Seele Zitate (Seite 31)
Reichtum
Im Banne deiner Augen
verweilte ich manche Stunde,
doch hast du nie geschauet
in meiner Seele Grund.
Nie hast du dich gebeuget
über meines Herzens Weh,
Dein Bild darin zu sehen
wie in tiefer dunkler See.
Nie hat an meinem Busen
Dein liebes Haupt gelauscht,
wie heimlich in der Tiefe
die Liebe klingt und rauscht.
Die Perle ruht im Meere,
der Edelstein im Schacht -
kehr ein, du heißgeliebte,
in meines Busens Nacht!
Ihm ist von allen tiefen
an Reichtum keine gleich -
in meinem Herzen,...
Ludwig Pfau
Gabe
Alles hinzugeben
Ist der Liebe Brauch;
Nimm denn hin mein Leben
Und mein Sterben auch!
Aller meiner Lieder
Sanften Schmeichellaut,
Die ein Eden wieder
Sich aus Schutt erbaut.
Alle Lichtgedanken,
Die an Glück und Leid
Kühn sich aufwärts ranken
In die Ewigkeit.
All mein stilles Sehnen,
Innig dir vertraut,
Das in sel'gen Tränen
Auf dich niedertaut!
Nimm, daß nichts dir fehle,
Wenn die Stunde ruft,
Meine ganze Seele
Hin als Opferduft!
Betty Paoli
Lieder
Mein ganzes Sein
Ist eine Wunde!
Gedenkst du mein
Zu dieser Stunde?
Fühlst du den Kuß,
Den ich die sende?
Den Abschiedsgruß
Vor nahem Ende?
Und ahnst du, sprich!
Die Glut der Seele,
Mit der ich dich
Dem Herrn empfehle?
Und weißt du auch,
Was ich singe,
Ein Opferhauch,
Den ich dir bringe?
In wilder Pein
Flammt meine Wunde!
Gedenkst du mein
Zu dieser Stunde?
Betty Paoli
Die Vergangenheit
Mir ist als legten leise
Sich Nebel um mich her,
Vom bunten Menschenkreise
Mich scheidend mehr und mehr.
Erinnerungen sind es,
Aus Lust und Leid gewebt,
Die man, will's ein gelindes
Geschick, mit mir begräbt!
Mir ist, als brauste, grollte
Um mich ein Ocean,
Den ich, wie gern ich wollte
Nicht überbrücken kann.
Dieß Meer, deß banger Klage
Die Seele träumend lauscht,
Es sind die fernen Tage,
Die an mir hingerauscht!
Vereinsamt im Gewühle,
Das rastlos drängt und...
Betty Paoli
Erkenntnis
Daß ich dich liebe tief und heiß,
Das hab ich oft empfunden,
Wenn deiner Nähe Zauberkreis
Glückatmend mich umwunden;
Wenn mich dein Arm so fest umschlang,
Dein Wort in seiner Süße
Zu meinem tiefsten Herzen drang,
Wie tausend Jenseitsgrüße.
Doch daß du selbst mein innerst Sein
Und Herz von meinem Herzen,
Daß du nur in der Seele mein
Wach rufest Lust und Schmerzen,
Daß du ein heil’ger Engel bist,
Für mich als Mensch geboren,
Das weiß ich erst seit kurzer Frist:
Erst seit ich dich...
Betty Paoli
Meine Grabschrift
Die hier im dunkeln Grabesschoße ruht,
Nach langen Kampfes Mühsal und Beschwerde,
Wie jedes andre arme Kind der Erde
War sie ein Doppellaut von Schlimm und Gut.
Nichts unterschied sie von der großen Schar,
Behaglich atmend in der Lüge Brodem,
Als daß die Wahrheit ihrer Seele Odem,
Und daß getreu bis in den Tod sie war.
Betty Paoli
Frühlingsahnen
Wenn des Winters starrer Traum
Berg und Flur mit Schnee bedecket,
Jeder dürre Zweig am Baum
Jammernd sich gen Himmel strecket:
Kannst du da begreifen, sag'
Wie nach wen'gen Mondesneigen
Der jetzt frosterstarrte Hag
Einen Blüthenflor wird zeigen?
