Harte Zitate (Seite 4)
Der Name ist uns wie ein Licht
hart an die Stirn gestellt.
Da senkte sich mein Angesicht
vor diesem zeitigen Gericht
und sah (von dem es seither spricht)
dich, großes dunkelndes Gewicht
an mir und an der Welt.
Du bogst mich langsam aus der Zeit,
in die ich schwankend stieg;
ich neigte mich nach leisem Streit:
jetzt dauert deine Dunkelheit
um deinen sanften Sieg.
Jetzt hast du mich und weißt nicht wen,
denn deine breiten Sinne sehn
mir, daß ich dunkel ward.
Du hältst mich seltsam...
Rainer Maria Rilke
Nächtens will ich mit dem Engel reden,
ob er meine Augen anerkennt.
Wenn er plötzlich fragt: Schaust du Eden?
Und ich müßte sagen: Eden brennt.
Meinen Mund will ich zu ihm erheben,
hart wie einer, welcher nicht begehrt.
Und der Engel spräche: Ahnst du Leben?
Und ich müßte sagen: Leben zehrt.
Wenn er jene Freude in mir fände,
die in seinem Geiste ewig wird, –
und er hübe sie in seine Hände,
und ich müßte sagen: Freude irrt.
Rainer Maria Rilke
Die Greisin
Weiße Freundinnen mitten im Heute
lachen und horchen und planen für morgen;
abseits erwägen gelassene Leute
langsam ihre besonderen Sorgen,
das Warum und das Wann und das Wie,
und man hört sie sagen: Ich glaube –;
aber in ihrer Spitzenhaube
ist sie sicher, als wüßte sie,
daß sie sich irren, diese und alle.
Und das Kinn, im Niederfalle,
lehnt sich an die weiße Koralle,
die den Schal zur Stirne stimmt.
Einmal aber, bei einem...
Rainer Maria Rilke
Damals
Ich sitze im Haus allein,
starre einfach vor mich hin,
trinke französischen Wein,
und bin kurz vor dem Wahnsinn.
Äußerlich geht es mir gut,
innen trage ich Trauer,
sogar ein klein bisschen Wut,
liegt versteckt auf der Lauer.
Immer hab ich geschwiegen,
das Damals</em> ständig verdrängt,
doch im Kopf blieb es liegen,
Stück für Stück, uneingeschränkt.
Täglich wurd' ich misshandelt,
brutal, hart, fast unmenschlich,
das Bild hat sich gewandelt
erst, als dem Gräuel ich entwich.
Noch heute...
Horst Rehmann
Angst
In Angst umhüllt gestaltet sich mein Leben –
abends schließe ich meine Augen,
und die Dunkelheit gibt mir Wärme und Sicherheit.
Öffne ich morgens meine Augen,
reißt die Angst mich in die harte Wirklichkeit zurück.
Mein Gefühl der Liebe wird mit Füßen getreten –
mein Kampfgeist mit Worten zertrümmert,
mein suchender Blick nach Zärtlichkeit,
einem lieben Wort mit kalten Augen geblendet.
Mein Körper schmerzt, mein Herz zittert,
mutlos sinkt mein Sein in sich zusammen.
Das Ziel –
es hat...
Karin Obendorfer
Heimliche Liebe
Eine heimliche Liebe kann auch schön sein –
wie ein guter süßer Wein.
Aber sie kann auch grausam sein –
wie ein bitterer saurer Wein.
Sie erblüht – sie erlischt,
wer kann wissen, wie es ausgeht –
Glück oder Verzicht?
Warum sind manche Menschen nicht so
konsequent, zu ihr zu stehen?
Sie fürchten irgendeine Macht,
die etwas vernichten kann,
oder darüber lacht.
Eine Vernichtung der Existenz,
oder des Lebens?
Beides wäre hart.
Aufbauen kann man immer wieder,
aber den Glauben an...
Karin Obendorfer
Mein Gefängnis
Auf dem Meer tanzt die Welle
nach der Freiheit Windmusik.
