Moderne Zitate (Seite 5)
Eigentlich ist die Menschheit sehr ›altmodisch‹. Wir hören alte Musik, weil die neue mies ist. Wir schauen uns alte Bilder an, weil die moderne Kunst nur ›alt ausschaut‹. Wir lesen alte Klassiker und schauen uns Stummfilme an, weil die neuen außer hohen Kosten nicht viel hergeben. Am TV schauen wir Bonanza, weil Big Brother der Gipfel an TV-Verblödung darstellt. Wir tragen alte Kleider, weil es ›in‹ ist. Wir fahren in alten Autos, weil die eben noch schön waren. Und wir halten uns an alte...
Stefan Wittlin
Antik und modern
Alte, neue Poesie, –
Was ist d'rüber nicht zu lesen!
G'rade so, als wären sie
Eines nicht im tiefsten Wesen!
G'rade so, als wenn der Strahl,
Den Horaz einst liebvoll hegte,
Heute nicht wie dazumal
In des Dichters Brust sich regte!
Laßt ihr Guten! immerhin
Eure Silbenstecherfehde.
Alt und neu hat keinen...
Betty Paoli
Man kann sich keinen Reim drauf machen,
heißt, man versteht nichts von den Sachen.
Sagt man jedoch, es sei ein wahres Gedicht,
dann findet man's Spitze, oder nicht?
Doch wenn ich moderne Gedichte sehe,
ich gerne an die Decke gehe…
Es reimt nichts mehr, es dichtet nur,
statt ein Gedicht, nur Wortmixtur.
Erhard Blanck
Entwicklungsgrenze
Nicht schreckt mehr die moderne Frau
Der schwierigste Beruf des Mannes!
Was immer einer leisten mag,
Das echte Überweib auch kann es!
Bald gibt es keine Wissenschaft
Und keine Tätigkeit auf Erden,
In der die Mitbewerberin
Gefährlich nicht beginnt zu werden.
Jurisprudenz und Medizin,
Astronomie selbst und so weiter
Sind ihr bequeme Sprossen nur
Auf geistiger Entwicklungsleiter. –
Wer sagts voraus, wie weit sie noch
Uns als Rivalin überflügelt,
Wenn Mitleid mit dem schwachen...
Maximilian Bern
Paris ist zu drei Vierteln amerikanisiert, Wien verbudapestet: immer mehr verdunstet das feine Aroma des Besonderen in den Kulturen, immer rascher blättern die Farben ab und unter der zersprungenen Firnisschicht wird der stahlfarbene Kolben des mechanischen Betriebes, die moderne Weltmaschine, sichtbar.
Stefan Zweig