Nacht Zitate (Seite 53)
Gründer
Geschäftig sind die Menschenkinder,
Die große Zunft von kleinen Meistern,
Als Mitbegründer, Miterfinder
Sich diese Welt zurechtzukleistern.
Nur leider kann man sich nicht einen,
Wie man das Dinge am besten mache.
Das Bauen mit belebten Steinen
Ist eine höchst verzwickte Sache.
Welch ein Gedrängel und Getriebe
Von Lieb und Haß bei Nacht und Tage,
Und unaufhörlich setzt es Hiebe,
Und unaufhörlich tönt die Klage.
Gottlob, es gibt auch stille Leute,
Die meiden dies Gewühl und...
Wilhelm Busch
Karneval
Auch uns, in Ehren sei's gesagt,
Hat einst der Karneval behagt,
Besonders und zu allermeist
In einer Stadt, die München heißt.
Wie reizend fand man dazumal
Ein menschenwarmes Festlokal,
Wie fleißig wurde über Nacht
Das Glas gefüllt und leer gemacht,
Und gingen wir im Schnee nach Haus,
War grad die frühe Messe aus,
Dann können gleich die frömmsten Frau'n
Sich negativ an uns erbau'n.
Die Zeit verging, das Alter kam,
Wir wurden sittsam, wurden zahm.
Nun sehn wir zwar noch...
Wilhelm Busch
An die Mutter
O du, die mir die Liebste war,
du schläfst nun schon so manches Jahr.
So manches Jahr, da ich allein,
du gutes Herz, gedenk ich dein.
Gedenk ich dein, von Nacht umhüllt,
so tritt zu mir dein treues Bild.
Dein treues Bild, was ich auch tu,
es winkt mir ab,
es winkt mir zu.
Und scheint mein Wort dir gar zu kühn,
nicht gut mein Tun,
du hast mir einst so oft verziehn,
verzeih auch nun.
Wilhelm Busch
Noch bin ich ein Kind
Noch fühl ich nur Unschuld und Freuden
Und weiß nicht was Leiden
Und Kümmernis sind.
Noch sehe ich die Welt
So lachend wie Blumengefilde
Voll göttlicher Milde,
Die Alles erhält.
Ich kenne noch nicht
Des Lebens betäubende Sorgen
Die Nacht und der Morgen
Hat Freud im Gesicht!
O lass mich als Kind,
Gott! Leben und Dasein empfinden
Und Seligkeit finden,
Wo Tugenden sind!
Gottlob Wilhelm Burmann
Das neue Leben
Eia! Wie so wach und froh,
Froh und wach sind meine Sinnen!
O vor welcher Sonne floh
Meines Lebens Nacht von hinnen?
Wie so holden Gruß entbot
Mir das neue Morgenroth!
Aus Aurorens goldnem Thor
Schweben Himmelsphantasieen.
Überall vernimmt mein Ohr
Neue Wonnemelodien.
Nie gefühlte Frühlingsluft
Weht mich an mit Balsamduft.
Bin ich dem Olymp so nah?
Kost' ich schon der Götter Mahle?
Speiset mich Ambrosia?
Tränket mich die Nektarschale?
Reicht die junge Hebe gar
Mir den Wein des...
Gottfried August Bürger
Denn die Geister hoher Weisen schweben
Nicht in Nacht sich hüllend aus dem Leben
In die Wohnung der Vergessenheit.
Ihre Weisheit waltet fort hier oben;
Ihrer Weisheit Götterwerke loben
Die Entschwebten bis in Ewigkeit.
Preis und Dank für ehrenwerte Taten;
Preis und Dank für das, was sie geraten,
Was sie wohl geordnet, wohl bestellt;
Für die Fackel, die sie hoch gehalten,
Die des Irrtums Chaos zu gestalten
Wandelloser Wahrheit aufgehellt.
Gottfried August Bürger
Nyt Eiges meh.
Was wie-n-e Flamme-n-uf mym Scheitel rueht,
Du bisch die Glueth!
Was wie-n-e helli Wulke-n-um mi wallt,
Du bisch die Gwalt!
Und s'Morgeroth schynt dur e Rosehag,
Du bisch der Tag!
Und d'Sterne glänze-n-in der hellste Pracht,
Und Du bisch d'Nacht!
Es ghört mer weder Denke, Gseh noch Thue
Meh eige zue, –
Wer het mi au mit Allem was i bi
Verschenkt an Di?
