Lebens Zitate (Seite 50)
Wir wähnten lange recht zu leben
Wir wähnten lange recht zu leben,
Doch fingen wir es töricht an;
Die Tage ließen wir entschweben
Und dachten nicht ans End der Bahn!
Nun haben wir das Blatt gewendet
Und frisch dem Tod ins Aug geschaut;
Kein ungewisses Ziel mehr blendet,
Doch grüner scheint uns Busch und Kraut!
Und wärmer ward's in unsern Herzen,
Es zeugt's der froh gewordne Mund;
Doch unsern Liedern, unsern Scherzen
Liegt auch des Scheidens Ernst zugrund!
Gottfried Keller
Dankbares Leben
Wie schön, wie schön ist dieses kurze Leben,
Wenn es eröffnet alle seine Quellen!
Die Tage gleichen klaren Silberwellen,
Die sich mit Macht zu überholen streben.
Was gestern freudig mocht' das Herz erheben,
wir müssen's lächelnd heute rückwärts stellen;
Wenn die Erfahrungen des Geistes schwellen,
Erlebnisse gleich Blumen sie durchweben.
So mag man breiter stets den Strom erschauen,
auch tiefer mählich sehn den Grund wir winken
Und lernen täglich mehr der Flut vertrauen.
Nun...
Gottfried Keller
Traum
Bleib, o bleib in deiner Träume Welt,
Such nicht des Lebens wirkliches Sein!
Es hat nur dunkle oder grelle Farben,
Der Traum nur hat der Morgensonne Schein;
Stirbst du lebend, bist du tot noch des Lebens,
Kehren wird dein Geist zu der Erde zurück;
Stirbst du als Träumer, kannst du ruhig sterben,
Mit dir verbleicht auch dein ewiges Glück.
Jens Peter Jacobsen
Angekommen?
Ich kehr in einen Traum zurück
nach dem ich lang gepennt
er ist wie ein Theaterstück
das man hier "Leben" nennt
Lebens - Traum
ich find Dich schön
ich träum Dich mehr und mehr
doch irgendwann da muß ich gehn
es fällt mir wirklich schwer
nur eines sag ich hier zum Schluß
es schlägt bald meine Stund
auch wenn ich wieder gehen muß
so penn ich mich gesund.....
Kurt Hermann Wilhelm Hübner
Ich habe Angst vor dem was ist
und ich habe Angst vor dem was kommt.
Wird uns Frieden leben lassen
oder wird Krieg
um uns herum
uns in der Seele töten?
Angst lähmt, Angst hemmt
die Füße, die zu gehen bereit sind.
Die Füße gehen trotzdem, weil
das Leben uns zu gehen zwingt.
Doch wäre nicht die Angst,
sie würden vor Freude springen!
Sigrun Hopfensperger
Der Tod hat keine Bedeutung
Der Tod hat keine Bedeutung –
ich bin nur nach nebenan gegangen.
Ich bleibe, wer ich bin,
und auch ihr bleibt dieselben zusammen.
Was wir einander bedeuteten, bleibt bestehen,
Nennt mich bei meinem vertrauten Namen
Sprecht in der gewohnten Weise mit mir
und ändert Euren Tonfall nicht!
Hüllt euch nicht in Mäntel aus Schweigen und Kummer –
lacht wie immer über die kleinen Scherze, die wir teilten.
Wenn ihr von mir sprecht, so tut es ohne Reue
und ohne jegliche...
Henry Scott Holland
Der Frühling
Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben,
Es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben
Aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder
Und festlich machen sich Gesang und Lieder.
Das Leben findet sich aus Harmonie der Zeiten,
Daß immerdar den Sinn Natur und Geist geleiten,
Und die Vollkommenheit ist Eines in dem Geiste,
So findet vieles sich, und aus Natur das meiste.
(Scardanelli)
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Freundschaft
Wenn Menschen sich aus innrem Werte kennen,
So können sie sich freudig Freunde nennen,
Das Leben ist den Menschen so bekannter,
Sie finden es im Geist interessanter.
Der hohe Geist ist nicht der Freundschaft ferne,
Die Menschen sind den Harmonien gerne
Und der Vertrautheit hold, daß sie der Bildung leben,
Auch dieses ist der Menschheit so gegeben.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Und es fragen mich die Leute:
»Sag, wie kommts, daß deine Lieder
So das Gestern wie das Heute
Spiegeln tausendtönig wieder?
Wenn nur einer Stunde Beben
Sie beseelet und entzündet,
Sag, wie kommts, daß all dein Leben
Bunt und seltsam in sie mündet,
All dein Grübeln und dein Träumen
In die Töneflut sich schlinget,
Der Gedanken wechselnd Schäumen
Dumpf durch deine Lieder klinget?«
Und ich sage: »Seht, es gleichen
Meine Lieder jenen Blüten,
Die ja auch in einer weichen,
Heißen, einzgen Nacht...
Hugo von Hofmannsthal
Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen,
Und Träume schlagen so die Augen auf,
Wie kleine Kinder unter Kirschenbäumen,
Aus deren Krone den blassgoldnen Lauf
Der Vollmond anhebt durch die grosse Nacht.
Nicht anders tauchen unsre Träume auf.
Sind da und leben, wie ein Kind, das lacht,
Nicht minder gross im Auf- und Niederschweben
Als Vollmond, aus Baumkronen aufgewacht.
Das Innerste ist offen ihrem Weben,
Wie Geisterhände im versperrten Raum
Sind sie in uns und haben immer...
Hugo von Hofmannsthal
Neues Leben
Hat dich die Liebe berührt,
Still unter lärmenden Volke,
Gehst du in goldner Wolke,
Sicher von Gott geführt.
Nur wie verloren, umher
Lässest die Blicke du wandern,
Gönnst ihre Freuden den Andern,
Trägst nur nach einem Begehr:
Scheu in dich selber verzückt,
Möchtest du leugnen vergebens,
Daß nun die Krone des Lebens,
Strahlend die Stirn dir schmückt.
Paul von Heyse
Seit du nun schweigst…
Seit du nun schweigst, sind mir die Dinge stumm.
Mit seelenlosen Augen sehn mich an
Die liebsten Menschen. Jedes Heiligtum
Find' ich verschlossen, poch' ich je daran.
Gab deine Stimme doch die Melodie
Zu meines Lebens Lied. Du warst das Maß,
Das Wert und Unwert meiner Welt verlieh;
In dir genoß ich erst, was ich besaß.
Nun du mir fehlst, bin ich mir selbst entrückt,
Mißklang mein Denken, mein Empfinden Streit.
Das Schöne spielt mit mir, das Wahre drückt
Dies Herz...
Paul von Heyse
Freundschaft
Ich mach dir Platz in meinem Herzen,
die Tür steht auf, komm doch herein.
Ich teile mit dir Freud und Schmerzen,
nie mehr wirst du alleine sein.
Ganz leise schlichst du in mein Leben,
so unverhofft und über Nacht.
Uns gegenseitig woll’n wir geben,
was uns das Leben leichter macht.
Regina Hesse