Meer Zitate (Seite 6)
Luftveränderung
Fahre mit der Eisenbahn,
fahre, Junge, fahre!
Auf dem Deck vom Wasserkahn
wehen deine Haare.
Tauch in fremde Städte ein,
lauf in fremde Gassen;
höre fremde Menschen schrein,
trink aus fremden Tassen.
Flieh Betrieb und Telefon,
grab in alten Schmökern,
sieh am Seinekai, mein Sohn,
Weisheit still verhökern.
Lauf in Afrika umher,
reite durch Oasen;
lausche auf ein blaues Meer,
hör den Mistral blasen!
Wie du auch die Welt durchflitzt
ohne Rast und Ruh –:
Hinten auf dem Puffer...
Kurt Tucholsky
Und als an das blaue Meer ich trat,
Da standen drei Männer drinnen,
Die spielten während des Bades Skat,
Und einer schien zu gewinnen.
Der Skat dabei auf dem Wasser schwamm.
Mich aber dünkte das wundersam.
Und als ich kam auf des Faulhorns Höh',
Wohl über Klippen und Grate,
Da fand ich drei Männer im ewigen Schnee,
Sie saßen schon lange beim Skate.
Der eine gab schon zum hundertsten Mal –
Da floh ich schaudernd hinab ins Thal.
Es sitzen da im geheimen Rath
Drei strenge Richter der Todten.
Sie...
Johannes Trojan
In Venedig
Stille im nächtigen Zimmer.
Silbern flackert der Leuchter
Vor dem singendem Odem
Des Einsamen;
Zaubrisches Rosengewölk.
Schwärzlicher Fliegenschwarm
Verdunkelt den steinernen Raum,
Und es starrt von der Qual
Des goldenen Tags das Haupt
Des Heimatlosen.
Reglos nachtet das Meer.
Stern und schwärzliche Fahrt
Entschwand am Kanal.
Kind, dein kränkliches Lächeln
Folgte mir leise im Schlaf.
Georg Trakl
Klage
Schlaf und Tod, die düstern Adler
Umrauschen nachtlang dieses Haupt:
Des Menschen goldnes Bildnis
Verschlänge die eisige Woge
Der Ewigkeit. An schaurigen Riffen
Zerschellt der purpurne Leib
Und es klagt die dunkle Stimme
Über dem Meer.
Schwester stürmischer Schwermut
Sieh ein ängstlicher Kahn versinkt
Unter Sternen,
Dem schweigenden Antlitz der Nacht.
Georg Trakl
Geh nicht vorüber am Erdenleid!
Das Auge offen, die Arme weit,
die Füße eilend und stark die Hand,
sei du ein Bote von Gott gesandt!
Geh nicht vorüber am Erdenleid!
Hörst du, wie einsam die Seele schreit?
Siehst du, wie heimlich die Träne rinnt?
Sei Gottes Bote und tröste lind!
Geh nicht vorüber am Erdenleid!
Das Meer der Leiden ist tief und weit,
so mancher ringt mit der dunklen Flut;
wirf ihm ein Seil zu und mach ihm Mut!
Eva von Tiele-Winckler
Gebet auf den Wassern
Die Nacht ist hehr und heiter,
Das Land ist weit, wie weit!
Es ruht das Meer in breiter
Smaragdener Herrlichkeit.
Mir ist zu Mut, als schliefe
Der Woge Grimm und Macht,
Und schwebte über der Tiefe
Der Herr durch die heilige Nacht.
Mir ist, als müßt' ich zur Stunde
Hinsinken tief und jäh
Zum grünsten Meeresgrunde,
O Herr, vor deiner Näh'!
Mir ist, als müßte hoch über
Mir ruhn die feuchte Gruft,
Und dieses Lied darüber
Wehen als Morgenluft.
Moritz Graf von Strachwitz
Schon ins Land der Pyramiden
Flohn die Störche übers Meer;
Schwalbenflug ist längst geschieden,
Auch die Lerche singt nicht mehr.
Seufzend in geheimer Klage
Streift der Wind das letzte Grün;
Und die süßen Sommertage,
Ach, sie sind dahin, dahin!
Nebel hat den Wald verschlungen,
Der dein stillstes Glück gesehn;
Ganz in Duft und Dämmerungen
Will die schöne Welt vergehn.
