Nur Zitate (Seite 299)
Laß andre nur im Reigen
Mit lautem Gruß mir nahn,
Du bist mein lieblich Schweigen,
Und siehst mich freundlich an.
Dein Auge tief und minnig,
Es sagt mir Tag für Tag,
Was nimmer so herzinnig
Die Lippe künden mag.
So hat die Frühlingssonne
Auch Schall und Rede nicht,
Und doch mit stiller Wonne
Durchschauert uns ihr Licht.
Mir gab den Wohllaut eigen,
Der dir den Blick beschied;
Sei du mein lieblich Schweigen
Und ich will sein dein Lied.
Emanuel Geibel
Daß holde Jugend nur zur Liebe tauge,
Ich weiß es wohl, und daß mein Lenz entschwand;
Doch sehn' ich mich nach einem treuen Auge,
Doch sehn' ich mich nach einer weißen Hand.
Nach einem Auge, das mit hellem Scheine
Aufleuchte, wenn mein Tiefstes ich enthüllt,
Und das in jenen bängsten Stunden weine,
Wo meines sich nicht mehr mit Thränen füllt;
Nach einer Hand, die hier und dort am Wege
Mir einen Zweig noch pflücke, herbstesfarb,
Die mir zum Rasten weich die Kissen lege,
Und mir die Wimpern...
Emanuel Geibel
Durch die wolkige Maiennacht
Geht ein leises Schallen,
Wie im Wald die Tropfen sacht
Auf die Blätter fallen.
Welch ein ahnungsreicher Duft
Quillt aus allen Bäumen!
Dunkel webt es in der Luft
Wie von Zukunftsträumen.
Da, im Hauch, der auf mich sinkt,
Dehnt sich all mein Wesen,
Und die müde Seele trinkt
Schauerndes Genesen.
Müde Seele, hoffe nur!
Morgen kommt die Sonne
Und du blühst mit Wald und Flur
Hell in Frühlingswonne.
Emanuel Geibel
Herr, in dieser Zeit Gewog,
Da die Stürme rastlos schnauben,
Wahr, o wahre mir den Glauben,
Der noch nimmer mich betrog;
Der noch sieht in Nacht und Fluch
Eine Spur von Deinem Lichte,
Ohne den die Weltgeschichte
Wüster Greuel nur ein Buch:
Daß, wo trostlos unbeschränkt
Dunkle Willkür scheint zu spielen,
Liebe doch nach ew'gen Zielen
Die verborgnen Fäden lenkt.
Emanuel Geibel
Auferstehung
Wenn einer starb, den du geliebt hienieden,
So trag' hinaus zur Einsamkeit dein Wehe,
Daß ernst und still es sich mit dir ergehe
Im Wald, am Meer, auf Steigen längst gemieden.
Da fühlst du bald, daß jener, der geschieden,
Lebendig dir im Herze auferstehe,
In Luft und Schatten spürst du seine Nähe,
Und aus den Thränen blüht ein tiefer Frieden.
Ja, schöner muß der Tote dich begleiten,
Ums Haupt der Schmerzverklärung lichten Schein,
Und treuer -- denn du hast ihn alle Zeiten.
Das...
Emanuel Geibel
Im Herbste
Auf des Gartens Mauerzinne
bebt noch eine einz'ge Ranke:
Also bebt in meinem Sinne
schmerzlich nur noch ein Gedanke.
Kaum vermag ich ihn zu fassen,
aber dennoch von mir lassen
will er, ach, zu keiner Frist;
und so denk ich ihn und trage
alle Nächte, alle Tage
mit mir fort die dumpfe Klage,
daß du mir verloren bist.
Emanuel Geibel
Die Sprache der Liebe
Das ist der Liebe eigen,
Mit Worten muß sie schweigen;
Sie spricht mit süßen Zeichen
Von Dingen ohne Gleichen.
Es sagt die Hand am Herzen:
Hier innen trag' ich Schmerzen,
Und möchte doch dies Leiden
Um alle Welt nicht meiden.
Im Auge spricht die Thräne:
Wie ich nach dir mich sehne!
Mein Wollen, Denken, Sinnen,
Es will in deins verrinnen.
Es spricht der Lippe Zücken:
O laß dich an mich drücken,
Auf daß im Feuerhauche
Sich Seel' in Seele tauche!
So weht aus stummen...
Emanuel Geibel
Es gibt wohl manches, was entzücket,
Es gibt wohl vieles, was gefällt,
Der Mai, der sich mit Blumen schmücket,
Die güldne Sonn' im blauen Zelt.
Doch weiß ich eins, das schafft mehr Wonne,
Als jeder Glanz der Morgensonne,
Als Rosenblüt' und Lilienreis;
Das ist, getreu im tiefsten Sinne
Zu tragen eine fromme Minne,
Davon nur Gott im Himmel weiß.
Emanuel Geibel
Die Liebe saß als Nachtigall
Die Liebe saß als Nachtigall
im Rosenbusch und sang;
es flog der wundersüße Schall
den grünen Wald entlang.
Und wie er klang, da stieg im Kreis
aus tausend Kelchen Duft,
und alle Wipfel rauschten leis',
und leiser ging die Luft;
die Bäche schwiegen, die noch kaum
geplätschert von den Höh'n,
die Rehlein standen wie im Traum
und lauschten dem Getön.
Und hell und immer heller floß
der Sonne Glanz herein,
um Blumen, Wald und Schlucht ergoß
sich goldig roter...
Emanuel Geibel
Krokodilromanze
Ich bin ein altes Krokodil
Und sah schon die Osirisfeier;
Bei Tage sonn ich mich im Nil,
Bei Nacht am Strande leg ich Eier.
Ich weiß mit listgem Wehgekreisch
Mir stets die Mahlzeit zu erwürken;
Gewöhnlich freß ich Mohrenfleisch
Und sonntags manchmal einen Türken.
Und wenn im gelben Mondlicht rings
Der Strand liegt und die Felsenbrüche,
Tanz ich vor einer alten Sphinx,
Und lausch auf ihrer Weisheit Sprüche.
Die Klauen in den Sand gepflanzt,
Tiefsinnig spricht sie:...
Emanuel Geibel
Bleich war das Kind zu nennen – geboren im Schoße der Armut,
Ward er aus Mitleid genährt, fast nur aus Mitleid gepflegt.
Bald doch wuchs er heran. Von hohen Zielen getragen,
Schlug er mutig sich durch als der Bedrückten Prophet.
Furchtlos nun schaut er in die Tiefe, drin seine Feinde versinken,
Feinde der Gleichheit, des Rechts, Feinde der Bildung, des Lichts.
Und er wird siegen, muß siegen – das Banner der Zukunft ihm reichend,
Will es die Logik der Zeit, fordert's der Mehrheit Geschick.
August Geib
Love-Story
Der DER war verliebt in die DIE.
Er wollte es ihr sagen – nur wie?
Lady Die, sagte er
ein Er liebt Sie sehr!
Aber wer, fragte Die, etwa Sie?
Dann tanzten sie beide, der Der und die Die,
und sie sagten sich bald nicht mehr Sie.
Und wissen Sie was –
neulich schrieben sie, der Der und die Die:
Wir freuen uns über die Geburt unseres DAS.
Brigitte Fuchs