Lippen Zitate (Seite 4)
Geh nach Hause, armer Knabe,
Leg dich nieder, weh verliebt.
Träume von der Himmelsgabe,
Die der Himmel dir nicht gibt.
Träume von den blonden Flechten,
Die du nur als Schnecken siehst.
Hadre mit dem ungerechten
Schicksal, dem kein Glück entsprießt.
Irgendwo ziehn weiche Glieder,
Lippen, süß zum Kuß und rund,
Irgendwen in Liebe nieder. –
Träum den Leib und träum den Mund!
Träumend darfst du dich vergeuden.
Träum in üppiger Phantasie
Deiner Liebe letzte Freuden. –
Träume, Freund, enttäuschen nie.
Erich Mühsam
Nimmersatte Liebe
So ist die Lieb'! So ist die Lieb'!
Mit Küssen nicht zu stillen:
Wer ist der Tor und will ein Sieb
mit eitel Wasser füllen?
Und schöpfst du an die tausend Jahr,
und küssest ewig, ewig gar,
du tust ihr nie zu Willen.
Die Lieb', die Lieb' hat alle Stund
neu wunderlich Gelüsten;
wir bissen uns die Lippen wund,
da wir uns heute küßten,
das Mädchen hielt in guter Ruh,
wie's Lämmlein unterm Messer;
ihr Auge bat: Nur immer zu,
je weher, desto besser!
So ist die Lieb' und war...
Eduard Mörike
Und wir werden zusammen schweigen –
und ich werde mein Haupt an dich legen –
und du wirst dein Haupt auf mich neigen –
und ich werde den Nacken bewegen
und deinen Lippen entgegenstreben
und Leben
von ihnen trinken
und ihnen spenden –
und wieder zurück dann sinken
und Brust nur und Wimper noch regen –
und dann werden wir wieder zusammen schweigen –
um dann aber das Schweigen zu enden –
und aber zu enden in Schweigen –
in ewigen Wenden.
Christian Morgenstern
Sieh, das ist unsere Liebe.
Unsere Hände reichen sie hin und her,
unsere Lippen bedecken sie mehr und mehr
mit Worten und Küssen sehnsuchtsschwer,
unsere Seelen grüßen sich hin und her –
wie über ein Meer – wie über ein Meer.
Diese Rose, vom Duft unserer Seelen schwer:
Sieh, das ist unsere Liebe.
Christian Morgenstern
Du weißt es besser
Von Deinen Augen geträumt,
jedes Deiner Worte
eingeprägt.
Nächte durchgeheult
wegen Dir.
Wie verrückt Gedichte geschrieben,
die völlig absurde Hoffnung,
Du könntest sie mal lesen.
In Gedanken
Deine Hand,
Deine Lippen berührt
und
schließlich gedacht,
ohne Dich nicht leben zu können.
Aber Du stehst vor mir
und behauptest allen Ernstes:
"Du liebst mich nicht."
Claudia Malzahn
ein Tag am Meer
ewig schlagen die Wellen
und wenn sie höher
vornüber kippen
und sich
verschlingen
mit Schaum
auf den Lippen
ein paar Felsen
verloren gestreut
in die See
und ein Vogel
fliegt auf
kreist sich ein
der Wind knittert die See
über Felsen hellt sich das Blaue
und ich denke wohl
wie es war
an diesem
ersten Tag
Anke Maggauer-Kirsche
Du grollest dem Freunde und wendest
Das Antlitz trüb von ihm fort.
Was trat doch wohl zwischen euch beide?
Ein Nichts – ein harmloses Wort,
Das arglos den Lippen entfallen!
Er ahnet nicht einmal den Grund,
Und darum droht zu zerreißen
Ein alter, heiliger Bund!
So schaffst du immer dir Sorge und Schmerz,
Du stolzes, du eitles Menschenherz! –
Johann Dietrich Lüttringhaus
Die Großmutter spricht:
Ein Manneskuß sticht
Und beißt, gleich der Schlange,
Drum wahr' deine Wange.
Recht hat sie hierin;
Denn als mich letzthin
Der Jäger tat küssen,
Hat er mich gebissen.
Noch sind mir zur Stund'
Die Lippen ganz wund;
Doch sprech' ich von Herzen:
Mir macht er nicht Schmerzen!
