Jetzt Zitate (Seite 27)
Gieb es auf!
Gieb es auf, mir deine Pein,
Stolzen Sinnes, zu verhehlen!
Andre täuschen mag der Schein,
Doch nicht schmerzverwandte Seelen!
Diese sind, ob auch ihr Bund
Fremdem Aug' nicht sichtbar scheine,
Auf dem weiten Erdenrund
Eine mystische Gemeine.
Wer an seines Glückes Bahr'
Hielt die ernste Todtenwache,
Zählt zu der geweihten Schaar,
Und versteht des Schmerzens Sprache.
Und die Brüder kennen sich
An geheimen Ordenszeichen,
Wenn sie, wie jetzt du und ich,
Still bewegt die Hand sich...
Betty Paoli
Liebeseifer
Ach Liebste laß uns eilen!
Noch ist es Zeit
Es schadet das Verweilen
Uns beiderseit.
Der edlen Schönheit Gaben
Fliehn Fuß für Fuß
Daß alles, was wir haben,
Uns schwinden muß.
Der Wangen Ziehr verbleichet
Das Haar wird greiß
Der Augen Feuer weichet
Die Brunst wird Eiß.
Das Mündlein von Korallen
Wird ungestalt,
Die Hände, sie verfallen
Und du wirst alt.
Drum laß und jetzt genießen
Der Jugend Frucht
Eh' als wir folgen müssen
Der Jahre Flucht.
Wo du dich selber liebest,
So liebe...
Martin Opitz
Juninacht
Sterne künden die Nacht.
Glänzend wie Schwanengefieder
senkt sie zur Erde sich nieder.
Liebchen habe nun acht!
Rings wie Nebel empor
heben sich Zaubergestalten.
Nymphen jetzt Zwiegespräch halten,
zärtlich seufzend im Rohr.
Oberon ruft zum Tanz;
Elfen umfangen sich lüstern.
Horch, in den Zweigen das Flüstern!
Sieh, im Grase der Glanz!
Mohn blüht feurig im Korn,
wo sie im Reigen sich drehen.
Schleier wie Spinngeweb weben
früh an Distel und Dorn.
Tauiger Hauch küßt wach
blühende Rosen...
Theobald Nöthig
Ein Wunder?
Ein kleines Mädchen, wohl sieben Jahr
Sitzt traurig im Zimmer und kämmt sich ihr Haar
Ihre Eltern sind tot, sie kannte sie kaum
Nur manchmal sieht sie sie in ihrem Traum
Sie denkt gern zurück, noch vor einem Jahr
Kämmte ihr immer Mama das Haar
Sie schaut in den Spiegel, der vor ihr steht
Und fragt ihn leise wie's Mama jetzt geht
Tränen rinnen ihr übers Gesicht
Da erscheint ihr im Spiegel ein helles Licht
Ein Engel erscheint und setzt sich zu ihr
Sie sagt: "keine Angst, Mama ist...
Heiko Noack
Vereinsamt
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein. –
Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!
Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt – ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends halt.
Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.
Flieg, Vogel, schnarr
Dein Lied...
Friedrich Wilhelm Nietzsche