Liebe Zitate (Seite 109)
An Marie
Du bist wie eine Dusche
So fein, so rein, so kalt,
Du bist wie eine Dusche
In einer Badeanstalt.
In deiner Näh ergreift mich
Der Liebe Allgewalt
Doch du – es überläuft mich –
Du bleibst so rein, so kalt.
Ich stammle: Ach Mariechen!
Vergeh' vor Liebe fast –
Du streichst den Mops, das Viehchen,
Das du so gerne hast.
Ich murmle was von Sehnen,
Von heißter Herzensglut –
Du unterdrückst das Gähnen
Und reichst mir meinen Hut.
Leb' wohl! Ich geh' nach Hause,
Ich lasse dich allein,
Du bist...
Otto Müller, Pseudonyme Sommerstorff, O. Storff
Der Neugierige
Ich frage keine Blume,
Ich frage keinen Stern;
Sie können mir nicht sagen,
Was ich erführ' so gern.
Ich bin ja auch kein Gärtner,
Die Sterne stehn zu hoch;
Mein Bächlein will ich fragen,
Ob mich mein Herz belog.
O Bächlein meiner Liebe,
Wie bist du heut so stumm!
Will ja nur Eines wissen,
Ein Wörtlein um und um.
»Ja« heißt das eine Wörtchen,
Das andre heißet »Nein«:
Die beiden Wörtchen schließen
Die ganze Welt mir ein.
O Bächlein meiner Liebe,
Was bist du wunderlich!
Will's ja...
Wilhelm Müller
Geh nach Hause, armer Knabe,
Leg dich nieder, weh verliebt.
Träume von der Himmelsgabe,
Die der Himmel dir nicht gibt.
Träume von den blonden Flechten,
Die du nur als Schnecken siehst.
Hadre mit dem ungerechten
Schicksal, dem kein Glück entsprießt.
Irgendwo ziehn weiche Glieder,
Lippen, süß zum Kuß und rund,
Irgendwen in Liebe nieder. –
Träum den Leib und träum den Mund!
Träumend darfst du dich vergeuden.
Träum in üppiger Phantasie
Deiner Liebe letzte Freuden. –
Träume, Freund, enttäuschen nie.
Erich Mühsam
Wem kann ich klagen,
Der mit mir fühlt?
Wem kann ich sagen,
Was in mir wühlt?
Jedem frißt sein eigenes
Leid in den Säften.
Manche verschweigen es.
Einige zeigen es.
Aber die Menge vergißt's in Geschäften.
Nur wer uns liebt,
Wird mit uns teilen.
Liebe vergibt,
Liebe kann heilen.
Ich schaue zurück:
Einst durfte ich lieben.
Doch all mein Glück
Ist Stück für Stück
Am Wege geblieben.
Erich Mühsam
Liebesweh
Zähre rieselt mir um Zähre
in des Betts zerwühltes Laken.
Bange Angstgedanken haken
sich in meiner Seele Schwere.
Schmerzgekrümmt sind meine Beine;
traurig triefend hängt der Bart
von den Tränen, die ich weine -
und die Nase trieft apart ...
Ach, es ist der Traum der Liebe,
den ich durch die Seele siebe.
Ach, es ist der Liebe Weh,
die mich zwickt vom Kopf zum Zeh. -
Armes Herz! Die Träume wittern
fernen Trost. Ich spann' die Ohren -
und durch meiner Seele Zittern,...
Erich Mühsam
Jägerlied
Zierlich ist des Vogels Tritt im Schnee,
Wenn er wandelt auf der Bergeshöh':
Zierlicher schreibt Liebchens liebe Hand,
Schreibt ein Brieflein mir in ferne Land'.
In die Lüfte hoch ein Reiher steigt,
Dahin weder Pfeil noch Kugel fleugt;
Tausendmal so hoch und so geschwind
Die Gedanken treuer Liebe sind.
Eduard Mörike
Zum Neujahr
Mit einem Taschenkalender
An tausend Wünsche, federleicht,
Wird sich kein Gott noch Engel kehren,
Ja, wenn es so viel Flüche wären,
Dem Teufel wären sie zu seicht.
Doch wenn ein Freund in Lieb und Treu
Dem andern den Kalender segnet,
So steht ein guter Geist dabei.
Du denkst an mich, was Liebes dir begegnet,
Ob dir's auch ohne das beschieden sei.
Eduard Mörike
Ein Stündlein wohl vor Tag
Derweil ich schlafend lag,
Ein Stündlein wohl vor Tag,
Sang vor dem Fenster auf dem Baum
Ein Schwälblein mir, ich hört' es kaum,
Ein Stündlein wohl vor Tag:
Hör an, was ich dir sag',
Dein Schätzlein ich verklag':
Derweil ich dieses singen tu',
Herzt er ein Lieb in guter Ruh',
Ein Stündlein wohl vor Tag.
O weh! nicht weiter sag'!
O still, nichts hören mag!
Flieg ab, flieg ab von meinem Baum!
Ach, Lieb' und Treu' ist wie ein Traum
Ein Stündlein wohl vor Tag.
Eduard Mörike
Aus der ach so karg gefüllten Schale unseres Herzens
laßt uns Liebe schöpfen, wo nur immer einer Seele
Schale leer steht und nach Liebe dürstet.
Nicht versiegen drum wird unsere Schale,
steigen wird die so geschöpfte Flut, nicht fallen,
Fülle wird das Los des so verschwenderischen Herzens.
Christian Morgenstern
Sieh, das ist unsere Liebe.
Unsere Hände reichen sie hin und her,
unsere Lippen bedecken sie mehr und mehr
mit Worten und Küssen sehnsuchtsschwer,
unsere Seelen grüßen sich hin und her –
wie über ein Meer – wie über ein Meer.
Diese Rose, vom Duft unserer Seelen schwer:
Sieh, das ist unsere Liebe.
Christian Morgenstern