Recht Zitate (Seite 27)
Erneuerung
Reine Flammen,
brennt zusammen!
Macht mich licht durch euren Schein
und voll Triebe
süßer Liebe:
nehmt mein ganzes Wesen ein!
Sei mir günstig,
mach mich brünstig,
du Liebhaber meiner Seel!
Laß besitzen
und erhitzen
mich deins Geistes Liebesöl!
Stärk dein Feuer,
o mein Treuer!
recht entzündet
sich befindet
und von Lieb ist ganz durchglüht.
Daß ich spüre
wie verliere
sich die finstere Gestalt,
und das Dunkle
glänzend funkle,
und vergeh, was alt und kalt.
Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf
Beständigkeit im Wechsel
Ein Pfeil nur, sagst du, kann verwunden
Und wer berührt von ihm, den Strahl
So recht in tiefster Brust empfunden,
Der liebe nicht zum zweitenmal? –
Seht ihr denn nicht, in jedem Lenze
Erwacht ein ganzes Blumenreich,
Und allwärts schmücken frische Kränze,
Die Flur, die erst vom Winter bleich.
Der Baum treibt seine Blätterwonne,
Es glänzt das Laub, es schwillt die Frucht;
Er hat des neuen Frühlings Sonne,
Sie ihn mit gleicher Brunst gesucht.
Drum schmäht nicht, wenn in...
Joseph Christian Freiherr von Zedlitz
Weiß nicht, wo ich steh'
Durch der Liebe Hand,
Nicht, wohin ich geh'
Durch der Liebe Hand.
Wohn' in Bergen wild,
Blut'ge Träne quillt
Immer ungestillt
Durch der Liebe Hand.
Bogen ward ich nun,
Flöte ohne Ruh'n –
Klagen all mein Tun
Durch der Liebe Hand.
Hör mein Jammern an!
Meine Scham vertan,
Gab mein Haupt ich dran
Durch der Liebe Hand.
Will mein Sein hingeben,
Mich zu Ihm begeben,
Nackt und bloß nur leben
Durch der Liebe Hand.
Sieh, was Yunus tut:
Recht ist sein Wort, gut –
Immer weint er...
Yunus Emre
Ein Lied
Mir schien, man altert nicht so bald,
Man hält sich recht in Schwung
Mit Hanteln und Florett,
So bleibt der Körper jung.
Doch daß das Herz auch alt wird, ach,
Wer hätte das gedacht?
An Wörtern fehlt's mir nicht, jedoch,
Welch Weib ist schon beglückt,
Wenn ich nicht mehr in Ohnmacht fall,
Sobald ich sie erblickt?
Doch daß das Herz auch alt wird, ach,
Wer hätte das gedacht?
Oh, das Begehren ist noch da,
Nur nicht das Herz. Ich hätte
Gemeint, daß es den Leib verzehrt
Noch auf dem...
William Butler Yeats
Weil ich mein Wesen so mit Härte gürte,
Glaub' nicht darum, daß ich aus Härte bin!
Tief ruht in mir ein mildgewillter Sinn,
Den nur der rechte Zauber nie berührte.
Wirf einem, der die Hand nach heiliger Myrte
Sich auftun hieß, Unkraut und Dornen hin
Und reich dem Durste Wein, wo Galle drin –
Dies ist das Leben, das ich immer führte.
Von Angefaultem ward mir Übermaß
All meine Zeit. Was immer mir verfiel,
War nicht mehr rein und trug in sich den Fraß,
Kaum gut genug für ein betäubtes...
Anton Wildgans
Abnehmender Mond
Es geht der Mond zur Neige,
Es bleicht sein milder Schein.
Er winkt und flüstert leise:
»Bald werd' ich nicht mehr sein.
Sieh mir darum ins Antlitz
Heut noch recht inniglich,
Ob wir uns wiedersehen,
Das weißt nicht du noch ich.«
Des Menschen Glück und Freude
Geht her, geht hin geschwind,
Und was wir Menschen lieben,
Verweht ein leichter Wind.
Wenn Du vom Freunde scheidest
Schau tief ihm ins Gesicht.
»Ich seh' ihn morgen wieder«,
Ach denke, denk' es nicht.
Denn zwischen heut...
Ernst von Wildenbruch
Schuldner oder Gläubiger
Manch ungehobelt Holz wird zum Merkur gemacht,
Weil mancher theure Mann, aus aller Höfling' Acht,
Sich sonst bei keinem Maß, als seinem Schatten mißt.
Viel hebt das Glück empor, viel' hält es auch zurück;
Doch wer die Welt recht kennt, der findet, daß das Glück
Mehr Schulden ausstehn hat, als es selbst schuldig ist.
Christian Wernike
Sicherheit im Glück
Sag' einem, der erfreut dem Glück im Schooße lieget,
Daß dessen Stille stets die Sicherheit betrüget,
Daß es uns, ehe wir es recht erkannt, verläßt;
Er höret dich nicht mehr, denn junge Hochzeitgäst'
Den Wächter, der des Nachts die Stunden rufet, hören;
Er spottet deiner Gunst und lachet deiner Lehren,
Und alle deine Wort' entführt der schnelle Wind.
Ein Glücklicher ist taub, sowie das Glück ist blind.
Christian Wernike
Glücklich ist, wer froh empfindet
Wahre Herzensfreudigkeit,
Wer in seinem Wandel findet
Trost für unglückschwere Zeit.
Glücklich ist, wem es beschieden,
Ganz zu fassen Freud' und Schmerz,
Durch das schönste Glück hienieden;
Durch ein freies, reines Herz.
Glücklich ist, wem es gegeben,
Recht zu handeln immerzu,
Er fühlt selbst bei dürft'gem Leben
Wahren Reichtum – Seelenruh'!
Hermann Weise
Nun wachet! Uns geht auf der Tag,
an dem wohl Angst ergreifen mag
jeglichen Christen, Juden oder Heiden.
Wir haben der Zeichen viel gesehen,
dran wir sein Kommen wohl erspähen,
wie uns die Schrift mit Wahrheit läßt bescheiden.
Die Sonne hat ihren Schein verkehret,
Untreue ihren Samen ausgeleeret
allenthalben auf den Wegen:
Der Vater bei dem Kind Untreue findet,
der Bruder seinen Bruder belüget,
geistlich Leben in Kutten trüget,
das uns führen sollte zu Himmelssegen:
Gewalt geht auf, Recht vor...
Mary Adams Ward
Streiflichter und Schlagschatten
Schlaffheit, Stumpfsinn überall,
Langeweile, Unbehagen,
Unter hohler Floskeln Schwall
Schlechtverhehltes Selbstverzagen,
Toller Luxus, Schwindelei,
Statt Genuß – Betäubung, Leere,
Der Verarmung Riesenschrei
Bei des geist'gen Druckes Schwere;
Knechtsinn und Prostitution,
Schmutz und übertünchter Firnis,
Dogmenstreit für Religion
Und für Recht – Ukasen-Wirrnis,
Mechanismus statt Genie,
Und kein Fünkchen Poesie.
Friedrich Wilhelm Wanderer