Raum zum Tanz hat meine Zelle
siebzehn Meter im Kubik.
Aus dem blauen Himmel zittert
Sehnsucht, die die Herzen stillt.
Meine Luke ist vergittert
und ihr dickes Glas gerillt.
Liebe tupft mit bleichen, leisen
Fingern an mein Bett ihr Mal.
Meine Pforte ist aus Eisen,
meine Pritsche hart und schmal.
Tausend Rätsel, tausend Fragen
machen manchen Menschen dumm.
Ich hab eine nur zu tragen:
Warum sitz ich hier?...
Erich Mühsam
zurück ins Meer
ich muß dich umarmen
mich dir zärtlich hingeben
wie sanft du mich wiegst
wie stark deine Arme mich tragen
doch deine Küsse sind harte Tränen
ich gehe nicht mehr so leicht
dem Ufer zu
das Meer
unwiederbringliche
Wellen
die sich erheben
die mich zähmen
unaufhörlich
wohin geht das Meer
wenn es mich verläßt
manchmal kann ich nicht atmen
kann ich mich nicht erinnern
Anke Maggauer-Kirsche
Bist du es denn?
Groß aus dem Weltraum nachts, der Spiegel ist,
Tönt dein zerwehtes Bildnis in meine Seele.
Die Sterne durchziehen harfend deine Brust.
Du aber ...
Du glänzt vielleicht versehnt im weißen Federbett
Traum liegt dir hart im Schoß. -
Oder ein junger Liebling
Zieht fühlsam mit zeichnendem Finger
Die festen Runden deiner Brüste nach.
Ihr seid sehr heiß
Und schöne Raubtierflecken zieren eure Rücken.
Ernst Wilhelm Lotz
Pflichtbewußtsein ohne Liebe macht verdrießlich.
Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos.
Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart.
Wahrhaftigkeit ohne Liebe macht kritiksüchtig.
Klugheit ohne Liebe macht betrügerisch.
Freundlichkeit ohne Liebe macht heuchlerisch.
Ordnung ohne Liebe macht kleinlich.
Sachkenntnis ohne Liebe macht rechthaberisch.
Macht ohne Liebe macht grausam.
Ehre ohne Liebe macht hochmütig.
Besitz ohne Liebe macht geizig.
Glaube ohne Liebe macht fanatisch.
Laotse
Ich leb, ich sterb...
Ich leb, ich sterb: ich brenn und ich ertrinke,
ich dulde Glut und bin doch wie im Eise;
mein Leben übertreibt die harte Weise
und die verwöhnende und mischt das Linke
mir mit dem Rechten, Tränen und Gelächter.
Ganz im Vergnügen find ich Stellen Leides,
was ich besitz, geht hin und wird doch echter:
ich dörr in einem und ich grüne, beides.
So nimmt der Gott mich her und hin. Und wenn
ich manchmal mein, nun wird der Schmerz am größten,
fühl ich mich plötzlich ganz...
Louise Labé
Betonorgasmus
Lustloser Wiederholungszwang
in Stein erstarrte Potenz
gebierst Retortenstädte
Wohnzellen
Einheitsmenschen
läßt ihre Lebendigkeit
zu Triebhaftigkeit verkommen
machst sie zu Tätern
zehrst aus
zerstörst
verleugnest deine Kinder
machst hart
säst Haß
auch du bist Gewalt
Franz Friedrich Kovacs
Geduld
Schenkst du mir ein wenig Huld,
Sag' nicht "warte", sag' "Geduld" –
Nur nicht dieses kalte, harte,
Messerscharfe "warte, warte!"
Schon in meinen Kindertagen
Auf mein Flehen, auf mein Bitten
Hörte ich's zur Antwort sagen,
Hat es mir ins Herz geschnitten.
Endlich hab ich mich ergeben
In ein armes dunkles Leben –
Schenkst du mir ein wenig Huld,
Sag' nicht "warte", sag' "Geduld".
Franz von Königsbrunn-Schaub