Und biss' er mich sehr,
Ich wehrt's ihm nicht mehr;
Zwar ist es nicht üblich,
Doch beißt er zu lieblich!
Friedrich Freiherr von Logau
Mußt du mich lieben,
Wirst du mich lieben,
Ward schwarz auch mein weißes Angesicht –
Zur Schönheit wurde gar mancher getrieben
Und kannte die wahre Liebe nicht.
Mußt du mich küssen,
Wirst du mich küssen,
Wenn bleich auch die Lippen, mit langem Kuß –
Es mag die roten wohl keiner missen,
Die bleichen küßt nur der Liebe Muß.
Bist du mein eigen,
Bleibst du mein eigen,
Was mir das Leben auch bringen mag –
Soll deiner Liebe Sonne sich zeigen,
Muß sie sich zeigen am dunklen Tag.
Thekla Lingen
Pygmalion
An diesen Lippen, diesen Augen
Die Welt vergessend, hinzuhangen
Und aus den rosenroten Wangen
Des Lebens Überfluß zu saugen
An dieses Busens reiner Fülle
Die Schmerzen meiner Brust zu wiegen
Und auf des Schoßes Fried und Stille
Mit tränenmüdem Haupt zu liegen
Das war mein Wunsch – das ist mein Grämen –
Und soll mir doch kein Schicksal nehmen.
Jakob Michael Reinhold Lenz
Der Kußhandel.
Ein Hirtenmädchen, schön zum Malen,
War etwas kaufmännisch gesinnt;
Mit zwanzig Schafen mußt Amint
Den ersten Kuß ihr bar bezahlen.
Fünf Jahre älter war Narzisse,
Als er den Tausch schon besser traf:
Da blühten um ein einzig Schaf
Auf ihren Lippen zwanzig Küsse.
Bald lag ihr Handel ganz darnieder,
Und aus freiwilligem Entschluß
Gab sie für einen kalten Kuß
Aminten seine Schafe wieder.
Die eigne Herde samt dem Hunde
Bot sie für einen Kuß zuletzt;
Allein der Schäfer dankte...
August Friedrich Ernst Langbein
Abschied vom Leben
Die Wunde brennt, die bleichen Lippen beben.
Ich fühl's an meines Herzens matterm Schlage,
hier steh ich an den Marken meiner Tage.
Gott, wie du willst! Dir hab ich mich ergeben.
Viel gold'ne Bilder sah ich um mich schweben;
Das schöne Traumbild wird zur Totenklage.
Mut! Mut! – Was ich so treu im Herzen trage,
Das muß ja doch dort ewig mit mir leben.
Und was ich hier als Heiligtum erkannte,
Wofür ich rasch und jugendlich entbrannte,
Ob ich's nun Freiheit, ob ich's Liebe...
Karl Theodor Körner
Hände
Hände gibt's, die weinen, lachen,
arge Hände, gütige Hände,
die uns schlafen, die uns wachen,
die uns werden Lebenswende;
die uns in den Himmel tragen,
die uns in die Hölle führen;
die im Wort, Ton, Stein uns sagen,
was ein Herz von Stein muß rühren;
die uns Gott und Teufel malen.
Alles, alles schaffen Hände:
höchste Wonnen, tiefste Qualen.
… Wer zu deuten sie verstände,
oh! Der wüßte manche Klarheit,
welche ihm nie Lippen sagen,
als geheimnisvolle Wahrheit
sich zum Schutz nach Haus zu...
Karl Ernst Knodt
Liebeslied
Dein Mund, der schön geschweifte,
Dein Lächeln, das mich streifte,
Dein Blick, der mich umarmte,
Dein Schoß, der mich erwarmte,
Dein Arm, der mich umschlungen,
Dein Wort, das mich umsungen,
Dein Haar, darein ich tauchte,
Dein Atem, der mich hauchte,
Dein Herz, das wilde Fohlen,
Die Seele unverhohlen,
Die Füße, welche liefen,
Als meine Lippen riefen –:
Gehört wohl mir, ist alles meins,
Wüßt' nicht, was mir das Liebste wär',
Und gäb nicht Höll' noch Himmel her:
Eines und...
Klabund