Nur noch einmal bricht die Sonne
Unaufhaltsam durch den Duft,
Und ein Strahl der alten Wonne
Rieselt über Tal und Kluft.
Und es...
Theodor Storm
Meeresstrand
Ans Haff nun fliegt die Möwe,
Und Dämmrung bricht herein;
Über die feuchten Watten
Spiegelt der Abendschein
Graues Geflügel huschet
Neben dem Wasser her;
Wie Träume liegen die Inseln
Im Nebel auf dem Meer.
Ich höre des gärenden Schlammes
Geheimnisvollen Ton,
Einsames Vogelrufen –
So war es immer schon.
Noch einmal schauert leise
Und schweiget dann der Wind;
Vernehmlich werden die Stimmen,
Die über der Tiefe sind.
Theodor Storm
Der Grashalm
Da drinnen im Waldesgrunde,
Am mild beschatteten Bach,
Da steht ein schlanker Grashalm
Und sieht den Wellen nach.
Entwandernd schau'n sie zum Halme
Mit Silberblicken empor,
Da beugt er sich liebend hinunter,
Küßt Welle für Welle zuvor.
Da scharen die zärtlichen Wellen
Liebkosend sich um ihn her
Und tragen ihn, leis' umarmend,
Mit sich hinaus ins Meer.
Johann Fercher von Steinwand
Resurrectio
Flut, die in Nebeln steigt.
Flut, die versinkt.
O Glück: das große Wasser,
das mein Leben überschwemmte, sinkt, ertrinkt.
Schon wollen Hügel vor. Schon bricht gesänftigt
aus geklärten Strudeln Fels und Land.
Bald wehen Birkenwimpel
über windgesträhltem Strand.
O langes Dunkel.
Stumme Fahrten zwischen Wolke, Nacht und Meer.
Nun wird die Erde neu.
Nun gibt der Himmel aller Formen zarten Umriß her.
Herzlicht von Sonne,
das sich noch auf gelben Wellen bäumt –
Bald kommt die Stunde,
wo...
Ernst Maria Richard Stadler
Wie soll ich dich denn nennen
Wie soll ich dich denn nennen,
Da allem Namen ward?
Das sel'ge Wort zu kennen,
Blieb mir noch aufgespart.
Ich denk' an Himmel und Sterne,
An Meer und Blumen der Flur –
Das sel'ge Wort bleibt ferne,
Wie nenne, nenn' ich dich nur?
Ei Himmel, Sonnen und Sterne,
Und Flur und Perlen gesellt! –
Du bist mir mehr als alles,
Du bist mir eine Welt!
August Karl Silberstein
Nachklang
Lang' schwebt ein Duft noch um die Stelle,
Wo einst ein Wohlgeruch geruht –
Lang woget noch des Meeres Welle
Wenn sich gelegt des Windes Wut.
Noch fühl ich um die Lippen schweben
Den Hauch von deiner Küsse Glut!
Noch will sich nicht zufrieden geben –
Was du so wild bewegt – mein Blut!
Heinrich Seidel
Der Weg von Mensch zu Mensch
Der Mensch kann in die Tiefe des Meeres tauchen
und die Gipfel der Berge ersteigen.
Der Mensch kann in fremde Städte und ferne Länder reisen
und die Kontinente durchqueren.
Der Mensch kann die Erde verlassen und ins All fliegen.
Sogar auf dem Mond war er schon.
Nur der Weg von Mensch zu Mensch,
die Strecke zum Nebenan
ist unüberwindlich.
Peter E. Schumacher
Kannst du nicht hören?
Hörst du das Summen der Mücken?
Hörst du den Regen, der rinnt?
Hörst du das Tosen des Meeres?
Hörst du das Lachen vom Kind?
Kannst du nicht sehen?
Siehst du die majestätischen Berge?
Siehst du den glasklaren See?
Siehst du die blühenden Felder?
Siehst du den fallenden Schnee?
Kannst du nicht fühlen?
Fühlst du die Hand, die dich streichelt?
Fühlst du den Sand unterm Fuß?
Fühlst du den Blick, der dir schmeichelt?
Fühlst du den zärtlichen Kuss?
Besitzt du die Gabe zu...
Jutta Schulte