Heute Zitate (Seite 27)
Auferstehung
Im Süden
brachen schon die Krusten auf.
Aus Knospen blüht es
weiß und rot und blau;
die Wiesen leuchten hell herüber,
stolz geht mit ihrem Kind
die Frau.
Bei uns
bläst noch der eis'ge Wind,
die Bäume frieren
und Berggipfel sind schneebedeckt.
Und doch: der Frühling kommt.
Die junge Sonne
hat ihn endlich aufgeweckt.
Schon morgen wird bei uns
das Licht der Blumen bunt erblühn,
das Grün
aus heut noch dürren Ästen wachsen
und Osterfriede
in die Herzen ziehn.
Ingrid Streicher
Letzter Hauch
Wem ich dieses klage,
weiß, ich klage nicht;
der ich dieses sage,
fühlt, ich zage nicht.
Heute heißt's Verglimmen,
wie ein Licht verglimmen,
in der Luft verschwimmen,
wie ein Ton verschwimmt.
Möge schwach wie immer,
aber hell und rein,
dieser letzte Schimmer,
dieser Ton mir sein.
David Friedrich Strauß (oder Strauss)
Alles was auf Erden besteht,
beruht auf Ehre und Treue,
wer heut' die alte Pflicht verrät,
verrät morgen auch die neue.
Jede Gabe ist ein Geschenk Gottes,
der Charakter aber ein Produkt der eigenen
Seele, weshalb Gaben entzücken,
Charaktere aber geliebt werden.
Denn nur der ist reich,
der geliebt wird und lieben darf.
Adalbert Stifter
Der alte Wirt steht vor der Tür,
aufs Glatteis tropft der Regen,
a Fremder, der geht aa grad für,
pumps – is er dorten g'legen.
Jetzt hat der Fremde aufbegehrt:
"Dös Glatteis is so z'wider!"
"Ja", sagte der Wirt, "hab mirs schon denkt:
sie schlagen dorten nieder.
Denn auf dem Fleck san heut schon g'falln
g'weiß zehne, darf i sagen,
i paß jetzt schon die ganze Zeit,
ob sie net aa hinschlagen."
Karl Stieler
Lied des Narren
Ach Geliebte, wohin irrst du?
Bleib bei mir, denn mich verwirrst du.
Der ich laut singe und leis.
Reis nicht weiter, sei so nett,
Reisen enden stets im Bett,
Wie der Jedermann gut weiß.
Was ist Liebe? Nichts für morgen.
Wer heut lacht, braucht sich nicht sorgen.
Was mal wird, geht schnell vorbei.
Warten, das ist ungesund
Küß mich, Liebste, auf den Mund –
Jugend, ach, good bye, good bye.
William Shakespeare
Memories
Zur Welt gebracht
Zum Narren gemacht
Zum Leben bereit
Ein Zuhause auf Zeit
Die Wurzeln erfragt
Die Antwort versagt
Das ´Heute´geliebt
Die Chancen versiebt
Mißrauen gelehrt
Den Schrei überhört
Die Hunde gehetzt
Die Würde verletzt
Die Fehler gehaßt
Die Freude verpaßt
Zum Zweifel geneigt
Die Zukunft vergeigt
Durch Schläge gequält
Den Willen gezähmt
Die Bildung vermißt
Von der Muse geküßt
Der Freude beraubt
An Wunder geglaubt
Die Nächte durchwacht
An Morgen gedacht
Das Gesagte gemeint
Um...
Jutta Schulte