Schönsten Zitate (Seite 2)
Der Traum
Im schönsten Garten wallten
Zwei Buhlen Hand in Hand,
Zwo bleiche, kranke Gestalten,
Sie saßen ins Blumenland.
Sie küßten sich auf die Wangen
Und küßten sich auf den Mund,
Sie hielten sich fest umfangen,
Sie wurden jung und gesund.
Zwei Glöcklein klangen helle,
Der Traum entschwand zur Stund;
Sie lag in der Klosterzelle,
Er fern in Turmes Grund.
Ludwig Uhland
Licht und Wärme
Der bessre Mensch tritt in die Welt
Mit fröhlichem Vertrauen,
Er glaubt, was ihm die Seele schwellt,
Auch außer sich zu schauen,
Und weiht, von edlem Eifer warm,
Der Wahrheit seinen treuen Arm.
Doch alles ist so klein so eng,
Hat er es erst erfahren,
Da sucht er in dem Weltgedräng
Sich selbst nur zu bewahren,
Das Herz in kalter stolzer Ruh
Schliesst endlich sich der Liebe zu.
Sie geben, ach! nicht immer Glut
Der Wahrheit helle Strahlen,
Wohl denen, die des...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Ostern
Ja, der Winter ging zur Neige,
holder Frühling kommt herbei,
Lieblich schwanken Birkenzweige,
und es glänzt das rote Ei.
Schimmernd wehn die Kirchenfahnen
bei der Glocken Feierklang,
und auf oft betretnen Bahnen
nimmt der Umzug seinen Gang.
Nach dem dumpfen Grabchorale
tönt das Auferstehungslied,
und empor im Himmelsstrahle
schwebt er, der am Kreuz verschied.
So zum schönsten der Symbole
wird das frohe Osterfest,
daß der Mensch sich Glauben hole,
wenn ihn Mut und Kraft...
Ferdinand von Saar
Stille Tage, die ihr leise
Von des Schaffens Ernst beschwingt,
Mir in störungslosem Gleise
Kaum bemerkt vorüber gingt:
Thätig war't ihr überlegen
Unruhvoller Gegenwart,
Und so fühl' ich euren Segen
Mir im Tiefsten offenbart.
Ja, den Segen zu vollenden,
Wißt ihr für des Liedes Ton
Noch die Stimmung mir zu spenden,
Als der Arbeit schönsten Lohn.
Otto Roquette
Strophen
Ist einer, der nimmt alle in die Hand,
daß sie wie Sand durch seine Finger rinnen.
Er wählt die schönsten aus den Königinnen
und läßt sie sich in weißen Marmor hauen,
still liegend in des Mantels Melodie;
und legt die Könige zu ihren Frauen,
gebildet aus dem gleichen Stein wie sie.
Ist einer, der nimmt alle in die Hand,
daß sie wie schlechte Klingen sind und brechen.
Er ist kein Fremder, denn er wohnt im Blut,
das unser Leben ist und rauscht und ruht.
Ich kann nicht glauben, daß er...
Rainer Maria Rilke
Der Zufriedene
Zwar schuf das Glück hienieden
Mich weder reich noch groß,
Allein ich bin zufrieden,
Wie mit dem schönsten Los.
So ganz nach meinem Herzen
Ward mir ein Freund vergönnt,
Denn Küssen, Trinken, Scherzen
Ist auch sein Element.
Mit ihm wird froh und weise
manch Fläschchen ausgeleert!
Denn auf der Lebensreise
ist Wein das beste Pferd.
Wenn mir bei diesem Lose
Nun auch ein trüb'res fällt,
So denk' ich: keine Rose
Blüht dornlos in der Welt.
Christian Ludwig Reissig
Der Frühling kommt
Der Himmel strahlt in hellem Bau,
Sonnenschein bedeckt die Fluren,
vergessen ist das triste Grau,
und des Winters letzte Spuren.
Aus dem Wald entfernt und leise,
ertönt des Spechtes Klopfen schon,
und im Strauch singt eine Meise,
ein Frühlingslied im schönsten Ton.
Nah am Teich tanzen die Mücken,
und aus der Schonung äugt ein Reh,
lässt vom Frühjahr sich entzücken,
als sei's das Werk von einer Fee.
Krokusse sprießen im Garten,
die Honigbienen sehen's prompt,
Lebewesen aller...
Horst Rehmann
Wolkenspiel
Sie schweben um Gipfel und Berge,
bis weit über den Horizont,
als Riesen und winzige Zwerge,
bilden sie eine massige Front.
Im gelben Licht der Abendsonne,
wechseln Farben in Harmonie,
Tänze der bauschigen Kolonne,
sorgen für Pracht und Phantasie.
Sie formen die schönsten Figuren,
in riesigen Dimensionen,
der Wind ändert ihre Konturen,
und sorgt ständig für Kollisionen.
Dieses oft bizarre Wolkenspiel,
in dem sich Tropfen bewegen,
hat am Ende ein wichtiges Ziel,
die Welt zu...
Horst Rehmann