist so süß, dem Zuge des Herzens nachzugeben, bis wir schaudernd den Abgrund erkennen, an dessen Rande wir uns befinden, wenn es zu spät ist.
Wilhelm Förster