Leere Zitate (Seite 5)
Streiflichter und Schlagschatten
Schlaffheit, Stumpfsinn überall,
Langeweile, Unbehagen,
Unter hohler Floskeln Schwall
Schlechtverhehltes Selbstverzagen,
Toller Luxus, Schwindelei,
Statt Genuß – Betäubung, Leere,
Der Verarmung Riesenschrei
Bei des geist'gen Druckes Schwere;
Knechtsinn und Prostitution,
Schmutz und übertünchter Firnis,
Dogmenstreit für Religion
Und für Recht – Ukasen-Wirrnis,
Mechanismus statt Genie,
Und kein Fünkchen Poesie.
Friedrich Wilhelm Wanderer
In der Vaterstadt
Das sind die alten Wege,
Die schattigen Alleen,
Des Parkes alte Stege,
Felsburg und kleine Seen.
Das sind die alten Gassen,
Der Marktplatz leer und breit,
Vollauf ist Raum gelassen
Für Kinderlustbarkeit.
Das sind die Laubengänge,
Die uns so wohl behagt,
Durch deren luft'ge Länge
Wir jauchzend uns gejagt.
Und hier am Hallenbaue,
Hier steht das Vaterhaus.
Ehrwürdig Haupt, o schaue –
Ich harre – schau heraus!
O Mutterbild, erscheine!
Geschwister, kommt ans Licht!
Der teueren...
Friedrich Theodor von Vischer
Aus unsern Herzen
Wächst, was wir säen, uns wieder zu;
Da pflanzt die Wahrheit ihre Ruh',
Da fühlt die Torheit ihre Schmerzen,
Da sät das Laster seine Pein.
Oh, da verblühet jeder Morgen,
Den leere Abende bereun.
Da hüllt die Tugend sich verborgen
In ihre stille Pflanzung ein,
Die ihr kein Erdensturm verweht.
Christoph August Tiedge
Stille Nacht
heilige Nacht –
achtsam warten
leer werden von Erwartungen
sich tief erfüllen lassen
vom verbindenden Lebensatem Gottes
Stille Nacht
heilige Nacht –
achtsam geschehen lassen
offen sein für das Entgegenkommen Gottes
im Dunkel meiner Zweifel
im aufmerksamen Mitfühlen mit allen Geschöpfen
im Staunen über den Sternenhimmel
im gastfreundlichen Teilen von Brot und Rosen
Stille Nacht
heilige Nacht –
einfach da sein
achtsam in Erwartung sein
damit alles sich ereignen kann
in der...
Pierre Stutz
Wohl rief ich sanft dich an mein Herz,
Doch blieben meine Arme leer;
Der Stimme Zauber, der du sonst
Nie widerstandest, galt nicht mehr.
Was jetzt dein Leben füllen wird,
Wohin du gehst, wohin du irrst,
Ich weiß es nicht; ich weiß allein,
Daß du mir nie mehr lächeln wirst.
Doch kommt erst jene stille Zeit,
Wo uns das Leben läßt allein,
Dann wird, wie in der Jugend einst,
Nur meine Liebe bei dir sein.
Dann wird, was jetzt geschehen mag,
Wie Schatten dir vorübergehn,
Und nur die Zeit, die nun...
Theodor Storm
Über die Heide
Über die Heide hallet mein Schritt;
dumpf aus der Erde wandert es mit.
Herbst ist gekommen, Frühling ist weit –
gab es denn einmal selige Zeit?
Brauende Nebel geistern umher;
schwarz ist das Kraut und der Himmel so leer.
Wär' ich hier nur nicht gegangen im Mai!
Leben und Liebe – wie flog es vorbei!
Theodor Storm
Reinigung
Lösche alle deine Tag' und Nächte aus!
Räume alle fremden Bilder fort aus deinem Haus!
Laß Regendunkel über deine Schollen niedergehn!
Lausche: dein Blut will klingend in dir auferstehn! –
Fühlst du:
schon schwemmt die starke Flut dich neu und rein,
Schon bist du selig in dir selbst allein
Und wie mit Auferstehungslicht umhangen –
Hörst du: schon ist die Erde um dich leer und weit
Und deine Seele atemlose Trunkenheit,
Die Morgenstimme deines Gottes zu umfangen.
