Mutter Zitate (Seite 10)
Die heilige Nacht
So ward der Herr Jesus geboren
Im Stall bei der kalten Nacht.
Die Armen, die haben gefroren,
Den Reichen ward's warm gemacht.
Sein Vater ist Schreiner gewesen,
Die Mutter war eine Magd.
Sie haben kein Geld nicht besessen,
Sie haben sich wohl geplagt.
Kein Wirt hat ins Haus sie genommen:
Sie waren von Herzen froh,
Daß sie noch in Stall sind gekommen.
Sie legten das Kind auf Stroh.
Die Engel, die haben gesungen,
daß wohl ein Wunder gescheh'n.
Da kamen die Hirten gesprungen
Und...
Ludwig Thoma
Oft stellt sich jene Zeit mir dar,
wo ich ein frohes Kind noch war
und oft am knisternden Kamin
mich wiegte auf des Vaters Knien.
Und wenn der Abend still genaht,
die Mutter um ein Märchlein bat,
wo sie dann freundlich ausgestellt
vor meinem Blick die Zauberwelt:
Mit Bäumen, welche ewig grünen,
mit Blumen, welche nie verblüh'n,
mit Schlössern von Diamantenstein,
mit Rittern, Riesen, Zwergen, Fei'n.
Julius Karl Reinhold Sturm
Im März
Plop – plop – plop –
es tropft vom Dach,
das letzte Eis zerrinnt;
und auf der Wiese
drängt mit Macht
aus harter Kruste
zartes Grün.
Die Sonne streift
mit sanfter Hand –
wie eine Mutter
ihres Kindes Scheitel –
das Feld, den Wald,
geliebtes Land.
Die Träne fließt:
das Eis wird Wasser,
das Wasser braust
wie Donnerhall
über die Felsenwand
und braust und rauscht
und fällt ins Tal.
Ingrid Streicher
Frauen-Ritornelle
Blühende Myrte –
Ich hoffte süße Frucht von dir zu pflücken;
Die Blüte fiel, nun seh ich, daß ich irrte.
Schnell welkende Winden –
Die Spur von meinen Kinderfüßen sucht ich
An eurem Zaun, doch konnt ich sie nicht finden.
Muskathyazinthen –
Ihr blühtet einst in Urgroßmutters Garten;
Das war ein Platz, weltfern, weit, weit dahinten.
Dunkle Zypressen –
Die Welt ist gar zu lustig:
Es wird doch alles vergessen.
Theodor Storm
Das Leben ach! – O Mutter, bleib am Leben!
Spinn noch dies schöne alte Märchen fort
und teil mit uns, was du uns ja gegeben.
Es ist so traut im alten Lehnstuhl dort,
wenn ich die Hände leg' in deine Hände,
wenn sich dein Herz auf alte Zeiten besinnt;
o sag: Noch ist das Märchen nicht zu Ende –
und ich will lauschen – wie ein selig Kind.
Karl Stieler
Winter
Nun hüllt in stille Wintertrauer
Die Erde sich mit ihrer Lust
Und nimmt zum Schutz vor kaltem Schauer
Die müden Kinder an die Brust.
Auf all die schlummernden Gestalten,
Daß sie kein eis'ger Hauch mehr schreckt,
Und um dem Lenz sie zu erhalten,
Hat Gott ein wärmend Kleid gedeckt.
Da liegen sie in holden Träumen
Am Herzen ihrer Mutter still,
Bis sie ein Ruf zu neuem Keimen,
Zu schönerm Los sie wecken will.
Franz Xaver Seidl
Fünfzehn
Jahre bin ich alt,
enttäuscht,
unglücklich verliebt.
Mein ganzes Weltbild ist mal wieder–
zusammengebrochen.
Alle gleich!
Meine Mutter sieht
mich lächelnd an,
streicht mir über die Haare
und bemerkt kopfschüttelnd:
"Kind, Kind…
Wenn du dich anlehnen willst,
halt dich nicht an einem Mann fest.
Such dir ein Geländer.
Ute Maria Seemann
Stilles Glück
Abends, wenn die Kinder mein
Mit der Mutter beten,
Pfleg' ich an ihr Kämmerlein
Still heranzutreten.
Leise lausch' ich an der Thür
Ihrem Wort von ferne;
Ob sich's gleiche für und für,
Hör' ich es doch gerne.
Und wenn Alles nachgelallt
Mägdlein und Bube,
Wenn das Amen leis' verhallt,
Tret' ich in die Stube.
Wenn sie dann so lieb und warm
Gute Nacht mir nicken,
Mit dem weichen Kindesarm
Mich zum Kuß umstricken –
O dann muß im Kämmerlein
Wohl mein Herz sich regen:
Linde strömt es...
Adolf Schults
Nun leb wohl du kleine Gasse
Nun leb' wohl, du kleine Gasse
nun ade, du stilles Dach!
Vater, Mutter sahn mir traurig
und die Liebste sah mir nach
Hier in weiter, weiter Ferne
wie's mir nach der Heimat zieht!
Lustig singen die Gesellen
doch es ist das falsche Lied.
Andre Städtchen kommen freilich
andre Mädchen zu Gesicht, ach!
wohl sind es andre Mädchen
doch die Eine ist es nicht.
Andre Städtchen, andre Mädchen
ich da mittendrin so stumm!
Andre Städtchen, andre Mädchen
o wie gerne kehrt' ich um!
Albert Graf Schlippenbach
Was ist ein Weib? Die Mutter allen Lebens,
Ein Rosenstrauch, der tausend Knospen trägt,
Der Aufblick jenes edlen kühlen Strebens,
Ein Blumenbeet, das tausend Keime hegt;
Ein stiller See, aus dem die zweite Sonne
So hell, wie die vom Dom des Himmels, grüßt;
Ein lieblich Tal, das zweier Seelen Wonne
Mit seines Friedens süßem Traum umschließt;
Ein milder Sommerhauch in Herbstes Tagen;
Im Winterfrost ein warmer Frühlingsstrahl;
Ein lichter Trost, wenn traurig und zerschlagen
Die Seele ringt in...
Otto Schlapp
Parabeln und Rätsel
Die sechs Geschwister, die freundlichen Wesen,
Die mit des Vaters feuriger Gewalt
Der Mutter sanften Sinn vermählen,
Die alle Welt mit Lust beseelen,
Die gern der Freude dienen und der Pracht,
Und sich nicht zeigen in dem Haus der Klagen,
Die Farben sinds, des Lichtes Kinder und der Nacht.
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Nachtigall
Wenn ich zur Nacht aus dem Wirtshaus hinke,
Wo ich Geld und Verstand vertrinke,
Wie meine Mutter und teure Magen
Mir des öftern belieben zu sagen:
Dann hör ich wohl auch, wie Tausende schon,
Der Nachtigall lüsternen Klageton:
Das zittert so hell aus lauterer Kehle
Und dringt so hinein in die Menschenseele.
Da steh ich auf altem Paradeplatze,
hängenden Schweifes schleicht eine Katze -
Und ich denk an mein weibliches Ideal,
Das aus hundert Weibern zusammen ich stahl –...
Ludwig Scharf