Immer Zitate (Seite 95)
Zum Muttertag
Kostbarer als alle Edelsteine auf Erden,
bist du mir mein treues Mutterherz.
Dir allein verdanke ich mein Sein und Werden,
heilst mir mit Herzensgüte meinen Schmerz.
Gemeinsame Stunden voller Freud und Leid -
stets gingen wir zusammen durch all diese Zeit.
Wertvoller als alle Diamanten auf dieser Welt,
bist du mir, weil du immer zu mir hältst.
Du bist mir wie ein strahlender Stern am Himmelszelt,
der stets meine Seele mit großer Hoffnung erhellt.
So möge dich Gott beschützen auf...
Natunika
Der Leiermann
Drüben hinterm Dorfe
Steht ein Leiermann
Und mit starren Fingern
Dreht er was er kann.
Barfuß auf dem Eise
Wankt er hin und her
Und sein kleiner Teller
Bleibt ihm immer leer.
Keiner mag ihn hören,
Keiner sieht ihn an,
Und die Hunde knurren
Um den alten Mann.
Und er läßt es gehen,
Alles wie es will,
Dreht, und seine Leier
Steht ihm nimmer still.
Wunderlicher Alter!
Soll ich mit dir geh'n?
Willst zu meinen Liedern
Deine Leier dreh'n?
Wilhelm Müller
Um Mitternacht
Bedächtig stieg die Nacht ans Land,
Lehnt träumend an der Berge Wand;
Ihr Auge sieht die goldne Waage nun
Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn.
Und kecker rauschen die Quellen hervor,
Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.
Das uralt alte Schlummerlied
Sie achtet's nicht, sie ist es müd';
Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,
Der flücht'gen Stunden gleichgeschwungnes Joch.
Doch immer behalten die Quellen das Wort,
Es singen die...
Eduard Mörike
Nimmersatte Liebe
So ist die Lieb'! So ist die Lieb'!
Mit Küssen nicht zu stillen:
Wer ist der Tor und will ein Sieb
mit eitel Wasser füllen?
Und schöpfst du an die tausend Jahr,
und küssest ewig, ewig gar,
du tust ihr nie zu Willen.
Die Lieb', die Lieb' hat alle Stund
neu wunderlich Gelüsten;
wir bissen uns die Lippen wund,
da wir uns heute küßten,
das Mädchen hielt in guter Ruh,
wie's Lämmlein unterm Messer;
ihr Auge bat: Nur immer zu,
je weher, desto besser!
So ist die Lieb' und war...
Eduard Mörike
Leis auf zarten Füßen naht es,
vor dem Schlafen wie ein Fächeln:
Horch, o Seele, meines Rates,
laß dir Glück und Tröstung lächeln –:
Die in Liebe dir verbunden,
werden immer um dich bleiben,
werden klein und große Runden
treugesellt mit dir beschreiben.
Und sie werden an dir bauen,
unverwandt, wie du an ihnen, –
und, erwacht zu Einem Schauen,
werdet ihr wetteifernd dienen!
Christian Morgenstern
Der Mensch ist
immer ein Phänomen.
Er sieht nicht schön aus:
Irgendwie heißt sein Name und
Ruhelos sein Schuh, sein Rock heißt
Elend, seine Zunge Eitelkeit, seine Eingeweide
Wollust, sein Herz Flamme, sein Auge Sonnenheimweh,
sein Wanderstab Nirgendsheim und seine bittere Nahrung
Er selbst.
Christian Morgenstern
O wüßtest du, wie sehr dein Antlitz sich
Verändert, wenn du mitten in dem Blick,
Dem stillen reinen, der dich mir vereint,
Dich innerlich verlierst und von mir kehrst!
Wie eine Landschaft, die noch eben hell,
Bewölkt es sich und schließt mich von dir aus.
Dann warte ich. Dann warte schweigend ich
Oft lange. Und wär ich ein Mensch wie du,
Mich tötete verschmähter Liebe Pein.
So aber gab unendliche Geduld
Der Vater mir und unerschütterlich
Erwarte ich dich, wann du immer kommst.
Und diesen...
Christian Morgenstern
Genug oft
Genug oft, daß zwei Menschen sich berühren,
– nicht leiblich, geistig nur – daß sie sich sehn</em>,
daß sie sich einmal gegenüberstehn –
um sich danach vielleicht auf immer zu verlieren.
Genug oft, daß ein Lächeln Zweier Seelen
vermählt – oh nicht vermählt! nur dies: sie führt,
so vor einander schweigend und erschüttert,
daß ihnen alle Wort' und Wünsche fehlen,
und jede, unaussprechlich angerührt,
nur tief vom Zittern der verwandten zittert.
Der kann von Liebe nicht reden,
dem sie...
Christian Morgenstern
Aus der ach so karg gefüllten Schale unseres Herzens
laßt uns Liebe schöpfen, wo nur immer einer Seele
Schale leer steht und nach Liebe dürstet.
Nicht versiegen drum wird unsere Schale,
steigen wird die so geschöpfte Flut, nicht fallen,
Fülle wird das Los des so verschwenderischen Herzens.
Christian Morgenstern
In den Wipfeln des Walds,
Die starr und schwarz
In den fahlen Dämmerhimmel
Gespenstern,
Hängt eine große
Glänzende Seifenblase.
Langsam löst sie sich
Aus dem Geäst,
Und schwebt hinauf
In den Äther.
Da treibt sie schimmernd,
Vom Winde getragen,
Über die Lande.
Immer höher steigt
Die zerbrechliche Kugel.
Pan aber blickt
Mit klopfendem Herzen
Verhaltenen Atems
Ihr nach.
Christian Morgenstern
Bundeslied der Galgenbrüder
O schauerliche Lebenswirrn,
wir hängen hier am roten Zwirn!
Die Unke unkt, die Spinne spinnt,
und schiefe Scheitel kämmt der Wind.
O Greule, Greule, wüste Greule!
Du bist verflucht! so sagt die Eule.
Der Sterne Licht am Mond zerbricht.
Doch dich zerbrach's noch immer nicht.
O Greule, Greule, wüste Greule!
Hört ihr den Huf der Silbergäule?
Es schreit der Kauz: pardauz! pardauz!
da taut's, da graut's, da braut's, da blaut's!
Christian Morgenstern