Lust Zitate (Seite 24)
Frühling
Nun ist die Welt in Rosen erwacht,
Gelöst ist die liebliche Fraue.
In Stücken zerbrach der Stirnreif der Nacht,
Und im Morgen lacht
Der blühende Wald und die Aue.
An die Reise nun geht der rieselnde Quell,
Es schimmert die Näh' und die Ferne.
O Tag, sei du mein Trautgesell
Vielhold und hell,
Dir wollt' ich dienen so gerne.
Auf Lerchenschwingen steigt mein Gesang,
Sich über den Wolken zu wiegen.
Doch was im tiefsten Herzen erklang,
Nie laut sich erschwang,
Das wahr' ich getreu und...
Wilhelm Arent
Der wahre Sünder
Beim Wolkenbruch jüngst
Hat der Mesner sich gefreut:
"Jetzt kommt halt die Sintflut,
Der sündigen Leut!
Und wer nur in Lust lebt,
An Himmel net denkt,
Auf die Kirchen net hörn will,
Der wird jetzt ertränkt!"
Wies zu regnen hot aufgehört,
War er voller Leid,
Weil der Hagel verwüst hat
Sein Klee und Getreid.
Es hat sich brav gift,
Und die Bauern ham gelacht;
Denn all ihren Feldern
Hat der Hagel nichts gemacht!
"Sixt, Mesner", habens hohngelacht,
"Wie ma sich irren kann:
Brav...
Ludwig Anzengruber
Gebet an das Leben
Gewiß, so liebt ein Freund den Freund
wie ich dich liebe, rätselvolles Leben!
Ob ich in dir gejauchzt, geweint,
ob du mir Leid, ob du mir Lust gegeben,
ich liebe dich mit deinem Glück und Harme,
und wenn du mich vernichten mußt,
entreiße ich schmerzvoll mich deinem Arme,
gleich wie der Freund der Freundesbrust.
Lou Andreas-Salomé
Der alte Trinker
Alt bin ich zwar, doch trink ich
Trotz einem Jüngling wacker;
Und wenn es gilt zu tanzen,
Mach ich in meinem Chore
Den tanzenden Seilenos,
Nehme den Schlauch zum Stabe.
Gebt mir mit euren Stecken!
Hat einer Lust zu kämpfen,
Der kämpfe meinetwegen.
Auf! Bringe mir, o Knabe,
Gemischt mit honigsüßem
Weine den vollen Becher!
Alt bin ich zwar, doch trink ich
Trotz einem Jüngling wacker.
Anakreon
Das Gelage
Kränze laßt uns, Rosenkränze,
Jetzt um unsre Schläfe winden,
Trinken unter milden Scherzen!
Einen Thyrsos in den Händen,
Welchen Efeulaub umrauschet,
Soll die Tänzerin den feinen
Fuß im Takt der Laute haben;
Und ein weichgelockter Knabe
Lasse seine würz'gen Lippen
Zu dem Saitenklang der Pektis
Herrlich von Gesange schwellen.
Eros selbst im goldnen Haarschmuck,
Mit dem schönen Gott Lyäos,
Mit der holden Kythereia,
kommt, des Schmauses Lust zu teilen,
Dessen sich die Greise freuen.
Anakreon
Geduld
Umstarrt vom Eis des Norden
In trüber Einsamkeit,
Ist mir ein Blümchen worden
Das duftend mich erfreut.
Im Thaue bittrer Thränen
Entfaltete es sich,
Und heilte von dem Sehnen
Nach bessrer Zukunft mich.
Tief trag ich es verborgen
In der verschwiegnen Brust.
Da wandelt's meine Sorgen
In stiller Wehmuth Lust.
Um mein Geschick zu tragen
Gab mir's des Himmels Huld.
Wie heißt es? wirst Du fragen.
Das Blümchen heißt – Geduld.
Charlotte von Ahlefeld