Mensch Zitate (Seite 47)
Das Infusorium
War einst ein Infusorium -
Es war das grösste um und um
in seinem Wassertropfen.
Es saß und dacht': "Wer gleichet mir?
Was bin ich für ein riesig Thier!
Ich bin so groß! - So weit man sicht,
Erschaut man meinesgleichen nicht!"
Kam eine Maus an diesen Ort
die hatte Durst und trank sofort
den ganzen Wassertropfen.
Mit sammt den Infusorien all
fünfhunderttausend auf ein Mal.
Gar mancher Mensch ist solch ein Tor,
wie dieser brave Infusor.
Heinrich Seidel
Das Leben ist schön
Für Menschen, die sehn
Das Auge, das sieht
Die Rose, die blüht
Das Ohr, das dich hört
Die Hand, die dich nährt
Der Ort, wo du weilst
Der Kummer, den du teilst
Die Hand, die du reichst
Der Stein, den du weichst
Das Wort, das du sagst
Der Schritt, den du wagst
Der Brief, den du liest
Der Nachbar, der grüßt
Das Lied, das du singst
Das Opfer, das du bringst
Die Last, die du trägst
Die Brücke, die du schlägst
Der Brief, den du schreibst
Der Sport, den du treibst
Der...
Jutta Schulte
Wo ist der Mann von also hohem Glücke,
Der so sich könnte rühmend überheben:
"Ich geh' allein in eigner Kraft durch Leben,
Des Stabes nicht bedürftig, noch der Krücke."
Das Thongefäß von kurz belebtem Staube,
Der arme Mensch, er hat im Weltgetriebe
Zu Stützen nötig vor des Schicksals Raube:
Den Baum des Glaubens, trotzend jedem Hiebe,
Der Hoffnung Stab von immergrünem Laube,
Die Hand der Freundschaft und den Arm der Liebe!
J. Schrott
Mitten im Netz
Mitten im Netz
der eigenen Gedanken
gefangen von Seilen
die fester werden
je mehr du versuchst
das Netz zu zerstören
Sträfling in der Zelle Mensch
an den Füßen
große Kugeln
aus Stahl
die dir
von der Vergangenheit erzählen
doch wenn du
einen Stuhl findest
der Liebe heißt
kannst Du aus dem Fenster sehen
die Sonne umarmen
und das Netz liegt
regungslos
hinter dir
Engelbert Schinkel
Licht und Wärme
Der bessre Mensch tritt in die Welt
Mit fröhlichem Vertrauen,
Er glaubt, was ihm die Seele schwellt,
Auch außer sich zu schauen,
Und weiht, von edlem Eifer warm,
Der Wahrheit seinen treuen Arm.
Doch alles ist so klein so eng,
Hat er es erst erfahren,
Da sucht er in dem Weltgedräng
Sich selbst nur zu bewahren,
Das Herz in kalter stolzer Ruh
Schliesst endlich sich der Liebe zu.
Sie geben, ach! nicht immer Glut
Der Wahrheit helle Strahlen,
Wohl denen, die des...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht;
Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
Wenn unerträglich wird die Last, greift er
Hinauf getrosten Mutes in den Himmel
Und holt herunter seine ew'gen Rechte,
Die droben hangen unveräußerlich
Und unzerbrechlich, wie die Sterne selbst.
Der alte Urstand der Natur kehrt wieder,
Wo Mensch dem Menschen gegenübersteht.
Zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr
Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben.
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Hoffnung
Es reden und träumen die Menschen viel
Von bessern künftigen Tagen,
Nach einem glücklichen, goldenen Ziel
Sieht man sie rennen und jagen.
Die Welt wird alt und wird wieder jung,
Doch der Mensch hofft immer Verbesserung!
Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
Den Jüngling locket ihr Zauberschein,
Sie wird mit dem Greis nicht begraben,
Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
Noch am Grabe pflanzt er - die Hoffnung auf.
Es ist kein leerer...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
O Mensch, schau hin und klage
Fortan im Unglück nicht!
Du siehst: was wären Tage
Voll lauter Sonnenlicht?
Damit zu reichem Segen
Der Frühlingskeim erwacht,
Gibt ihm der Himmel Regen,
Gibt ihm der Himmel Nacht.
Und daß zu voller Schöne
Erblüh' des Menschen Herz,
Schickt uns ein Gott die Träne,
Schickt uns ein Gott den Schmerz.
Ernst Scherenberg
Das Wunder im Park
Ein dumpfer Mensch saß unter Bäumen
und nährte Bitterkeit und Groll,
statt seine Galle fortzuräumen
und froh zu atmen, wie man soll.
Da kam ein Blinder, seltsam leise
hintastend im Bereich des Lichts,
und pfiff den Vögeln, Spatz und Meise,
und stand verzauberten Gesichts.
Wie Sankt Antonius streut' er Krumen,
entrückt und selig ganz und gar;
es schien, er reichte selbst den Blumen
und Baum und Himmel etwas dar.
Da war dem Traurigen, er finde
zum erstenmal des Lebens...
Peter Scher
Vorbei ist die Zeit, wo der Mensch noch nicht
Den Erdball unsicher machte,
Wo der Urwald unter dem Vollgewicht
Des Mammutfußtritts erkrachte.
Vergeblich spähst du in unserm Revier
Nach dem Löwen, dem Wüstensohne;
Es ist zu bedenken: wir leben allhier
In sehr gemäßigter Zone.
In Leben und Dichtung gehört das Feld
Nicht dem Großen und Ungemeinen;
Und immer schwächlicher wird die Welt,
Noch kommen die Kleinsten der Kleinen.
Sind wir Katzen verstummt, so singt die Maus,
Dann schnürt...
Joseph Victor von Scheffel