Menschen Leben Zitate (Seite 25)
Warum verzeihe ich einem Menschen? Die gewöhnliche Ethik sagt, weil ich Mitleid mit ihm habe. Sie läßt die Menschen sich im Verzeihen furchtbar gut vorkommen und erlaubt ihnen, Verzeihen zu üben, das von Demütigung des andern nicht frei ist. So macht sie Verzeihen zu einem süßen Triumph der Hingebung. Mit dieser ungeläuterten Ansicht räumt die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben auf. Alle Nachsicht und alles Verzeihen ist ihr eine durch die Wahrhaftigkeit gegen sich selbst erzwungene Tat.
Albert Schweitzer
Immer von neuem und in immer originaler Weise setzt die absolute Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben sich im Menschen mit der Wirklichkeit auseinander. Sie tut die Konflikte nicht für ihn ab, sondern zwingt ihn, sich in jedem Falle selber zu entscheiden, inwieweit er ethisch bleiben kann und inwieweit er sich der Notwendigkeit von Vernichtung und Schädigung von Leben unterwerfen und damit Schuld auf sich nehmen muß.
Albert Schweitzer
Gewiß: Es ist noch Religion in den christlichen Kirchen wie im Volk. Es gibt viele nach Frömmigkeit strebende Menschen in unserer Zeit. Die Religion leistet noch etwas. Sie hat Werke der Wohltätigkeit aufzuweisen, auf die sie stolz sein darf. Es sind auch viele religiöse Bedürfnisse unter den Menschen, die der Kirche nicht mehr oder kaum mehr angehören. Aber an der Feststellung, daß die Religion keine geistige Macht mehr in unserem geistigen Leben ist, wird dadurch nichts geändert.
Albert Schweitzer
Es gibt nur einen Grundbegriff des Guten, der uns leiten und uns die Pflichten gegen uns und die andern aufzeigen kann: Das Erfülltsein vom Geheimnis des Lebens und von der Ehrfurcht vor dem Leben. Mit diesem Begriff kommen wir weiter. Wir werden andere Menschen. Wir kommen den Dingen auf den Grund.
Albert Schweitzer
Elementar ist das Denken, das von den fundamentalen Fragen des Verhältnisses des Menschen zur Welt, des Sinnes des Lebens und des Wesens des Guten ausgeht. In unmittelbarer Weise steht es mit dem sich in jedem Menschen regenden Denken in Verbindung. Es geht auf es ein und erweitert und vertieft es.
Albert Schweitzer
Durch die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben gelangen wir in ein geistiges Verhältnis zum Universum. Die Verinnerlichung, die wir durch sie erleben, verleiht uns den Willen und die Fähigkeit, eine geistige, ethische Kultur zu schaffen, durch die wir in einer höheren Weise als der bisherigen in der Welt daheim sind und in ihr wirken. Durch die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben werden wir andere Menschen.
Albert Schweitzer
Die in dem denkend gewordenen Willen zum Leben entstandene Ehrfurcht vor dem Leben enthält Welt- und Lebensbejahung und Ethik ineinander und miteinander. Sie geht darauf aus, Werte zu schaffen und Fortschritte zu verwirklichen, die der materiellen, geistigen und ethischen Höherentwicklung des Menschen und der Menschheit dienen.
Albert Schweitzer
Die Entwicklung der Kultur hängt davon ab, daß der einzelne Ideale ausdenkt, welche den Fortschritt des Ganzen zum Ziele haben, und sie so zu den Wirklichkeiten des Lebens in Beziehung setzt, daß sie Gestalt annehmen, in welcher sie die Verhältnisse der Zeit am wirksamsten beeinflussen können. Wieviele Menschen denken heute Ideale aus, welche den Fortschritt des Ganzen zum Ziele haben, und wenden sie auf die Wirklichkeiten des Lebens an?
Albert Schweitzer