Natur Zitate (Seite 28)
Nacht flieht, – der krause Dunst der Berge fällt
Und schmilzt zu Gold, und Licht erweckt die Welt!
Ein neuer Tag schwellt die Vergangenheit,
Ein neuer Schritt ans Ende unsrer Zeit; –
Nur die Natur steht neugeboren auf;
Die Erde lebt, die Sonn' eilt ihren Lauf,
Im Strom ist Frische, Glanz im Morgenstrahl,
Labsal im Winde, Blumenduft im Tal.
Gottgleicher Mensch, sieh diesen Glorienschein
Der Dinge an und juble: sie sind dein!
Lord George Gordon Noel Byron
Der Winter ging, der Sommer kam,
er bringt aufs Neue wieder
den viel beliebten Wunderkram
der Blumen und der Lieder.
Wie das so wechselt Jahr um Jahr,
betracht ich fast mit Sorgen.
Was lebte, starb, was ist, es war,
und heute wird zu morgen.
Stets muss die Bildnerin Natur
den alten Ton benutzen
im Haus und Garten, Wald und Flur
zu ihren neuen Skizzen.
Wilhelm Busch
Gestern war in meiner Mütze
Mir mal wieder was nicht recht;
Die Natur schien mir nichts nütze
Und der Mensch erbärmlich schlecht.
Meine Ehgemahlin hab' ich
Ganz gehörig angeblärrt,
Drauf aus purem Zorn begab ich
Mich ins Symphoniekonzert.
Doch auch dies war nicht so labend,
Wie ich eigentlich gedacht,
Weil man da den ganzen Abend
Wieder mal Musik gemacht.
Wilhelm Busch
Nicht artig
Man ist ja von Natur kein Engel,
vielmehr ein Welt- und Menschenkind,
und ringsumher ist ein Gedrängel
von solchen, die dasselbe sind.
In diesem Reich geborner Flegel,
Wer könnte sich des Lebens freun,
Würd' es versäumt, schon früh die Regel
Der Rücksicht kräftig einzubläun.
Es saust der Stock, es schwirrt die Rute.
Du darfst nicht zeigen, was du bist.
Wie schad, o Mensch, daß dir das Gute
Im Grunde so zuwider ist!
Wilhelm Busch
Sinnenliebe
Ein Honigvöglein, weich und zart,
Ist leichte Sinnenliebe;
Von Schmetterlings- und Bienenart
Sind ihre Nahrungstriebe.
Nur für den Lenz hat die Natur
Dies Flatterkind geboren;
Im Lenze lebt und webt sie nur,
Gehegt, gepflegt von Floren.
Kaum dürftest du im Sommer ihr
Das Leben noch erhalten;
Doch untern Händen wird sie dir
Gewiß im Herbst erkalten.
Autumnus' volles Segenshorn
Wirst du umsonst ihr bieten;
Es nähret sie, statt Wein und Korn,
Nur Duft und Thau der Blüten.
Gottfried August Bürger
Seufzer eines Ungeliebten
Hast du nicht Liebe zugemessen
Dem Leben jeder Kreatur?
Warum bin ich allein vergessen,
Auch meine Mutter du! Natur?
Wo lebte wohl in Forst und Hürde,
Und wo in Luft und Meer ein Tier,
Das nimmermehr geliebet würde? -
Geliebt wird alles außer mir!
Wenngleich in Hain und Wiesenmatten
Sich Baum und Staude, Moos und Kraut
Durch Lieb und Gegenliebe gatten;
Vermählt sich mir doch keine Braut.
Mir wächst vom süßesten der Triebe
Nie Honigfrucht zur Lust...
Gottfried August Bürger
Gebet auf den Bergen
Die Berge sind die Festaltäre,
Darauf der Sonne Feuer rollt,
Wo edler Herzen freud'ge Zähre
Das Opfer frommen Dankes zollt.
Ich knie' auf deinen stillen Hügeln,
Natur! von dir allein belauscht,
Und betend fühl ich, daß auf Flügeln
Der Geist der Liebe mich umrauscht.
Wie sich dem Sohn aus Judas Stamme
Der Herr im Feuerbusch gezeigt,
So in des Waldes grüner Flamme
Seh' ich dein Wesen mir geneingt.
Im Spiegel jener klaren Flüsse
Erkenn' ich deines Auges Licht,
Und in der...
Adolf Böttger
Zwei Sprüche für Prüde:
Die Sittlinge müssen sich immer genieren,
Wenn Einer recht herzhaft von Liebe spricht.
Sie denken halt immer ans »Amüsieren«,
An des Rätsels Heiligkeit denken sie nicht.
Natur, mein Freund, ist immer sittlich.
Der Staatsanwalt freilich ist unerbittlich.
Jüngst hat er ein Andachtsbuch konfisziert,
Weil sich zwei Fliegen drauf kopuliert.
Otto Julius Bierbaum