Liebe Zitate (Seite 189)
Wandelt sich rasch auch die Welt
wie Wolkengestalten,
alles Vollendete fällt
heim zum Uralten.
Über den Wandel und Gang,
weiter und freier,
währt noch dein Vor-Gesang,
Gott mit der Leier.
Nicht sind die Leiden erkannt,
nicht ist die Liebe gelernt,
und was im Tod uns entfernt,
ist nicht entschleiert.
Einzig das Lied überm Land
heiligt und feiert.
Rainer Maria Rilke
Verblühst du schon?
Du verblühst schon, holde Rose,
weckt dich nicht der Sonne Strahl?
O, du liebe, kleine, lose,
o, erblühe noch einmal!
Einmal öffne noch die Hülle,
sieh, ich will bescheiden sein,
einmal lass mich noch der Fülle
deines Glanzes voll erfreun!
Willst das Köpfchen nicht mehr heben?
Senkst die Blätter welk und fahl?
Ach! es wird ja Lenz im Leben
nur ein einzig, einzig Mal!
Rainer Maria Rilke
Du Dunkelheit, aus der ich stamme
ich liebe dich mehr als die Flamme,
welche die Welt begrenzt,
indem sie glänzt
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -
für irgend einen Kreis,
aus dem heraus kein Wesen von ihr weiß.
Aber die Dunkelheit hält alles an sich:
Gestalten und Flammen, Tiere und mich, wie sie's errafft,
Menschen und Mächte -
Und es kann sein: eine große Kraft
rührt sich in meiner Nachbarschaft.
Ich glaube an Nächte.
Rainer Maria Rilke
Als ich die Universität bezog
Ich seh zurück, wie Jahr um Jahr
so müheschwer vorüberrollte;
nun endlich bin ich, was ich wollte
und was ich strebte: ein Skolar.
Erst 'Recht' studieren war mein Plan;
doch meine leichte Laune schreckten
die strengen, staubigen Pandekten,
und also ward der Plan zum Wahn.
Theologie verbot mein Lieb,
konnt mich auf Medizin nicht werfen,
so daß für meine schwachen Nerven
nichts als - Philosophieren blieb.
Die Alma mater reicht mir dar
der freien Künste...
Rainer Maria Rilke
Geduld
Und ich möchte dich
so gut ich kann bitten,
Geduld zu haben gegen alles Ungelöste
in deinem Herzen,
und zu verstehen.
Die Fragen selbst lieb zu haben
wie verschlossene Stuben.
Und wie Bücher, die in einer fremden Sprache
geschrieben sind.
Forsche jetzt nicht nach Antworten,
die dir nicht gegeben werden können,
weil du sie nicht leben könntest.
Und es handelt sich darum
alles zu leben.
Vielleicht lebst du dann
allmählich – ohne es zu merken –
in deine Antworten hinein.
Rainer Maria Rilke
Als Mahl beganns
(aus: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke)
Als Mahl beganns. Und ist ein Fest geworden, kaum weiß man wie. Die hohen Flammen flackten, die Stimmen schwirrten, wirre Lieder klirrten aus Glas und Glanz, und endlich aus den reifgewordnen Takten: entsprang der Tanz. Und alle riß er hin. Das war ein Wellenschlagen in den Sälen, ein Sich-Begegnen und ein Sich-Erwählen, ein Abschiednehmen und ein Wiederfinden, ein Glanzgenießen und ein Lichterblinden und ein...
Rainer Maria Rilke
Gut gekocht.
Schneiden, Hacken, Hobeln, Rühren
bunte Vielfalt - zum Garnieren
und das Würzen mit Gefühl
ist der Countdown - ja das Ziel.
Um die Gäste zu verwöhnen
will der Koch die Speisen krönen,
sie mit Liebe zubereiten,
bis sie auf den Teller gleiten.
Ein Gourmet liebt noble Speisen,
Fleischgerichte gut zum Beißen,
das Gemüse knackig, frisch,
am gedeckten Essenstisch.
Ingrid Riedl
Harlekins Liebes-Carmen
Lisette, liebster Rosenstock,
Meines Herzens Zucker-Stengel,
Du meines Leibes Unter-Rock
Mein Schatz und tausend Engel.
Vernimmm den Klang,
Und schönen Gsang,
Die saubern Ritornellen,
So klingen wie Kuhschellen.
Und diß geschieht zu Ehren dir,
Weil ich dich herzlich liebe,
Das Herz in Hosen zittert mir,
Aus lauter Liebes-Triebe,
Du wirst ja auch,
Nach Handwerks-Brauch,
Mich recht von Herzen meynen,
Sonst müßt ich todt mich greinen.
Ach mache mir doch auff geschwind,
Du...
Christian Reuter
Willst du Macht haben?
Dann gebe deine Informationen niemandem weiter.
Willst du Klugheit?
Dann zähle jedes Wort.
Willst du Weisheit?
Dann frage nicht mich, wie du sie erlangen kannst!
Willst du Brot?
Dann sage es.
Willst du Hoffnung – du hast sie schon.
Willst du Liebe?
Dann bist du auf dem richtigen Weg.
Wolfgang J. Reus
Frühlingsspaziergang
Der Tag ist frisch,
die Sonne treibt Kosmetik
und streichelt dir die blasse Haut.
Der Frühling deckt den Tisch,
die Lebenslust steigt stetig
und Kirschbaumknospen warten auf die Braut.
Noch hüllt ein zarter Dunst das Grün der Wiesen.
Der Bäume Kronen sind noch licht.
Und dennoch kannst du schon genießen
die Krokuspracht, die durch die Scholle bricht.
Die Sonne dominiert in ein paar Wochen,
du atmest wieder optimistisch auf.
Die Knospen sind dann alle aufgebrochen.
Die...
Klaus Reißig
Sturm
Wie der Sturmwind braust!
Wie Fetzen von Wolken
den Himmel meiden!
Gleich im Innern der
Seele Brandung.
Haltloses Streben,
zerschunden,
zerrissen
in Liebe und
Schmerz.
Begreife nicht den
Klang der Sehnsucht –
Überschäumende Wellen
in sich zerbrechen.
Nur Sturm und Wind
verbinden beides.
Otto Reinhards