Lust Zitate (Seite 17)
Schwüle Stunden! Flüsternd kaum
Bebt das Laub im Sommerwinde;
Vogelstimmen wie im Traum
Girren im Gezweig der Linde.
Auf dem blumigen Wiesenplan
Glüht und zittert Sonnenhelle;
Schlummertrunken ruht der Schwan
Auf des Weihers blanker Welle.
Ach, und mir in tiefster Brust
Brechen auf die alten Wunden.
Sehnsuchtsvoll in Qual und Lust
Denk' ich alter schwüler Stunden!
Paul von Heyse
Ach, wer versteht sein eigen Herz!
Ein Rätsel ist dir's, in die Brust geschaffen;
Heute schwer wie ein Berg von Erz,
Will es dich in die Tiefe raffen;
Morgen aller Schwere entbunden,
Jauchzend lodert es wolkenwärts,
Und dann in gleichgemessenen Stunden
Gelassen trägt es Lust und Schmerz.
Ach, wer beherrscht sein eigen Herz!
Paul von Heyse
Lebensschale
So magst du unerschüttert schweben
Und reichgefüllt im Gleichmaß ruhn,
Du Schale, die mir Gott gegeben,
All Lust und Last hineinzutun.
Wild schwanktest du im Ungewissen,
Hast dich zum Abgrund jäh geneigt –
Nun sei in Licht und Finsternissen,
Die nimmer stürzt noch schwindelnd steigt!
Karl Henckell
Im Weitergehn
Was melden deine Lieder nur
Als über dir der Wipfel Wehn
Und deiner Schritte Wanderspur
Im Weitergehn?
Was überraschend dich entzückt,
Und hast es hundertmal gesehn,
Was deine Hand aus Liebe pflückt
Im Weitergehn.
Uralte Lust will sich erneun,
Im Liede staunend auferstehn –
So laß dir goldne Wunder streun
Im Weitergehn!
Karl Henckell
Winzer Tod
Wenn jetzt der Tod, der große Winzer, käme,
Mich abzuschneiden von dem Stock der Zeit –
Eh er die Traube mit dem Messer nähme,
Sänk' ihm der Arm: »Noch ist die Stunde weit.
Zwar Sturm und Sonnenschein ward dir beschieden,
Genossen hast du Qual und Lust der Welt,
Empörung kennst du, und du kennst den Frieden,
Den reiferen Früchten hast du dich gesellt.
Doch tiefer sollst du deine Beeren neigen,
Und süß wie Honig will ich deinen Saft,
Gedeihe noch im Licht- und Schattenreigen –
Erst...
Karl Henckell
Entzückende Marter und wonniges Weh!
Der Schmerz wie die Lust unermeßlich!
Derweilen des Mundes Kuß mich beglückt,
Verwunden die Tatzen mich gräßlich.
Die Nachtigall sang: O schöne Sphinx!
O Liebe! was soll es bedeuten,
Daß du vermischtest mit Todesqual
All deine Seligkeiten?
O schöne Sphinx! O löse mir
Das Rätsel, das wunderbare!
Ich hab' darüber nachgedacht
Schon manche tausend Jahre.
Heinrich Heine
Ein Weib
Sie hatten sich beide so herzlich lieb,
Spitzbübin war sie, er war ein Dieb.
Wenn er Schelmenstreiche machte,
Sie warf sich aufs Bette und lachte.
Der Tag verging in Freud und Lust,
Des Nachts lag sie an seiner Brust.
Als man ins Gefängnis ihn brachte,
Sie stand am Fenster und lachte.
Er ließ ihr sagen: "O komm zu mir,
Ich sehne mich so sehr nach dir,
Ich rufe nach dir, ich schmachte!" –
Sie schüttelt' das Haupt und lachte.
Um sechse des Morgens ward er gehenkt,
Um sieben ward er ins...
Heinrich Heine
Neujahrslied
Mit der Freude zieht der Schmerz
traulich durch die Zeiten.
Schwere Stürme, milde Weste,
bange Sorgen, frohe Feste
wandeln sich zur Seiten.
Und wo eine Träne fällt,
blüht auch eine Rose.
Schön gemischt, noch eh wir´s bitten,
ist für Thronen und für Hütten
Schmerz und Lust im Lose.
War´s nicht so im alten Jahr?
Wird´s im neuen enden?
Sonnen wallen auf und nieder,
Wolken gehn und kommen wieder,
und kein Wunsch wird´s wenden.
Gebe denn, der über uns
wägt mit rechter Waage,
jedem...
Johann Peter Hebel
Winterreise
Wie durch so manchen Ort
Bin ich nun schon gekommen,
Und hab’ aus keinem fort
Ein freundlich Bild genommen.
Man prüft am fremden Gast
Den Mantel und den Kragen,
Mit Blicken, welche fast
Die Liebe untersagen.
Der Gruß trägt so die Spur
Gleichgültig-offner Kälte,
Daß ich ihn ungern nur
Mit meinem Dank vergelte.
Und weil sie in der Brust
Mir nicht die Flamme nähren,
So muß sie ohne Lust
Sich in sich selbst verzehren.
Da ruf’ ich aus mit Schmerz,
Indem ich fürbaß wandre:
Man hat nur...
Christian Friedrich Hebbel
Die junge Mutter
Sie hat ein Kind geboren,
Zu höchster Lust in tiefstem Leid,
Und ist nun ganz verloren
In seine stumme Lieblichkeit.
Es blüht zwei kurze Tage,
So daß sie's eben küssen mag,
Und ohne Laut und Klage
Neigt es sein Haupt am dritten Tag.
Und wie es still erblaßte,
So trägt sie still den heil'gen Schmerz,
Und eh' sie's ganz noch faßte,
Daß es dahin ist, bricht ihr...
Christian Friedrich Hebbel
Auf ein schlummerndes Kind
Wenn ich, o Kindlein, vor dir stehe,
Wenn ich im Traum dich lächeln sehe,
Wenn du erglühst so wunderbar,
Da ahne ich mit süßem Grauen:
Dürft' ich in deine Träume schauen,
So wär' mir alles, alles klar.
Dir ist die Erde noch verschlossen,
Du hast noch keine Lust genossen,
Noch ist kein Glück, was du empfindest.
Wie könntest du so süß denn träumen,
Wenn du nicht noch in jenen Räumen,
Woher du kamest, dich ergingst ?
Drum wenn, o Kind, ich vor dir stehe,
Wenn ich im...
Christian Friedrich Hebbel