Schône Zitate (Seite 28)
Stimmung
Düster liegt die Welt mir da,
Wie ein ödes Meer,
Und der Abgrund ist so nah,
Und er reizt mich sehr.
Drin vergessen und versenken,
Selbst das Schöne mit,
Nichts mehr fühlen, nichts mehr denken,
Erde, wir sind quitt!
Keine Lust ist's, keine Wonne,
Aber mehr als Das,
Keinen Schatten, keine Sonne, –
Keine Lieb', kein Haß! –
Denn im Nichts die Freiheit lieget,
Nicht Notwendigkeit –
Und von fern es schon besieget
Alles – Muß – und Leid.
Düster liegt die Welt mir da,
Wie ein ödes...
Friederike Kempner
Den Wäldern ist zu Füßen tief
Das dürre Laub geblieben;
Am Himmel steht ein Scheidebrief
Ins Abendrot geschrieben.
Die Wasser glänzen still und kühl,
Ein Herbst ist drin ertrunken;
Mir ist ein schauernd Grabgefühl
Ins warme Herz gesunken.
Du schöne Welt! muß ich wohl bald
In diese Blätter sinken,
Daß andres Herz und andrer Wald
Die Lebenslüfte trinken?
Wenn du für dieses Herzens Raum
Ein Beßres weißt zu finden,
Laß mich aus deinem Lebenstraum
Rasch und auf ewig schwinden!
Gottfried Keller
Die Entschwundene
Es war ein heitres goldnes Jahr,
Nun rauscht das Laub im Sande,
Und als es noch in Knopsen war,
Da ging sie noch im Lande.
Besehen hat sie Berg und Tal
Und unsrer Ströme Wallen;
Es hat im jungen Sonnenstrahl
Ihr alles wohlgefallen.
Ich weiß in meinem Vaterland
Noch manchen Berg, o Liebe,
Noch manches Tal, das Hand in Hand
Uns zu durchwandern bliebe.
Noch manches schöne Tal kenn' ich
Voll dunkelgrüner Eichen; –
O fernes Herz, besinne dich
Und gib ein leises Zeichen!
Da eilte...
Gottfried Keller
Frühlingsglaube
Es wandert eine schöne Sage
Wie Veilchenduft auf Erden um,
Wie sehnend eine Liebesklage
Geht sie bei Tag und Nacht herum.
Das ist das Lied vom Völkerfrieden
Und von der Menschheit letztem Glück,
Von goldner Zeit, die einst hienieden,
Der Traum als Wahrheit, kehrt zurück.
Wo einig alle Völker beten
Zum Einen König, Gott und Hirt:
Von jenem Tag, wo den Propheten
Ihr leuchtend Recht gesprochen wird.
Dann wird's nur eine Schmach noch geben,
Nur eine Sünde in der Welt:
Des...
Gottfried Keller
Die frühe Liebe
Schon im bunten Knabenkleide
Pflegten hübsche Mägdelein
Meine liebste Augenweide,
Mehr als Pupp' und Ball zu sein.
Ich vergaß der Vogelnester,
Warf mein Steckenpferd ins Gras,
Wenn am Baum bei meiner Schwester
Eine schöne Dirne saß.
Freute mich der muntern Dirne,
Ihres roten Wangenpaars,
Ihres Mundes, ihrer Stirne,
Ihres blonden Lockenhaars.
Blickt auf Busentuch und Mieder,
Hinterwärts gelehnt am Baum;
Streckte dann ins Gras mich nieder,
Dicht an ihres Kleides Saum.
Was ich...
Ludwig Heinrich Christoph Hölty
Vorfrühling
Sieh, die Kastanien – noch nicht entfalten
Sie ihre Knospen, harzig gebräunt.
Den weißen Schneehut hat aufbehalten
Der Monte Baldo, mein alter Freund.
Der schöne Frühling kommt zögernd heuer;
So warm der Mittag, die Nacht ist rauh.
Auch im Kamin ist ein kleines Feuer
Noch sehr willkommen der lieben Frau.
Jungfräulich herbe sind noch die Lüfte,
Noch hat kein Vogel sein Nest gebaut,
Doch von der Halde wehn Veilchendüfte,
Süß wie der Atem der jungen Braut.
Wer weiß, wie bald uns der...
