Kinder Zitate (Seite 33)
Ehre der Arbeit
Wer den wuchtigen Hammer schwingt,
wer im Feld mäht die Ähren,
wer ins Mark der Erde dringt,
Weib und Kinder zu ernähren,
wer stromab den Nachen zieht,
wer bei Woll und Werg und flachse
hinterm Webstuhl sich müht,
daß sein blonder Junge wachse:
jedem Ehre, jedem Preis!
Ehre jeder Hand voll Schwielen!
Ehre jedem Tropfen Schweiß,
der in Hütten fällt und Mühlen!
Ehre jeder nassen Stirn
hinterm Pfluge! – doch auch dessen,
der mit Schädel und mit Hirn
hungernd pflügt, sei nicht...
Ferdinand Freiligrath
Der echte Dichter
(Wie man sich früher ihn dachte)
Ein Dichter, ein echter, der Lyrik betreibt,
Mit einer Köchin ist er beweibt.
Seine Kinder sind schmuddlig und unerzogen,
Kommt der Mietszettelmann, so wird tüchtig gelogen,
Gelogen, gemogelt wird überhaupt viel,
›Fabulieren‹ ist ja Zweck und Ziel.
Und ist er gekämmt und gewaschen zuzeiten,
so schafft das nur Verlegenheiten,
Und ist er gar ohne Wechsel und Schulden
Und empfängt er pro Zeile 'nen halben Gulden
Oder pendeln ihm Orden am Frack...
Theodor Fontane
Man wird nicht besser mit den Jahren –
wie sollt es auch? Man wird bequem
und bringt, um sich die Reu' zu sparen,
die Fehler all in ein System.
Das gibt dann eine glatte Fläche,
Es rutscht sich unbehindert fort
Und »allgemeine Menschenschwäche«
Wird unser Trost- und Losungswort.
Die Fragen alle sind erledigt,
Das eine geht, das andre nicht, –
Nur manchmal eine stumme Predigt
Hält uns der Kinder Angesicht.
Theodor Fontane
Ein froh und tröstlich Lied
Gottvaters blühendes Wunderkleid
wallt über unsere Lande weit
und schmückt die arme Erde.
Die Blumenwiese ist sein Saum,
die Kinder haschen noch im Traum
danach mit Lustgebärde.
Gottvaters blühendes Wunderkleid
birgt allen Trost für Menschenleid!
Aus seinen langen warmen Falten
hat Menschenhand ihr täglich Brot
und Früchte süß und goldenrot
noch Jahr um Jahr erhalten.
Gottvaters blühendes Wunderkleid
rauscht durch die Welt in Ewigkeit
und hört nicht auf zu...
Walter Flex
Auf den Tod eines Kindes
Schlafe wohl, geliebtes Kind,
so viel tapfre Helden sterben,
ganze Völker gar verderben,
und die Zeit verstiebt wie Wind;
wie soll da ein Mensch bestehn ?
Muß dies Ganze doch vergehn.
Schlafe wohl! Wir Armen, wir
bleiben, was wir immer waren:
jung von Weisheit, alt von Jahren,
unverständig für und für,
stumm an Mund, an Augen blind,
Kinder, wie wir kommen sind.
Paul Fleming (Flemming)
Lebensläufe
Drei kleine Knaben
Hüteten die Gänse,
Hatt' jeder seine Gaben,
und wurde große Hänse.
Einer ward ein Schneider,
Der hatte zehn Gesellen,
Dem König macht' er Kleider,
Dem Narren eins mit Schellen.
Der andre nahm 'ne Pfarre,
Wusch allem Volk die Köpfe,
Der Herr lohnt ihm die Quarre
Und füllt ihm Tasch und Töpfe.
Der dritte ward ein Schreiber,
Hat schöne Lieder gesungen,
Die Kinder und Weiber
Sind um ihn herumgesprungen.
Der Schneider kriegt 'nen Orden,
Der Pfarrer kriegt die...
Gustav Falke
Pfingstlied
Pfingsten ist heut, und die Sonne scheint,
Und die Kirschen blühn, und die Seele meint,
Sie könne durch allen Rausch und Duft
Aufsteigen in die goldene Luft.
Jedes Herz in Freude steht,
Von neuem Geist frisch angeweht,
Und hoffnungsvoll aus Thür und Thor
Steckt´s einen grünen Zweig hervor.
Es ist im Fernen und im Nah´n
So ein himmlisches Weltbejah´n
In all dem Lieder- und Glockenklang,
Und die Kinder singen den Weg entlang.
Wissen die Kindlein auch zumeist
Noch nicht viel...
Gustav Falke
Bereits erfühlt
Alles an dir ist mir vertraut,
als hätten wir vor Jahren
aus Decken ein Gartenzelt gebaut,
als wir noch Kinder waren.
Dort unterm Apfelbaum,
mit Steinen, Klammern, Seilen,
erfüllten wir uns diesen Traum,
um darin zu verweilen.
Du warst an meiner Seite,
doch kannte ich dich nicht.
Du bist in mir geblieben,
bewußt war es uns nicht.
Sonja Drechsel-Walther
Ausblick
Jetzt einen Schritt, dann stürzt vom Rande
mein Leben in die Schlucht hinab.
Wie hängt die Sonne tief im Lande!
Ich recke mich auf meinem Stande,
und alle Sehnsucht fällt mir ab.
Denn dort aus Wald- und Wolkenkränzen
ragt mir erreichbar Firn an Firn.
Die Wirklichkeit ist ohne Grenzen!
Wie nah die fernen Dörfer glänzen,
der Strom dazwischen wie ein Zwirn!
Ich lehne mich zurück mit Grauen:
was ist hier groß, was ist hier klein.
Da blüht ein Enzian; nun schauen
zwei Menschenaugen in den...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Anemonen
Sie sprießen licht aus Waldesnacht,
Ohne reichen Duft, ohne Farbenpracht,
Unter den großen, alten Bäumen,
Über das Moos wie flutend Träumen:
Wann der Wind vorüber streicht,
Neigen sie ihre Köpfchen leicht,
Aber wo die Sonne licht
Durch die Blätterkronen bricht,
Saugen sie all das goldige Scheinen
Sehnsuchtsvoll in den Kelch, den kleinen.
So blühen sie scheu, ohne Glanz und Pracht:
Die lichten Kinder der Waldesnacht.
Therese Dahn
Biedere Hausfrauen
Soll ich es nochmals wiederholen?
Ihr habt mich ja so oft gefragt,
Und tausend Mal hab' ich auf Ehre
Die volle Wahrheit Euch gesagt. –
Ja, ich bewund're Eure Tugend,
Und ich bewund're Eure Kinder,
Bewund're Eure magern Mägde,
Bewund're Eure fetten Rinder;
Bewund're mehr noch Eure Männer,
Bewund're Eure kluge...
Ada Christen