Sterben Zitate (Seite 13)
Goethe
Und ob er mitunter kanzleihaft spricht,
Ob Tinten und Farben erblassen,
Die Großen der Zeiten sterben nicht,
Das Alter ist keinem erlassen.
Doch ahmst du ihm nach, du junges Volk,
So laß vor allem dir sagen:
Der Schlafrock steht nur denen wohl,
Die früher den Harnisch getragen.
Franz Grillparzer
Glücklich, glücklich nenn ich den,
Dem des Daseins letzte Stunde
Schlägt in seiner Kinder Mitte.
Solches Scheiden heißt nicht Sterben;
Denn er lebt im Angedenken,
Lebt in seines Wirkens Früchten,
Lebt in seiner Kinder Taten,
Lebt in seiner Enkel Mund.
O es ist so schön, beim Scheiden
Seines Wirkens ausgestreuten Samen
Lieben Händen zu vertraun,
Die der Pflanze sorglich warten,
Und die späte Frucht genießen;
Im Genusse doppelt fühlend
Den Genuß und das Geschenk.
O es ist so süß,...
Franz Grillparzer
Ein Regen ist niedergefallen
Auf die zarten Blüten zur Nacht,
Doch war's kein erquickendes Rieseln,
Das Dürstenden Labung gebracht.
Der Sturm und der Donner erbrauste,
Die Tropfen prasselten dicht,
Da senkten die Blumen die Kelche,
So Hartes ertrugen sie nicht.
Ein Regen ist niedergefallen
Auf des Herzens Blüte so schwer,
Ein Sturm ist drüber gegangen,
Von bittersten Qualen ein Heer;
Die jungen Knospen der Liebe
Beraubt von Sonne und Licht,
Sie mußten verwelken und sterben,
So Hartes ertrugen...
Adelaide von Gottberg-Herzog
Der König in Thule
Es war ein König in Thule
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.
Es ging ihm nichts darüber,
Er leert' ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
So oft er trank daraus.
Und als er kam zu sterben,
Zählt' er seine Städt' im Reich,
Gönnt alles seinen Erben,
Den Becher nicht zugleich.
Er saß beim Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Vätersaale
Dort auf dem Schloß am Meer.
Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut
Und...
Johann Wolfgang von Goethe
Ich möchte sterben wie der Schwan,
Der, langsam rudernd mit den Schwingen,
Auf seiner blauen Wasserbahn
Die Seele löst in leisem Singen.
Und starb er, wenn der Abend schied
Mit goldnem Kusse von den Gipfeln:
Nachhallend säuselt noch das Lied
Die ganze Nacht in Busch und Wipfeln.
O würde mir ein solch Geschick!
Dürft' unter Liedern ich erblassen!
Könnt' ich ein Echo voll Musik
Dem Volk der Deutschen hinterlassen!
Doch Größern nur ward solch ein Klang,
Nur Auserwählten unter vielen –
Mir wird...
Emanuel Geibel
Herbstlich sonnige Tage,
Mir beschieden zur Lust,
Euch mit leiserem Schlage
Grüßt die atmende Brust.
O wie waltet die Stunde
Nun in seliger Ruh!
Jede schmerzende Wunde
Schließet leise sich zu.
Nur zu rasten, zu lieben,
Still an sich selber zu baun,
Fühlt sich die Seele getrieben
Und mit Liebe zu schaun.
Jedem leisen Verfärben
Lausch ich mit stillem Bemühn,
Jedem Wachsen und Sterben,
Jedem Welken und Blühn.
Was da webet im Ringe,
Was da blüht auf der Flur,
Sinnbild ewiger Dinge
Ists dem...
Emanuel Geibel
Ich sah den Wald sich färben,
Die Luft war grau und stumm;
Mir war betrübt zum Sterben,
Und wußt es kaum, warum.
Durchs Feld von Herbstgestäude
Hertrieb das dürre Laub;
Da dacht' ich: Deine Freude
Ward so des Windes Raub!
Dein Lenz, der blütenvolle,
Dein reicher Sommer schwand;
An die gefrorne Scholle
Bist du nun festgebannt.
Da plötzlich flog ein klares
Getön in Lüften hoch:
Ein Wandervogel war es,
Der nach dem Süden zog.
Ach, wie der Schlag der Schwingen,
Das Lied ins Ohr mir kam,
Fühlt'...
Emanuel Geibel
Wo alle Quellen münden
Ich weiß hinterm Erlbusch einen Platz,
einen Winkel, da möcht ich sterben –
Weißt auch warum? Da liegt mein Schatz,
da ging mein Glück in Scherben.
Da liegt er, ach, schon so manches Jahr
in der kühlen Erde begraben;
der Sturm braust über den Hügel fort,
am Wegrain krächzen Raben.
Das Riedgras wächst und die Wolken ziehn,
manch Wandrer geht still vorüber,
die alte Friedhofmauer stimmt
seine Lebensfreude trüber.
Du Friedhofsmauer, du Rasenstreif,
wer wollt deinen...
Else Galen-Gube
Ritter der Trauer
Keiner dreht sich nach dir um
Keiner sieht dich
Du bist allein
Verlassen in dieser Welt
Eine Feder im Wind
Ein Tropfen im Meer
Bettelarmes Wesen
Schmerz in deiner Seele
Krankes Herz
Verloren seit langer Zeit
Kein Ziel vor Augen
Im Niemandsland wo du stehst
Kein Reiz der dich erregt
Tot
Kalt im Gesicht und Leib
Gedankenlos
Keiner vermisst dich
Keiner hat für dich Zeit
Jetzt willst du sterben
Wo ist dein Sarg
Du bist nicht mehr da
Eine einzige Blume auf deinem Grab
Einsam dein...
Volkmar Frank
Melancholie
Wozu leben wozu sterben
Hat mein Streben dennoch Sinn
Wieder wurd ein Tag geboren
Und wie lustlos ging er hin
Und es treibt mich auf und nieder
Und es treibt mich hin und her
Wo ist Anfang – wo ist Ende –
Und mein Leben ist so leer
Was soll bloß noch aus mir werden
Ich verlier fast den Verstand
Denn ich steh auf nackter Erde
All mein Träumen ist verbrannt
Weder Liebe weder Freude
Weder Schmerzen weder Leid
Spüre ich in meinem Herzen
Wie in der Vergangenheit
Vor den Augen wird es...
Volkmar Frank
Und wieder hier draußen ein neues Jahr -
Was werden die Tage bringen?!
Wird's werden, wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?
Wird's fördern das, worauf ich gebaut,
Oder vollends es verderben?
Gleichviel, was es im Kessel braut,
Nur wünsch' ich nicht zu sterben.
Ich möchte noch wieder im Vaterland
Die Gläser klingen lassen
Und wieder noch des Freundes Hand
Im Einverständnis fassen.
Ich möchte noch wirken und schaffen und tun
Und atmen eine Weile,
Denn um im Grabe auszuruhn,
Hat's...
Theodor Fontane