Paul von Heyse
Seit du nun schweigst…
Seit du nun schweigst, sind mir die Dinge stumm.
Mit seelenlosen Augen sehn mich an
Die liebsten Menschen. Jedes Heiligtum
Find' ich verschlossen, poch' ich je daran.
Gab deine Stimme doch die Melodie
Zu meines Lebens Lied. Du warst das Maß,
Das Wert und Unwert meiner Welt verlieh;
In dir genoß ich erst, was ich besaß.
Nun du mir fehlst, bin ich mir selbst entrückt,
Mißklang mein Denken, mein Empfinden Streit.
Das Schöne spielt mit mir, das Wahre drückt
Dies Herz...
Paul von Heyse
Der ewige Zweifel, keinem ganz vertrauen,
Nicht sprechen können, wie's zum Herzen drängt,
In jedem Blicke Hohn, Verdammniß schauen,
Macht, daß man fremd sich unter Fremden denkt!
Ein, zweimal wird das Herz zurückgewiesen,
Dann kommt es nicht mehr, klopft nicht wieder an;
Zeigt's keinem mehr, daß seine Thränen fließen,
Nicht lieben mehr es so wie früher kann!
Die Welt nicht weiß, was in ihm vorgegangen,
Denn ton- und klangslos ist der wahre Schmerz –
Und so manch schöne Kraft ist...
Eugenius Hermann
Unsre Seelen bleiben freilich,
In platonischer Empfindung,
Fest vereinigt, unzerstörbar
Ist die geistige Verbindung.
Ja sogar im Trennungsfalle
Fänden sie doch leicht sich wieder;
Denn die Seelen haben Flügel,
Schnelles Schmetterlingsgefieder;
Und dabei sind sie unsterblich,
Und die Ewigkeit ist lange;
Und wer Zeit hat und wer suchet
Findet, was er auch verlange.
Doch den Leibern, armen Leibern,
Wird die Trennung sehr verderblich,
Haben keine Flügel, haben
Nur zwei Beine, und sind...
Heinrich Heine
Die Welt ist dumm, die Welt ist blind,
Wird täglich abgeschmackter!
Sie spricht von dir, mein schönes Kind,
Du hast keinen guten Charakter.
Die Welt ist dumm, die Welt ist blind,
Und dich wird sie immer verkennen;
Sie weiß nicht, wie süß deine Küsse sind,
Und wie sie beseligend brennen.
Heinrich Heine
An meine Mutter B. Heine,
geborene van Geldern
Ich bin’s gewohnt, den Kopf recht hoch zu tragen,
mein Sinn ist auch ein bißchen starr und zähe;
wenn selbst der König mir ins Antlitz sähe,
ich würde nicht die Augen niederschlagen.
Doch liebe Mutter, offen will ich's sagen:
Wie mächtig auch mein stolzer Mut sich blähe,
in deiner selig süßen, trauten Nähe
ergreift mich oft ein demutsvolles Zagen.
Ist es dein Geist, der heimlich mich bezwinget,
dein hoher Geist, der alles kühn durchdringet
und...
Heinrich Heine
Dämmernd liegt der Sommerabend
Über Wald und grünen Wiesen;
Goldner Mond, im blauen Himmel,
Strahlt herunter; duftig labend.
An dem Bache zirpt die Grille,
Und es regt sich in dem Wasser;
Und der Wandrer hört ein Plätschern
Und ein Atmen in der Stille.
Dorten, an dem Bach alleine,
Badet sich die schöne Elfe;
Arm und Nacken, weiß und lieblich,
Schimmern in dem Mondenscheine.
Heinrich Heine
"Sag an, o lieber Vogel mein,
Sag an, wohin die Reise dein?"
Weiß nicht, wohin,
Mich treibt der Sinn,
Drum muß der Pfad wohl richtig sein!
"Sag an, o liebster Vogel mir,
Sag, was verspricht die Hoffnung dir?
Ach, linde Luft
Und süßen Duft
Und neuen Lenz verspricht sie mir!
"Du hast die schöne Ferne nie
Gesehen, und du glaubst an sie?"
Du frägst mich viel,
Und das ist Spiel,
Die Antwort aber mach mir Müh'!
Nun zog in gläubig-frommem Sinn
Der Vogel übers Meer dahin,
Und linde Luft
Und süßer...
Christian Friedrich Hebbel