Müde Zitate (Seite 36)
Das Pferd macht den Mist im Stall, und obgleich der Mist einen Unflat und Stank an sich hat, so zieht dasselbe Pferd doch den Mist mit großer Mühe auf das Feld, und daraus wächst sodann schöner Weizen und der edle, süße Wein, der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da. Also trage deinen Mist – das sind deine Gebrechen, die du nicht abtun, ablegen noch überwinden kannst – mit Mühe und mit Fleiß auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit deiner selbst. Es wächst ohne...
Johannes Tauler
Wenn man ein einigermaßen ruhiges Leben haben möchte, sollte man sich so früh wie möglich damit abfinden, daß die Leute 100 Mal mehr über einen sprechen und 1000 Mal mehr über einen denken, als man sich in seinen kühnsten Vorstellungen ausmalen kann.
Noch besser ist es, wenn man dabei mit einbezieht, daß mindestens 95% des Geredes und der Gedanken schlicht und ergreifend nicht einmal einen winzigen Bruchteil der Wahrheit enthalten.
Paul Martin Schmidt
Ist es möglich, daß man trotz Erfindungen und Fortschritten, trotz Kultur, Religion und Weltweisheit an der Oberfläche des Lebens geblieben ist? Ist es möglich, daß man sogar diese Oberfläche, die doch immerhin etwas gewesen wäre, mit einem unglaublich langweiligen Stoff überzogen hat, so daß sie aussieht wie die Salonmöbel in den Sommerferien?
Rainer Maria Rilke
Das Leben besteht überhaupt nur aus wenig und seltenem Wichtigen. Die kleinen Beziehungen des Tages hingegen reihen sich zu Stunden, Wochen und Monaten und machen am Ende das Leben mit seinem Glück und Unglück aus. Darum ist die mündliche Unterhaltung so viel besser als die schriftliche, weil man sich das Unbedeutendste sagt und wenig findet, was zu schreiben der Mühe wert wäre.
Helmuth Graf von Moltke
Wichtig ist die Sorgfalt, welche Eheleute anwenden müssen, wenn sie sich so täglich sehn und sehn müssen und also Muße und Gelegenheit genug haben, einer mit des andern Fehlern und Launen bekannt zu werden und selbst durch die kleinsten derselben manche Ungemächlichkeit zu leiden - wichtig ist es, Mittel zu erfinden, sich dann nicht gegenseitig lästig, langweilig, nicht kalt, gleichgültig gegeneinander zu werden oder gar Ekel und Abneigung zu empfinden. Hier ist also weise Vorsicht im Umgange...
Adolph Freiherr von Knigge