Leben Leben Zitate (Seite 177)
Ich möchte, wenn ich sterbe, wie die lichten
Gestirne schnell und unbewußt erbleichen,
Erliegen möcht ich einst des Todes Streichen,
Wie Sagen uns vom Pindaros berichten.
Ich will ja nicht im Leben oder Dichten
Den großen Unerreichlichen erreichen,
Ich möcht, o Freund, ihm nur im Tode gleichen;
Doch höre nun die schönste der Geschichten!
Er saß im Schauspiel, vom Gesang beweget,
Und hatte, der ermüdet war, die Wangen
Auf seines Lieblings schönes Knie geleget:
Als nun der Chöre Melodien...
August Graf von Platen Hallermund (Hallermünde)
Der Kuß
Der Kuß, den ich dir nicht gab
hat mir das nicht vergeben
er gibt einfach nicht auf
erschwert mir nach Kräften das Leben
er kitzelt meine Lippen
drückt zwischen den Rippen
er macht Lärm in der Seele
verstopft mir die Kehle
er flitzt durchs Gehirn
und bohrt in der Stirn -
ich halt's nicht mehr lange aus:
das freche Kerlchen muß raus!
Jörn Pfennig
Es saust der Baum auf ödem Feld
Die Wolken niederhangen;
Das Blühen ist vergangen
Das Hoffen aus der Welt.
Versunken ist manch treue Brust,
Die Winde drüber wehen;
Das Glück darf nicht bestehen
Nichts bleibt – als der Verlust.
Die Blätter rauschen ab vom Baum,
Im Thal die Nebel weben;
Dahin ist Lust und Leben,
Und alles ist ein Traum.
Ludwig Pfau
Am stillen Friedhof
Wenn ich im stillen Friedhof geh',
Wird mir so schwer zu Herzen,
Daß man die treuste Menschenbrust,
Die mitgetragen Leid und Lust,
So eilig kann verschmerzen.
Gras wächst darüber, ach wie bald!
Das Grab wird selber heiter.
Wie wenn ein Blatt vom Wipfel fällt,
So geht ein Leben aus der Welt –
Die Vögel singen weiter.
O Menschenherz mit deinem Stolz!
Was flüstern die Cypressen?
»Wir stehn auf einem schmalen Raum,
Darunter liegt ein Herze kaum,
So ist es schon vergessen.«
Ludwig Pfau
Erkenntnis
Was einst mein Herz erquickte,
Der Himmel Stern an Stern,
Seit in Dein Aug ich blickte,
Wie lass' ich ihn so gern!
Nach einem Zauber heb' ich
Mein Aug', nach einer Zier:
Ah! alle Schönheit geb' ich
Um einen Blick von dir.
Was einst mein Leben schmückte,
Des Wissens goldner Kern,
Seit ich ans Herz dich drückte,
Wie miss' ich ihn so gern!
Nach einem Glücke streb' ich,
Nach einem Trostpanier:
Ach! alle Weisheit geb' ich
Um ein Kuß von dir.
Ludwig Pfau
Ein Kind liegt in der Wiege
Ein Kind liegt in der Wiege,
Uns beiden zugesellt,
Viel Wunden und viel Siege
Erstehen neu der Welt.
Die Augen mit den feuchten
Blauperlen süß und klar,
Sie müssen nun schon leuchten
Im Licht, das unser war.
Die Händchen mit den vielen
Rundgrübchen noch darin,
Sie werden einst mit Schwielen
Verstehn des Lebens Sinn.
Die Wunden und die Siege
Sind wert nicht einen Schlag –
Ein Kind liegt in der Wiege
Und lächelt in den Tag.
Alfons Petzold
Wenn ich betrachte meines Lebens Dauer,
der Jahre Flucht und wie ich mich verlor,
das Feuer sank, in dem ich glühend fror,
die Ruhe schwand der regungslosen Trauer,
wie Liebeswahn und Hoffen mir erstorben,
wie in zwei Teile uns der Tod geteilt
- auf Erden dieser, der im Himmel weilt -,
wie ich verlor, was ich so schwer erworben,
dann schreck ich hoch und berge mein Gesicht
und neide noch dem Ärmsten seine Not,
so bin von Angst und Schmerz ich übermannt.
Mein Stern, mein Los, o ihr, Geschick...
Francesco Petrarca
Weltgeschichte
O Weltgeschichte! Wundervolles Buch!
Ein jeder liest was anderes aus dir;
Der eine Segen und der andre Fluch,
Der Leben, jener Tod dafür.
Du sprichst zu einem, gibst ein Schwert ihm in die Hand:
"Geh hin und kämpfe! Nicht vergeblich strebst du, tatentbrannt.
Der Menschheit wird geholfen, Heil ist ihr beschert."
Zum andern sprichst du: "Lege ab dein Schwert,
Vergebens kämpfst und ringst du,
Zu keinem Ziele dringst du,
Die Welt bleibt unglücklich immerdar,
Wie sie's seit...
Sándor Petöfi
Wenn Mehlthau auf die Blume fiel,
Da sinkt sie ohne Hoffen,
Und ward ein Baum des Blitzes Ziel,
Stürzt er, zu Tod getroffen.
Und wenn in einer Menschenbrust
Erregt die Qualen werden,
Da ist ihr's innig tief bewußt,
Daß Heilung nicht auf Erden.
Dem Baum, der Blume wird sofort
Die stille Ruh gegeben,
Das Menschenherz allein lebt fort
Sein täglich sterbend Leben.
Betty Paoli
Gabe
Alles hinzugeben
Ist der Liebe Brauch;
Nimm denn hin mein Leben
Und mein Sterben auch!
Aller meiner Lieder
Sanften Schmeichellaut,
Die ein Eden wieder
Sich aus Schutt erbaut.
Alle Lichtgedanken,
Die an Glück und Leid
Kühn sich aufwärts ranken
In die Ewigkeit.
All mein stilles Sehnen,
Innig dir vertraut,
Das in sel'gen Tränen
Auf dich niedertaut!
Nimm, daß nichts dir fehle,
Wenn die Stunde ruft,
Meine ganze Seele
Hin als Opferduft!
Betty Paoli
Denke der eig'nen Fehler und Schwächen,
Wenn du dem Freund, dem Irrenden, grollst!
Schwanke nicht erst, ob die Unbill zu rächen,
Ob du in Milde vergeben sie sollst.
Was dir zum Trost und zur Freude gegeben,
Selber verkehrend in Unheil und Fluch,
Bringest du sonst in dein innerstes Leben,
Störrischen Sinnes, den qualvollen Bruch.
Betty Paoli
Zur Erklärung
Du schiltst, daß ich mein Leben verträumt,
Statt froh es zu genießen?
Daß ich die Blumen zu pflücken versäumt,
Die rings am Wege sprießen?
So sprechend dünkst du dich klug, wie klug!
Daß Bessres du erkoren,
Indess an Wahn und Täuschung und Trug
Ich Jahr um Jahr verloren.
Glaub mir! es hielt mich des Traumes Macht
So ehern nicht umschlungen,
Daß ich nicht manchmal plötzlich erwacht
Aus seinen Dämmerungen.
Doch sieh! da schien mir all euer Glück
Nur Glitzern flücht'gen...
Betty Paoli