Doch du weißt, der lichte Trost
Naht auf unsichtbaren Wegen
Und im rauhen Winterfrost
Lächelst du dem Lenz entgegen.
Und so kann, so kann auch ich
Nicht begreifen und nicht fassen,
Wie in meiner Seele sich
Noch ein Glück wird ziehen...
Betty Paoli
Gute Nacht
Im tiefsten Innern
Ein süß Erinnern
Und einen Gruß
Zum Tagesschluß.
Daß Gottes Güte
Mein Glück behüte,
Daß seine Treu'
Stets mit dir sei;
Daß deine Seele
Sich mir vermähle
Auf ewiglich:
Das bete ich.
Auf ihn nur zähl' ich,
Uns beid' empfehl' ich
Fromm seiner Macht –
Nun, gute Nacht!
Betty Paoli
Genügen
Weiße Rose, die so bleich
Und so duftig blüht!
Liebe, die so schmerzenreich
Und so selig glüht!
Was an ew'ger Geistessaat
Mir der Herr geschenkt,
Meine ganze Seele hat
Sich darein versenkt! –
Pflanzen laß die Rose mich
In den Staub vor dir,
Nicht zum Schmuck und Stolz für dich,
Doch zur Wonne mir.
Betty Paoli
Ohne Deine Nähe
Ohne Deine Nähe kann ich nicht leben –
mit Dir zu leben ist quälend.
Was ist geschehen?
Welche Entscheidung sollen wir treffen,
um uns die Liebe wieder zu geben,
die verloren uns zeigt,
und doch spähend nach Erfüllung schreit?
Besteht Hoffnung, daß wir wieder zusammenfinden?
Oder ist unser gemeinsames Leben zu Ende?
Meine Gedanken kreisen um Dich –
und entfernen sich von Dir.
Dieser Zwiespalt im Herzen,
verbunden durch Liebe – ist ein grausames Spiel –
wenn Du immer einen Weg...
Karin Obendorfer
Vergiß mein nicht, wenn lockre kühle Erde
Dies Herz einst deckt, das zärtlich für dich schlug.
Denk, daß es dort vollkommner lieben werde,
Als da voll Schwachheit ich's vielleicht voll Fehler trug.
Dann soll mein freier Geist oft segnend dich umschweben
Und deinem Geiste Trost und süße Ahndung geben.
Denk, daß ich's sey, wenns sanft in deiner Seele spricht:
Vergiß mein nicht! Vergiß mein nicht!
Novalis
Welcher Lebendige,
Sinnbegabte,
Liebt nicht vor allen
Wundererscheinungen
Des verbreiteten Raums um ihn
Das allerfreuliche Licht –
Mit seinen Strahlen und Wogen
Seinen Farben,
Seiner milden Allgegenwart
Im Tage.
Wie des Lebens
Innerste Seele
Atmet es die Riesenwelt
Der rastlosen Gestirne
Die in seinem blauen Meere schwimmen,
Atmet es der funkelnde Stein,
Die ruhige Pflanze
Und der Tiere
Vielgestaltete,
Immerbewegte Kraft –
Novalis
Juninacht
Sterne künden die Nacht.
Glänzend wie Schwanengefieder
senkt sie zur Erde sich nieder.
Liebchen habe nun acht!
Rings wie Nebel empor
heben sich Zaubergestalten.
Nymphen jetzt Zwiegespräch halten,
zärtlich seufzend im Rohr.
Oberon ruft zum Tanz;
Elfen umfangen sich lüstern.
Horch, in den Zweigen das Flüstern!
Sieh, im Grase der Glanz!
Mohn blüht feurig im Korn,
wo sie im Reigen sich drehen.
Schleier wie Spinngeweb weben
früh an Distel und Dorn.
Tauiger Hauch küßt wach
blühende Rosen...
Theobald Nöthig
Du darfst Deine Lieb' nicht zeigen
Und bist mir dennoch treu!
Du darfst nie werden mein Eigen
Und fühlst doch keine Reu'.
Denn Deiner Seele Saiten
Sind so auf meine gestimmt,
Daß sie über alle Weiten
Der meinigen Ton vernimmt.
Und wenn sie auch nicht das Leben
Auf eine Harfe schlang,
Sie schwingen doch gleich und geben
Zusammen nur einen Klang.
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)