Jakob Christoph Burckhardt
So tief verwundet ist dies Herz
So tief verwundet ist dies Herz –
Es möchte sich in Nacht versenken,
Nicht sehen, hören und nicht denken,
Nur fühlen seinen bitt'ren Schmerz!
So kostet' es ihn bis zum Grund,
Es müßte langsam sich verbluten,
Und aus den ausgebrannten Gluthen
Erhöb' es sich vielleicht gesund.
Nun aber wird der laute Tag,
Der ihn geschäftig will zerstören,
Des Herzens Qual nur noch vermehren,
Nicht stark es machen, sondern schwach.
Doch sei's getragen – nach dem Wie
Nicht fragt...
Luise Büchner
Nachtgang
Wir gingen durch die stille milde Nacht,
dein Arm in meinem, dein Auge in meinem.
Der Mond goß silbernes Licht über dein Angesicht,
wie auf Goldgrund ruhte dein schönes Haupt.
Und du erschienst mir wie eine Heilige,
mild, mild und groß und seelenübervoll,
heilig und rein wie die liebe Sonne.
Und in die Augen schwoll mir ein warmer Drang,
wie Tränenahnung.
Fester faßt' ich dich und küßte, küßte dich ganz leise.
Barthold Hinrich Brockes
Wer ein Liebchen hat gefunden,
Die es treu und redlich meint,
Lohn' es ihr durch tausend Küsse,
Mach' ihr all das Leben süß,
Sei ihr Tröster, sei ihr Freund!
Trallalera, trallalera!
Doch sie treu sich zu erhalten,
Schließ' er Liebchen sorglich ein;
Denn die losen Dinger haschen
Jeden Schmetterling und naschen
Gar zu gern von fremden Wein.
Trallalera, trallalera!
Sonderlich beim Mondenscheine,
Freunde, nehmt sie wohl in Acht!
Oft lauscht da ein junges Herrchen,
Klirrt und lockt das kleine...
Christoph Friedrich Bretzner
Eingang
Was reif in diesen Zeilen steht,
was lächelnd winkt und sinnend fleht,
das soll kein Kind betrüben;
die Einfalt hat es ausgesät,
die Schwermut hat hindurchgeweht,
die Sehnsucht hat's getrieben.
Und ist das Feld einst abgemäht,
die Armut durch die Stoppeln geht
sucht Ähren, die geblieben;
sucht Lieb, die für sie untergeht,
sucht Lieb, die mit ihr aufersteht,
sucht Lieb, die sie kann lieben.
Und hat sie einsam und verschmäht
die Nacht durch, dankend in Gebet,
die Körner...
Clemens Brentano
Alles in dir
Du lehrest mich die Lieder singen,
Du hauchest den Gesang mir ein,
Du leihst der Seele höhre Schwingen;
Wer giebt mir Lieder? du allein.
In dir empfind' ich nur das Leben,
Du rufst die Seele aus dem Nichts,
Du giebst mir Glauben, giebst mir Streben,
Trägst mich hinauf in's Reich des Lichts.
O sage mir, mein hoher Meister,
Was ich dir opfernd weihen mag!
Im unermessnen Reich der Geister
Zieht dir, nur dir mein Wesen nach.
Befiehl, ich gehe in's Verderben,
In Nacht und Graus und...
Helene Branco, Pseudonym Dilia Helena
Du klarer Stern, der…
Du klarer Stern, der meine Nacht
Mit freud'gem Kuß hinweggelacht,
Wer je dich sah, vergißt dich nicht.
Wo gingst du hin, du schönes Licht?
Ich suche dich auf Berg und Höhn;
Denn ach! – Du warst so schön, so schön!
In deines Augens mildem Glanz
Verlor sich meine Seele ganz.
Und im Verlust ward mir erst klar,
Daß in mir Geist und Leben war.
Nun such ich mich in dir, mein Stern,
Doch ach! – Du bist so fern, so fern!
Adolf Böttger
Der Bäume Wintertraum
Frieren und zittern die Bäume
Starrend im Winterrock,
Webt ihre Seele Träume
Unten im Wurzelstock.
Spinnt und webt in der langen
Dämmernden Winterzeit
sich aus Farben und Prangen
Bräutlich ein Frühlingskleid.
Steigt zu des Lenzes Festen
Heimlich im Stamm empor:
Wunderbar schiebt aus den Ästen
Traumhaft, ihr Kleid sich hervor.
Legt, was in Nacht sie gewoben,
Strahlend und froh an den Tag!
Jubelt die Sonne nicht oben,
Unten der Waldfinken Schlag?
Jakob Boßhart