Seele Zitate (Seite 40)
Eine Seele
In deinen Liedern lebt mein Leben,
Durch meine Lieder strömt dein Blut.
Ein unerschöpftes Nehmen, Geben
Und eine unerschöpfte Glut.
Ein Lächeln nur und nur ein</em> Leiden,
Du bist in mir und ich in dir.
Und kommt das Glück, es winkt uns beiden,
Und keiner bettelt: Komm zu mir!
Und wenn mein Blick vom letzten Ziele
Ins fremde Land hinüberrinnt,
Du fühlst es mit, wie ich es fühle,
Weil wir so ganz verkettet sind.
Ludwig Jacobowski
Der Morgen
O sieh den Morgen lächelnd sich entschleiern,
O sieh den Turm, wie er von Strahlen glüht.
Horch! Wie dem Ruhm die Freude, zieht
Des jungen Tages ersten Feuern
Entgegen schon der Wälder erstes Lied.
Ja, lächle nur bei all dem Schönen.
Dieselbe Sonne leuchtet deinen Tränen,
Wenn morgen mich der dunkle Sarg verschlingt.
Ob meinem Grabe von denselben Tönen
Erschallt der Wald, davon er heute klingt?
Dann aber wird die Seele selig schweben
Im Grenzenlosen über Raum und Zeit.
Im Morgenrot...
Victor Marie Hugo
Zauberer
Wie kein anderer,
hast du mich verzaubert,
mit deinem Lächeln,
deiner Art, mich anzunehmen.
Du vermagst Dinge zu sehen,
die ich selber nicht sah,
du hörst meine Töne,
noch bevor sie in mir klingen.
Du erweckst feine Facetten,
die viel zu tief schlummerten,
du belebst Sinne,
von denen ich bisher nichts ahnte.
Du zauberst,
mein Lächeln hervor,
gibst mir von einem geheimnisvollen Balsam,
der meine Seele heilt.
Unauffällig und leise,
gibst du den Anstoß,
mich zu öffnen,
mich...
Claudia Horn
Ich habe Angst vor dem was ist
und ich habe Angst vor dem was kommt.
Wird uns Frieden leben lassen
oder wird Krieg
um uns herum
uns in der Seele töten?
Angst lähmt, Angst hemmt
die Füße, die zu gehen bereit sind.
Die Füße gehen trotzdem, weil
das Leben uns zu gehen zwingt.
Doch wäre nicht die Angst,
sie würden vor Freude springen!
Sigrun Hopfensperger
Andachtsvoll, mit feuchten Augen
Und in nie gefühlter Lust
Leg' ich still zum erstenmale
Meinen Knaben an die Brust.
Nimm mich ganz, geliebter Knabe!
Trink mein Leben, trink mein Blut,
Trink meiner Seele Feuer
Meines Herzens reine Glut!
Glücklos müßte hier mein Fühlen
Funke hier und Knospe bleiben!
Soll, in dich hinüberströmend,
Flamme werden, Blüten treiben.
Mia Holm
Allversöhnend und still mit den armen Sterblichen ging er,
Dieser einzige Mann, göttlich im Geiste, dahin.
Keines der Lebenden war aus seiner Seele geschlossen,
Und das Leiden der Welt trug er an leidender Brust.
Mit dem Tod befreundet er sich, im Namen der andern
Ging er aus Schmerzen und Müh siegend zum Vater zurück.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Die Entschlafenen
Einen vergänglichen Tag lebt ich und wuchs mit den Meinen,
Eins ums andere schon schläft mir und fliehet dahin.
Doch ihr Schlafenden wacht am Herzen mir, in verwandter
Seele ruhet von euch mir das entfliehende Bild.
Und lebendiger lebt ihr dort, wo des göttlichen Geistes
Freude die Alternden all, alle die Toten verjüngt.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Trauert nicht!
Denn heilig ist mein End' und schön, – o Lust,
Lust, die den Neugeborenen umfängt,
Wenn droben er die neuen Pfade wandelt,
Dich ahnd' ich, wie der Schiffer, wenn er nah
Dem Blütenwald der Mutterinsel kommt,
Schon atmet liebender die Brust. Und sein
Gealtert Angesicht verklärt Erinnerung
Der ersten goldnen Jugendwonne wieder!
Und, o Vergessenheit! Versöhnerin! –
Voll Segens ist die Seele mir, ihr Lieben!
Johann Christian Friedrich Hölderlin
O heilig Herz der Völker, o Vaterland!
Allduldend gleich der schweigenden Mutter Erd'
Und allverkannt, wenn schon aus deiner
Tiefe die Fremden ihr Bestes haben.
Sie ernten den Gedanken, den Geist von dir,
Sie pflücken gern die Traube, doch höhnen sie
Dich, ungestalte Rebe, daß du
Schwankend den Boden und wild umirrest.
Du Land des hohen ernsteren Genius!
Du Land der Liebe! Bin ich der Deine schon,
Oft zürnt ich weinend, daß du immer
Blöde die eigene Seele leugnest.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Sonnenuntergang
Wo bist du? trunken dämmert die Seele mir
Von all deiner Wonne; denn eben ist's,
Daß ich gelauscht, wie goldner Töne
Voll der entzückende Sonnenjüngling.
Sein Abendlied auf himmlischer Leier spielt';
Es tönten rings die Wälder und Hügel nach.
Doch fern ist er zu frommen Völkern,
Die ihn noch ehren, hinweggegangen.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Die scheinheiligen Dichter
Ihr kalten Heuchler, sprecht von den Göttern nicht!
Ihr habt Verstand! ihr glaubt nicht an Helios,
Noch an den Donnerer und Meergott;
Tot ist die Erde, wer mag ihr danken? –
Getrost, ihr Götter! zieret ihr doch das Lied,
Wenn schon aus euren Namen die Seele schwand.
Und ist ein großes Wort vonnöten,
Mutter Natur! so gedenkt man deiner.
Johann Christian Friedrich Hölderlin