Seele Zitate (Seite 37)
Lästerzungen, selbst die frommen,
Stimmen rührend überein,
Wie du herrlich dich benommen,
Alle Schuld trifft mich allein.
Eins nur wird dich still verklagen,
Wenn ans Fenster pocht der Wind,
Niemand wird dann zu dir sagen:
Traute Seele, liebes Kind!
Niemand wird mehr mit dir weinen,
Und wenn erst die Lerche singt,
Sag mir, wer dir dann die kleinen,
Dir die frühen...
Hermann Ritter von Lingg
Befreiung
Noch einmal reckt die Schuld ihr drohend Haupt
Und greift nach mir mit gierigen Rächerhänden,
Genug! du hast den Frieden mir geraubt,
Doch meinen Sieg sollst du mir nicht entwenden.
Ich hab gekostet vom Erkenntnisbaum,
Ich habe nackt vor meinem Gott gestanden;
Es sank die Lüge wie ein schwerer Traum,
Die Seele riß sich los aus ihren Banden.
Genug! mich treffen deine Blicke nicht,
Geheilt, vernarbt sind alle alten Wunden
Ich stehe in der Wahrheit reinem Licht,
Ich habe mich und...
Thekla Lingen
Heimweh
Jetzt ist es Nacht
Das ist die Zeit der Liebe…
Gib deinen weichen Arm,
daß ich darin mich bette
im leisen Schimmer,
den der Mond verstreut.
Gib deinen Mund mir,
daß ich müd mich küsse.
Gib mir dein Schmeichelwort,
dass alles schwere Rauschen
des fernen Tages drin sich niederlege.
Gib deine Seele mir,
daß meine
im weichen Schoß aufschluchzen kann
Denn es ist Nacht.
Das ist die Zeit der Liebe.
Fritz Liebrich
Mignon
Buntbeblümte Wiesen dehnen
Fernhin sich, die Luft weht lind;
Auf umsonnten Wolkenkähnen
Kam der Lenz ins Land geschwind . . .
Buntbeblümte Wiesen dehnen
Fernhin sich, die Luft weht lind.
Laß mein Haupt an deines lehnen,
Rühr die Harfe, holdes Kind!
Lieblich wie Gesang von Schwänen
Klagt ihr Ton im Abendwind . . .
Laß mein Haupt an deines lehnen
Rühr die Harfe, holdes Kind!
Zages Hoffen, süßes Wähnen
Schwellt die Seele mir gelind;
Banges, langverhaltnes Sehnen
Löst sich; Quellen rieseln...
Heinrich Leuthold
Die eheliche Liebe
Klorinde starb, sechs Wochen drauf
Gab auch ihr Mann das Leben auf.
Und seine Seele nahm aus diesem Weltgetümmel
Den pfeilgeraden Weg zum Himmel.
"Herr Petrus!" rief er. "Aufgemacht!"
"Wer da?" — "Ein wackrer Christ."
"Was für ein wackrer Christ?"
"Der manche Nacht,
Seitdem die Schwindsucht ihn aufs Krankenbette brachte,
In Furcht, Gebet und Zittern wachte.
Mach bald!" Das Tor wird auf getan.
"Ha, ha! Klorindens Mann!
Mein Freund", spricht Petrus, "nur...
Gotthold Ephraim Lessing
Liebesfeier
An ihren bunten Liedern klettert
Die Lerche selig in die Luft;
Ein Jubelchor fon Sängern schmettert
Im Walde voller Blüt' und Duft.
Da sind, so weit die Blicke gleiten,
Altäre festlich aufgebaut,
Und all die tausend Herzen läuten
Zur Liebesfeier dringend laut.
Der Lenz hat Rosen angezündet
An Leuchtern von Smaragd im Dom,
Und jede Seele schwillt und mündet
Hinüber in den Opferstrom.
Nikolaus Lenau
Blick in den Strom
Sahst du ein Glück vorübergehn,
das nie sich wiederfindet,
Ist's gut in einen Strom zu sehn,
wo alles wogt und schwindet.
O, starre nur hinein, hinein;
Du wirst es leichter missen,
Was dir, und soll’s dein Liebstes sein,
Vom Herzen ward gerissen.
Blick unverwand hinab zum Fluß,
Bis deine Tränen fallen,
Und sieh durch ihren warmen Guß
Die Flut hinunterwallen.
Hinträumend wird Vergessenheit
Des Herzens Wunde schließen;
Die Seele sieht mit ihrem Leid
Sich selbst...
Nikolaus Lenau
Österreich
Oh Heimat, du bist an Schönheit so reich
beschenkt von der Mutter Natur.
Es ist das Land namens Österreich,
ein Fleck auf der Weltkarte nur.
Doch bist du das Herz in Europas Mitte,
es gleicht dir kein anderes Land.
Was die Schöpfung erschaffen voll Güte,
muss bewahren der Menschen Hand.
Ich will auf den Berggipfeln stehen,
mich an deinem Anblick berauschen,
das Flüstern der Wälder verstehen
und dem Murmeln der Bäche lauschen.
Dir habe ich meine Seele verschrieben,
meine...
Poldi Lembcke
Wenn du dir willst ein Lied beleben,
So mußt du stille Pfade gehen,
Des Liedes Seele mußt du finden.
Und sie mit Dichteraugen sehen.
Hast du gefunden die Bedeutung,
So war dein Mühen nicht vergebens,
Es fügen sich die wirren Laute
Für dich zur Harmonie des Lebens.
Und wenn du fühlst der Menschheit Schmerzen,
Die da in tausend Liedern klagen,
So wirst du selbst in schweren Stunden
Dein eignes Leiden stolz ertragen.
Otto von Leixner
Sonntagsfrühe
Feierlicher Glockenklang
hallet durch die stillen Felder,
leise rauschen ferne Wälder
einen hehren Lobgesang.
Stille wird's mir im Gemüt,
wenn ich blicke in die Weite,
ob ein Engel mir zur Seite
betend durch die Felder geht?
Süßes Grauen mich umweht,
füllt mein Aug' mit Andachtstränen;
meiner Seele stilles Sehnen,
Löst sich leise im Gebet.
Adolph Lange
Du Licht, wohin, verglühte Flammenhöhle?
Wohin zieht Wolken, Winde, Wellen ihr?
Du Staub, du Schaum, du Nacht, du Aug', du Seele,
Sprecht, wenn ihr's wisset, wohin ziehen wir?
Zu dir, aus dem sich alle Sonnen lösen,
Zu dem die Nacht, der Tag, der Geist sich drängt,
Du Flut und Rückflut in der Wesen Wesen,
Du Meer des Seins, worein sich Alles senkt.
Alphonse de Lamartine
Aus deiner Liebe ...
Aus deiner Liebe kommt mir solch ein Segen,
Sie macht mein Herz so sorglos und so fest,
Ich kann so ruhig mich drin niederlegen,
Wie sich ein Kind dem Schlafe überlässt.
Ich geh dahin von Zuversicht getragen,
Seit neben deiner meine Seele schweift;
So, wie man wohl an schönen Sommertagen
Durch reife Ährenfelder sinnend streift.
Da gleiten sanft die Finger über Blüten
Und Halme hin, wie eine Mutter pflegt,
Und alles Leben möchte...
Hedwig Lachmann