Manchmal Zitate (Seite 30)
Ich begann . . . in meinen Gedanken der Zeit eine Form zu geben: Ich stellte sie mir vor wie etwas Sichtbares, in etwa als einen Stapel übereinandergelegter flüssiger Folien. Man schaut dann nicht zurück in die Zeit, sondern hinab durch sie, wie durch Wasser. Manchmal kommt eine Sache an die Oberfläche, manchmal eine andere, manchmal gar nichts. Aber alles ist immer da, nichts verschwindet.
Margret Atwood
Fast ein Nebel
Es ist die langsame Erinnerung
Nicht die, die manchmal überfällt
Die schwebend ist, fast unsichtbar
wie Wolken sich verdichtet
an Tagen, die nur manchmal sind.
Die ist es, die Dir Fragen stellt.
Nach Kindheit so,
daß Du den Sand noch in den Haaren spürst
und jedes aufgeschlag’ne Knie
die Tränen und den Trost.
Nach Jugend so,
daß Du noch weißt
wie’s war beim ersten Mal
nach jener neuen, frischen Zeit
in der der Lauf der Welt
allein in Deinen Händen lag.
Einstweilen...
Götz vor dem Gentschenfelde
Die Raben
Über den schwarzen Winkel hasten
Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.
Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei
Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.
O wie sie die braune Stille stören,
In der ein Acker sich verzückt,
Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,
Und manchmal kann man sie keifen hören
Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,
Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug
Und schwinden wie ein Leichenzug
In Lüften, die von Wollust zittern.
Georg Trakl
Selbstmitleid
manchmal fordere ich mein Selbstmitleid heraus,
treibe es auf die Spitze,
lade es ein,
sich mir zu zeigen,
mit mir zu tanzen
um das große Feuer,
bis tief in die Nacht.
Nach Stunden der Bewegungen,
verwandelt es sich manchmal,
im Schein des Feuers,
in eine Frau,
die voller Kraft und Phantasie steckt.
Wir tanzen den Tanz,
zwischen Schwäche und Stärke,
zwischen Erschöpfung und Ekstase
oft die ganze Nacht,
bis in die frühen Morgenstunden,
bis das Feuer langsam erlischt.
Lachend und...
Petra Speth
Weltlauf
Man denkt wohl hin und her.
Manches könnt' besser sein; –
Dies zu leicht – das zu schwer –
Groß oder klein.
Manchmal zu still die Welt,
manchmal zu toll –
Nichts geht wie's soll.
Durst und kein Tropfen Wein –
Käs' und kein Brod –
Zahnschmerz und Liebespein –
Überdruß – Noth!
Dieser wird wild darob,
Strampelt und schreit –
Wird wie ein Wüthrich grob –
Schafft sich nur Leid.
Jener, der winselt drum,
Jammer und acht
Weint viele Thränen drum,
Seufzt Tag und Nacht.
Und die Welt, wie sie...
Heinrich Seidel
Du
Manchmal fühle ich dich hinter mir stehen,
doch wenn ich mich umdrehe,
bist du nicht da.
Manchmal denke ich, ich wäre ganz allein,
doch dann fühle ich,
du stehst hinter mir.
Doch wo du auch bist,
immer habe ich Angst,
dich zu verlieren
Wie gern würde ich diese Angst
eintauschen
gegen dich.
Stephan Sarek
ein Jahr älter
ein Jahr dazugelegt –
vielleicht ein bißchen weiser geworden
vielleicht
ein paar Fehler mehr gemacht
Angst
hatte ich oft
manchmal auch den persönlichen Mut
manchmal habe ich sicher
viel zu laut gelacht
und viel zu oft
die Tränen hinuntergeschluckt
viel zu wenig umarmt
viel zu wenig stillgestanden
und zugehört
viel zu wenig vertraut!
trotz alledem – nun
ein Jahr älter
Anke Maggauer-Kirsche
So werd ich manchmal irre an der Stunde
So werd ich manchmal irre an der Stunde,
An Tag und Jahr, ach, an der ganzen Zeit!
Sie gärt, sie tost, doch mitten auf dem Grunde
Ist es so still, so kalt und zugeschneit!
Habt ihr euch auf ein neues Jahr gefreut,
Die Zukunft preisend mit beredtem Munde?
Es rollt heran und schleudert weit, o weit!
Zurück euch, ihr versinkt im alten Schlunde!
O hätt den Hammer ich des starken Thor,
Auf das Jahrhundert einen Schlag zu führen,
Ich schlüg sein...
Gottfried Keller
Lieber Name, den ich niemals nenne,
Den ich lautlos nur mir selbst bekenne,
Manchmal tönt auf Gassen, Plätzen, Wegen
Mir dein Klang aus fremdem Mund entgegen.
Manchmal auch aus eines Buches Zeilen
Springst du auf und lädst mich zu verweilen.
Aber immer schreck' ich scheu betroffen,
Und mich dünkt, mein Herz läg jedem offen.
Carl Hermann Busse