Macht Zitate (Seite 74)
Geheimnis, wunderbarer nicht zu finden:
Es tilgt in aller Welt die Sünden,
Es wäscht Krankheit Spuren aus,
Und Fleisches Fluch sein Fleisch treibt aus.
Geheimnisvoller kann nichts sein
Als Schuld, die Gnade ruft herein,
Als Liebe, die von Angst befreit,
Und Tod, der Leben macht bereit.
Daß Tod nach eignem Köder beißt,
An eigner Schnur sich selber reißt,
Daß hier das höchste Leben stirbt,
Und allen Leben dort erwirbt.
Ambrosius
Hilflosigkeit
macht manchmal ironisch
der Durst nach Liebe,
der Hunger nach Zärtlichkeit,
die Sehnsucht nach Geborgenheit,
wie einfach
wäre das alles zu stillen,
könnte man literweise Liebe kaufen
und stückchenweise Zärtlichkeit,
und drei Wochen Geborgenheit buchen.
Wie einfach
wäre das alles zu stillen,
würden wir mehr Zeit
und mehr Verständnis
füreinander haben.
Kristiane Allert-Wybranietz
Was ist wahre Einsamkeit?
Sind wir einsam, wenn das Leben
Rings von Stille ist umgeben?
Wenn die rege Phantasie
Uns in schaffender Magie
Neu beseelt mit süßem Streben
Bilder der Vergangenheit? –
Ist das wahre Einsamkeit?
Nein, nur das ist Einsamkeit,
Wenn sich Wesen um uns drängen,
Denen nicht in zarten Klängen
Sich vernehmbar macht das Herz,
Oft voll Wonne, oft voll Schmerz –
Die uns das Gemüth verengen
Durch der Langeweile Leid –
Das ist wahre Einsamkeit!
Charlotte von Ahlefeld
Freilich unsere Gegenwart macht es uns nicht leicht, sie zu lieben; selten ist es einer Generation auferlegt gewesen, in einer so gespannten und überspannten Zeit zu leben wie der unseren, und wir haben wohl alle manchmal das gleiche Verlangen, einen Augenblick auszuruhen von der Überfülle der Geschehnisse, Atem zu holen in der unablässigen politischen Bestürmung durch die Zeit.
Stefan Zweig