Ernst Maria Richard Stadler
Betörung
Nun bist du, Seele, wieder deinem Traum
Und deiner Sehnsucht selig hingegeben.
In holdem Feuer glühend fühlst du kaum,
Daß Schatten alle Bilder sind, die um dich leben.
Denn nächtelang war deine Kammer leer.
Nun grüßen dich, wie über Nacht die Zeichen
Des jungen Frühlings durch die Fenster her,
Die neuen Schauer, die durch deine Seele streichen.
Und weißt doch: niemals wird Erfüllung sein
Den Schwachen, die ihr Blut dem Traum verpfänden,
Und höhnend schlägt das Schicksal Krug und...
Ernst Maria Richard Stadler
Das Fest ist jetzt zu Ende.
Unsere Spieler, wie ich euch sagte, waren Geister
Und sind aufgelöst in Luft, in dünne Luft.
Wie dieses Scheines lockrer Bau
So werden die wolkenhohen Türme, die Paläste,
Die hehren Tempel, selbst der große Ball.
Ja, was nur Teil hat, untergehn,
Und, wie dieses leere Schaugepräng erblaßt,
Spurlos verschwinden.
Wir sind solcher Stoff wie der zum Träumen,
Unser kleines Leben umfaßt ein Schlaf,-
Ich bin gereizt, Herr
Habt Geduld mit mir. Mein alter Kopf...
William Shakespeare
Steh auf, wenn du am Boden liegst
Ich sah in die tiefsten Tiefen und erreichte schwindelnde Höhen.
Ich spürte Ignoranz und jemand schenkte mir Beachtung.
Ich erfuhr Enttäuschung und jemand machte mir Mut.
Ich erfuhr schlimmste Demütigungen und jemand schenkte mir aufrichtiges Lob.
Ich erlitt Verlust und jemand versuchte den Ausgleich.
Ich empfand große Leere und mein Becher wurde gefüllt.
Ich bekam schmerzhafte Verletzungen und jemand versorgte meine Wunden.
Ich vergoß Tränen und jemand...
Jutta Schulte
Die Hand im Traum
Und im Traum
kam eine Hand.
Nahm mein Geld
Und verschwand.
Als ich erwacht',
schlaftrunkenschwer,
schaute in die Börse;
sie war leer.
Ich fragt' die Frau,
am Frühstückstisch;
die blickt erstaunt,
"Was fragst du mich?
Vielleicht waren's
Mäuse in der Nacht;
Die haben dich
Um dein Geld gebracht."
Ach, Mäuse;
Mäuse fressen Speck.
Nun,
wie dem auch sei,
das Geld ist weg.
Manfred Schröder
Die Angst
Es krallt sich um die Sonne eine Hand.
Ein lauer Wind jagt dürre Blätter raschelnd auf.
Ein toter Vogel stürzt aus Wolkenhöh
zerschmettert an die Erde.
In dumpfer Hütte Mensch an Mensch gedrängt,
voll Grauen starrend in den schwefelgelben Tag.
Die Tür fliegt auf, von unsichtbarer Hand berührt.
Der Hund kriecht winselnd in die Ecke.
Und langsamer wird jetzt der Wanduhr Ticken,
noch einmal tick und tack –
dann steht die Uhr. –
Ein grelles Lachen in den Lüften!
Es horchen starr die...
Hermann Harry Schmitz
Die kurze Schöne
Keine Schöne kann ich loben,
Deren Länge hoch von oben
Ihre stolzen Blicke zeigt.
Bäume, welche Früchte tragen,
Pflegen nicht so hoch zu ragen,
Als die leere Fichte steigt.
Du ergötzest mich, Asträe,
Wenn ich dir zur Seite stehe,
Du bist klein, und so, wie ich,
Dein Geliebter wird dich küssen,
Und zuvor nicht sagen müssen:
Meine Schöne, bücke dich!
Johann Elias Schlegel