Manchmal Zitate (Seite 33)
Gesang der Frühvollendeten
Wir denken euch im Gleiten manchmal, Lebende,
Durch Traum und Ahnung und die Flut des Abends:
Ihr Schmerzlichen, wenn ihr in schweren Taten
Zur Tiefe sinkt.
Wir stiegen steil empor,
Da unserm Aufbruch keine Ziele standen,
Uns grenzenlos die Wanderschaft empfing.
Nun sind wir über euch, und euer fernstes
Geschehen löscht, Erinnerung, vertan,
Uraltes Lächeln unserer Vergangenheit.
Maria Luise Weissmann
Der Gorilla
Er atmet ihre Schwüle längst nicht mehr,
Doch lastet seinem Nacken immer noch der Traum der großen Seen
Und läßt ihn tief zum Sand gebückt und schwer
Im Takt zur Wiederkehr der Eisenstäbe gehn.
Er möchte wohl der Glanz der Papageien sein,
Das Duften der Reseden und der Walzerklang,
Doch bricht kein Strahl den trüben Spiegel seines Auges ein:
Die Hand trägt still gefaltet den beträumten Gang
Dem fremden Leuchten still und fremd vorbei.
Manchmal, im Schrei,
Der fernher trifft, fühlt...
Maria Luise Weissmann
Das Mädchen spricht
Es spürt mich Einer in allem Rosenduft,
Ahne ich manchmal. Und er sucht mich auch
In Fliederblüten und den blauen Glocken.
Aber ich weiß mich selber nicht.
Ich will ihm gerne beide Hände reichen;
Nur meine Glieder sind so unbeschwert,
Daß ich mir immer wie ein Wind entgleite.
Ich glaube, daß ich noch nicht geboren bin.
Maria Luise Weissmann
Die Katzen
Sie sind sehr kühl und biegsam, wenn sie schreiten,
Und ihre Leiber fließen sanft entlang.
Wenn sie die blumenhaften Füße breiten,
Schmiegt sich die Erde ihrem runden Gang.
Ihr Blick ist demuthaft und manchmal etwas irr.
Dann spinnen ihre Krallen fremde Fäden,
Aus Haar und Seide schmerzliches Gewirr,
Vor Kellerstufen und zerbrochnen Läden.
Im Abend sind sie groß und ganz entrückt,
Verzauberte auf nächtlich weißen Steinen,
In Schmerz und Wollust sehnsuchtskrank verzückt
Hörst du sie...
Maria Luise Weissmann
Ob es das wohl gibt:
Ein Mann, der so nett bleibt, so aufmerksam
wie am ersten Tag, wo er einen nahm … ?
Einer, der Freund ist und Mann und Liebhaber;
der uns mal neckt, mal bevatert,
der immer neu ist, vor dem man Respekt hat
und der einen liebt … liebt … liebt …
ob es das gibt?
Manchmal denke ich: ja.
Dann sehe ich: nein.
Man fällt immer wieder auf sie herein.
Kurt Tucholsky
Doch ohne meinen Vater
vielleicht
wärst du manchmal ein bißchen stolz gewesen
möglicherweise
hättest du es lieben können
dieses Kind
mit den fröhlichen Sommersprossen
mit den blonden Haaren
der niemals endenden Liebessehnsucht im Herzen
mit dem vertrauensseligen Lachen
dem unerschütterlichen Glauben an das Leben
bestimmt
hättest du dieses Mädchen
ein bißchen gern haben können
aber du gabst ihm nie eine Chance
sicher auch
aus Angst, es in dein Herz zu schließen
Aber was soll's?!!
Töchter...
Ute Maria Seemann
Francois Villon
Ich bin im Whiskeyfaß ertrunken.
Jetzt schwimm ich munter, wie ein Fisch.
Hier unten gibt es nur Spelunken,
und nie sitz ich allein am Tisch.
Hier gibt es keinen Wirt, der fagt,
ob ich noch einen Cent in meiner Tasche habe.
Manchmal kommt die Heilsarmee und singt ganz unverzagt,
und bittet um eine kleine, milde Gabe.
Manfred Schröder
Der Herr hat Erbarmen
Sein Mund war nie geschlossen.
Er redete von Flöhen bis zur hohen Politik.
Sein Senf glänzte auf fast allen Würstchen;
und manchmal tat er's mit Geschick.
Und all' die and'ren Münder,
zum Himmel klagten sie.
-Oh Herr, hab Erbarmen.
Von alleine endet dieses nie. –
Und der Herr im hohen Himmel,
verstand wohl ihre Not.
Und mit einem Lächeln,
Einhalt er gebot.
Und der Mann im schnellen Worte;
tot fiel er plötzlich um.
Und war zum ersten Male,
zum ersten Male stumm.
Manfred Schröder
Du, ich bin ein Luftballon!
Prallgefüllt mit Ideen mache ich mich auf
in den Himmel der Möglichkeiten.
Kunterbunt schwebe ich dahin,
gehalten vom Faden der Realität.
Manchmal, da ist die Luft raus
und dann brauche ich Freunde wie dich,
die mich wieder aufpusten,
mich mit Leben erfüllen
und mir neuen Aufwind geben.
Helga Schäferling
Laß dich tragen
von den Fragen – in die Antwort tragen.
Wir sehnen uns nach Antworten,
ohne zu erkennen,
daß es die Fragen sind, die uns bewegen,
die uns vorwärtsbringen.
Laß dich tragen
von den Fragen – in die Antwort tragen.
Manchmal machen sie uns Angst, die Fragen.
Doch sie sind unsere Freunde,
wenn sie ehrlich sind.
Laß dich tragen
von den Fragen – in die Antwort tragen.
Wir stellen uns vor, daß es die eine Antwort gibt.
Doch unsere Fragen öffnen den Weg
zu unserer ureigenen...
Helga Schäferling
Böse Jahre
In meinem Leben gab es böse Jahre –
Wie jene aus der Bibel waren's sieben –
Da hat mich ein Verhängniß umgetrieben,
Ich wandelte – und lag doch auf der Bahre.
Nicht ein Erinnern, das ich voll bewahre
Aus jener Zeit, wo, ohne Frucht geblieben,
Mein Geist in ödem Denken sich zerrieben,
Und Gram und Sorge bleichten meine Haare!
Gleich schwerem Traum zerfloß ihr dunkles Walten,
Und auf vernarbte Wunden kann ich zeigen,
Kaum wissend mehr, von wem ich sie erhalten.
Nur manchmal, einzeln...
Ferdinand von Saar