Leere Zitate (Seite 11)
An einem Tag an dem es regnete
Tiefe Gefühle erlebt und doch so leer,
entschwundene Träume im offenen Meer
innige Wünsche in unerfüllter Liebe,
Wärme der Kälte gewichen, dem Triebe.
Gedanken verloren in ihrem Saum,
im Geiste tot das Licht der Laterne,
ein Nichts sucht sich Raum in weiter Ferne,
die Seele verfall‘n dem Trübsal im Traum.
Unmut kehrt das Innere zum Äußeren,
verloren in der Traurigkeit der Sinne
will Einsamkeit Verbindendes belehren,
das Zeit von Stund‘ an neu beginne.
.... an...
Gerd Groß
Der Halbmond glänzet am Himmel
Der Halbmond glänzet am Himmel,
Und es ist neblicht und kalt.
Gegrüßt sei du Halber dort oben,
Wie du, bin ich Einer der halb.
Halb gut, halb übel geboren,
Und dürftig in beider Gestalt,
Mein Gutes ohne Würde,
Das Böse ohne Gewalt.
Halb schmeckt' ich die Freuden des Lebens,
Nichts ganz als meine Reu';
Die ersten Bissen genossen,
Schien Alles mir einerlei.
Halb gab ich mich hin den Musen,
Und sie erhörten mich halb;
Halb auf der Hälfte des Lebens
Entflohn sie und...
Franz Grillparzer
Ein Brief
Mein liebes Kind! Die Schwalben ziehen fort,
Die letzten Rosen sind nun auch verdorrt.
Der große Garten schien noch nie so leer,
Es blühen nur die blassen Astern mehr.
Und meine Sehnsucht brennt so lichterloh –
Ich weiß es nun, ich werde nimmer froh,
Bis ich dir wieder in die Augen seh. –
Verbrenne diesen Brief! Er ist so weh…
Ernst Goll
Dies leid und diese last: zu bannen
Was nah erst war und mein.
Vergebliches die arme spannen
Nach dem was nur mehr schein.
Dies heilungslose sich betäuben
Mit eitlem nein und kein
Die unbegründet sich sträuben
Dies unabwendbar-sein.
Beklemmendes gefühl der schwere
Auf müd gewordner pein
Dann dieses dumpfe weh der leere
O dies: mit mir allein!
Stefan George
Es ist in leere Nüchternheit
Die ganze Welt versunken,
Und keine Zunge redet mehr
Vom heil'gen Geiste trunken.
Die groß geschaut und groß gebaut,
Die schlummern in den Särgen,
Auf ihren Gräbern kriechen wir
Als ein Geschlecht von Zwergen.
Ich aber sage euch: führwahr,
Es wird nicht anders werden,
Bis ihr den Blick nicht himmelwärts
Erhebt vom Staub der Erden,
Bis ihr dem Geist der Liebe nicht,
Dem großen Überwinder,
Demütig euer Herz erschließt
Und werdet wie die Kinder.
Emanuel Geibel
Melancholie
Wozu leben wozu sterben
Hat mein Streben dennoch Sinn
Wieder wurd ein Tag geboren
Und wie lustlos ging er hin
Und es treibt mich auf und nieder
Und es treibt mich hin und her
Wo ist Anfang – wo ist Ende –
Und mein Leben ist so leer
Was soll bloß noch aus mir werden
Ich verlier fast den Verstand
Denn ich steh auf nackter Erde
All mein Träumen ist verbrannt
Weder Liebe weder Freude
Weder Schmerzen weder Leid
Spüre ich in meinem Herzen
Wie in der Vergangenheit
Vor den Augen wird es...
Volkmar Frank
Was will ich mehr!
Noch halt mit beiden Händen ich
Des Lebens schöne Schale fest,
Noch trink und kann nicht enden ich
Und denk nicht an den letzten Rest.
»Doch einmal wird die Schale leer,
Die letzte Neige schlürftest du.«
So trank ich doch, was will ich mehr,
Dem Tod ein volles Leben zu.
Gustav Falke
Der Pfropfen springt, in Wehmut sei geweiht
Das erste Glas und seine duft'ge Blume
Der früh entschwundnen frohen Jugendzeit,
Dem still geträumten, nie erfüllten Ruhme.
Das zweite Glas dir, holdes Frauenbild,
Und meiner Liebe unerloschnen Gluten,
Ich sehe dich, du lächelst freundlich mild
Entgegen mir aus diesen goldnen Fluten.
Das letzte Glas trink ich mir selber zu,
Um keine Hoffnung hab ich mehr zu werben,
Ein rasches Ende, eine lange Ruh…
Die Flasche leer – es liegt das Glas in Scherben.
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Die Sekunde
Ich meß nach der Dauer das Leben,
Berechnet nach Jahren die Zeit,
Ich zähle nicht Tag und nicht Stunde,
Ich hab' in einer Sekunde
Durchlebt die Ewigkeit.
Viel Jahre zogen vorüber
Und ließen die Seele mir leer,
Es blieb von keinem mir Kunde.
Die eine, die eine Sekunde,
Vergess' ich nimmermehr.
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Sehnsucht gab mir ihr weites Kleid
Sehnsucht gab mir ihr weites Kleid,
Seine Naht ist lang wie die Ewigkeit.
Streicht die Sehnsucht um das Haus,
Trocknen die plaudernden Brunnen aus;
Die Tage kommen wie Tiere daher,
Du rufst ihre Namen, sie atmen nur schwer;
Du suchst dich im Spiegel, der Spiegel ist leer,
Hörst nur der Sehnsucht Schritt,
Du selbst bist nicht mehr.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Die Nacht macht alle Bäume gleich,
Sie stehen wie die dunklen Mauern
Von einem unterirdischen Reich
Und wie Gestalten, die am Wege kauern.
Doch ihre Frühlingsgeister halten mit dir Schritt.
Sie senden Blütenrauch im Dunkeln her
Und gehen abwechselnd am Wege mit,
Und sie verlassen dich nur schwer.
Nie sind der Frühlingsnacht die Wege leer.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
November
Grau verwirrt der leere Wald.
Mit tausend blauglühenden Ätheraugen,
Hoch durch schwarzen Fichtenbehang,
Irren Heere blauer gigantischer Blüten.
Von fremden Dolden,
Niemand hat je sie belauscht,
Blüht jeder Morgen im Grase
Eisiger Samen.
Graue Frauen,
Die lautlos im Reigen kamen,
Sind lautlos gegangen.
Der Bleichen Juwelen
Strahlende Fäden
Irisgrün, irisgolden,
Hangen an allen Zweigen.
In nackten Kronen singen
Wachszarte Ströme der Sonne.
Um bloße Säulen,
Auf weißen Schwingen...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey