Sehr Zitate (Seite 21)
Letzter Abend
Und Nacht und fernes Fahren; denn der Train
Des ganzen Heeres zog am Park vorüber.
Er aber hob den Blick vom Clavecin
Und spielte noch und sah zu ihr hinüber
Beinah, wie man in einen Spiegel schaut:
So sehr erfüllt von seinen jungen Zügen
Und wissend, wie sie seine Trauer trügen,
Schön und verführender bei jedem Laut.
Doch plötzlich wars, als ob sich das verwische:
Sie stand wie mühsam in der Fensternische
Und hielt des Herzens drängendes Geklopf.
Sein Spiel gab nach. Von...
Rainer Maria Rilke
Wenn es nur einmal so ganz still wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen ...
Dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank.
Rainer Maria Rilke
Volksweise
Mich rührt so sehr
böhmischen Volkes Weise,
schleicht sie ins Herz sich leise,
macht sie es schwer.
Wenn ein Kind sacht
singt beim Kartoffeljäten,
klingt dir sein Lied im späten
Traum noch der Nacht.
Magst du auch sein
weit über Land gefahren,
fällt es dir doch nach Jahren
stets wieder ein.
Rainer Maria Rilke
Du Dunkelheit, aus der ich stamme
ich liebe dich mehr als die Flamme,
welche die Welt begrenzt,
indem sie glänzt
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -
für irgend einen Kreis,
aus dem heraus kein Wesen von ihr weiß.
Aber die Dunkelheit hält alles an sich:
Gestalten und Flammen, Tiere und mich, wie sie's errafft,
Menschen und Mächte -
Und es kann sein: eine große Kraft
rührt sich in meiner Nachbarschaft.
Ich glaube an Nächte.
Rainer Maria Rilke
Herbsttag
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
Und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter...
Rainer Maria Rilke
Gebet
Ich sprach von dir als von dem sehr Verwandten,
zu dem mein Leben hundert Wege weiß,
ich nannte dich, den alle Kinder kannten,
für den ich dunkel bin und leis.
Ich nannte dich den Nächsten meiner Nächte
und meiner Abende Verschwiegenheit,
und du bist der, in dem ich nicht geirrt,
den ich betrat wie ein gewohntes Haus.
Jetzt geht dein Wachsen über mich hinaus:
Du bist der Werdenste, der wird.
Rainer Maria Rilke
Ich habe mich oft gefragt,
ob nicht gerade die Tage,
die wir gezwungen sind,
müßig zu sein,
diejenigen sind,
die wir in tiefster Tätigkeit verbringen?
Ob nicht unser Handeln
selbst, wenn es später kommt,
nur der letzte Nachklang einer großen Bewegung ist,
die in untätigen Tagen in uns geschieht?
Jedenfalls ist es sehr wichtig,
mit Vertrauen müßig zu sein,
mit Hingabe,
womöglich mit Freude.
Die Tage, da auch unsere Hände sich nicht rühren,
sind so ungewöhnlich still, daß es kaum...
Rainer Maria Rilke
Ostereier
Deko-Künstler Gottlieb Meier
dekoriert heut' Ostereier.
Tönt zunächst den Kalk der Schale,
das er ihn hernach bemale
kräftig oder auch dezent
mit dem Oster-Ornament.
Doch die Kunst ist sehr vergänglich.
Sonntagmorgen schält umfänglich
die Familie von Herrn Meier
all die schönen Ostereier.
Nach dem Fest, wenn man so will:
Schalen samt Dekor im Müll!
Klaus Reißig
So sieht's aus im Leben
Starker Frost und sehr viel Schnee,
es glitzert auch noch Raureif,
vielen tut die Kälte weh,
selbst Gelenke werden streif.
Wilde Tiere leiden Not,
kein Futter ist zu finden,
überall lauert der Tod,
die Lebensgeister schwinden.
Nur der Igel rollt sich ein,
hält Winterschlaf beizeiten,
anders wird es niemals sein,
und keiner wird's bestreiten.
Es ist so, jeder weiß es,
so sieht es aus im Leben,
bei einigen klappt alles,
bei andern geht's daneben.
Horst Rehmann
Worte
Täglich hört man kluge Worte,
die sehr gut sind und durchdacht,
und welche von der dummen Sorte,
über die kein Mensch mehr lacht.
Worte sind wie bunte Fäden,
die man geschickt verbinden kann,
sie sind auch Werkzeug eines Jeden,
der damit bastelt, dann und wann.
Worte können auch verletzen,
können schärfer sein als Messer,
darum – reden, niemals hetzen,
sogar schweigen - ist oft besser.
Horst Rehmann
Musik,
ich muss Dir heute sagen,
Du bist etwas, das mir gefällt,
das, was in dunklen Tagen
mein Seelenleben stets erhellt.
Musik,
Du gibst mir wirklich viel,
ziehst mich gekonnt in Deinen Bann,
bei mir erwacht ein Wohlgefühl,
wenn ich Dich still genießen kann.
Musik,
oft hast Du mich befreit,
wenn Kummer mich so sehr geplagt,
mit Dir hab ich in dieser Zeit
den Weg hinaus ins Licht gewagt.
Musik,
Du hilfst mir immer wieder,
ob ich betrübt bin oder froh,
gedanklich knie ich vor Dir...
Horst Rehmann
Worte sind …
Worte sind das Bild der Seele,
farbenfroh, sehr bunt und offen,
sie durchwandern uns're Kehle,
sagen das, was wir erhoffen.
Worte sind das Bild des Lebens,
eingerahmt in Freud und Leid
des Nehmens und des Gebens,
jedoch auf unbestimmte Zeit.
Worte sind das Bild des Herzen,
glühend heiß und voller Liebe,
aufgelegt sogar zum Scherzen,
offen für das Weltgetriebe.
Worte sind das Bild der Träume,
meist tugendhaft, aber auch wild,
kennen weder Zeit noch Räume,
sie sind nun mal der...
Horst Rehmann