Müde Zitate (Seite 45)
Den Mathematiker, der in den Regionen des Unendlichen schweift und in der Abstractionswelt die wirkliche verträumt, jagt der Hunger aus seinem intellectuellen Schlummer empor; den Physiker, der die Mechanik des Sonnensystems zergliedert und den irrenden Planeten durch's Unermeßliche begleitet, reißt ein Nadelstich zu seiner mütterlichen Erde zurück; den Philosophen, der die Natur der Gottheit entfaltet und wähnt, die Schranken der Sterblichkeit durchbrochen zu haben, kehrt ein kalter...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Bruder, ich habe die Menschen gesehen, ihre Bienensorgen und ihre Riesenprojekte – ihre Götterpläne und ihre Mäusegeschäfte, das wunderseltsame Wettrennen nach Glückseligkeit; – dieser dem Schwung des Rosses anvertraut – ein anderer der Nase seines Esels, ein dritter seinen eigenen Beinen; dieses bunte Lotto des Lebens, worin so mancher seine Unschuld und seinen Himmel setzt, einen Treffer zu haschen und – Nullen sind der Auszug – am Ende war kein Treffer darin. Es ist ein Schauspiel, das...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Die interessantesten Zeiten des Menschendaseins sind nicht die, in welchen man sich der Täuschung hingibt, sein Leben selbst führen zu können, nach rechts oder links abzuweichen, zu beharren oder aufzugeben, sondern die, in denen man die Flügel des Schicksals deutlich über seinem Kopf rauschen hört. Trotz aller möglichen Unruhe und Ahnung sind diese auch, so widerspruchsvoll das klingen mag, das eigentliche Leben.
Wilhelm Raabe
Klage
Mich jammert dein, du armer, armer Stern,
geschaffen einst wie alle andern Welten,
daß dein Geschlecht dies möge Gott, dem Herrn,
durch Liebessinn und Liebestat vergelten.
Nun wartet er von Anbeginn der Zeit
bis heutgen Tags, doch wartet er vergebens.
Es scheint, als sei ununterbrochner Streit
der erste und der letzte Zweck des Lebens.
Die Sonne sendet Fluten dir des Lichts,
daß dir das Herz erwärmt, geöffnet werde;
von Liebe aber, Liebe, sieht sie nichts;
wo hast du deinen Dank,...
Karl May
Alle männlichen Bestrebungen beruhen auf der tiefen Verehrung des Allgemeinen. Selbst Stolz und Ehrfurcht des Mannes ist nicht befriedigt durch grundlose Gewährung, sondern sein Anspruch beruht auf dem Betrag allgemein anzuerkennender Vorzüge, die er in sich zu vereinigen glaubt.
Rudolf Hermann Lotze