Gehen Zitate (Seite 15)
Gedächtnisfeier
Keine Messe wird man singen,
keinen Kadosch wird man sagen,
nichts gesagt und nichts gesungen
wird an meinen Sterbetagen.
Doch vielleicht an solchem Tage,
wenn das Wetter schön und milde,
geht spazieren auf Montmartre
mit Paulinen Frau Mathilde.
Mit dem Kranz von Immortellen
kommt sie mir das Grab zu schmücken,
und sie seufzet: Pauvre homme!
Feuchte Wehmut in den Blicken.
Leider wohn ich viel zu hoch,
und ich habe meiner Süßen
keinen Stuhl hier anzubieten;
ach! sie schwankt...
Heinrich Heine
Der Wahrheitsfreund
»Du säest Zähne des Drachen,
Geharnischte Männer erstehn;
Doch, Armer, sie werden nicht für dich,
Sie werden gegen dich gehen!«
Und mögen sie mich auch verwunden
Und senken ins eisige Grab –
Sie sind doch kräftige Kämpen
Der Herrin, der ich mich ergab.
Und mag ich der Herrin nur dienen,
So will ich ja gerne vergehn,
Drum säe ich Zähne des Drachen
Und freue mich, wenn sie erstehn!
Christian Friedrich Hebbel
So nimm denn meine Hände
Und führe mich
Bis an mein selig Ende
Und ewiglich!
Ich mag allein nicht gehen,
Nicht einen Schritt;
Wo du wirst geh'n und stehen,
Da nimm mich mit.
In dein Erbarmen Hülle
Mein schwaches Herz
Und mach es gänzlich stille
In Freud und Schmerz.
Laß ruhn zu deinen Füßen
Dein armes Kind;
Es will die Augen schließen
Und glauben blind.
Wenn ich auch gleich nicht fühle
Von deiner Macht,
Du bringst mich doch zum Ziele,
Auch durch die Nacht.
So nimm denn meine Hände
Und führe...
Julie von Hausmann
Ihr Grab
Es blüht ein Grab in treuer Hut,
Das beste Herz darinnen ruht.
Zu oberst blühen Rosen rot –
Dein Mund so manchen Kuß mir bot.
Und weiter ab die Lilie blüht –
Dein Herz hat rein für mich geglüht.
Zu Füßen liegt ein grüner Kranz –
Ich schwang dich oft im Maientanz.
Die Leute gehen dran vorbei,
Mir aber bricht das Herz entzwei.
Martin Greif
Von der Zeit
Mein Haus sagte zu mir:
"Verlaß mich nicht, denn hier wohnt deine Vergangenheit".
Und die Straße sagte zu mir:
"Komm und folge mir, denn ich bin deine Zukunft".
Und ich sage zu beiden, zu meinem Haus und zu der Straße:
"Ich habe weder Vergangenheit, noch habe ich Zukunft.
Wenn ich hier bleibe, ist ein Gehen in meinem Verweilen;
und wenn ich gehe, ist ein Verweilen in meinem Gang.
Nur Liebe und Tod ändern die Dinge."
Khalil Gibran
Wir gehen dahin und wandern
von einem Jahr zum andern,
wir leben und gedeihen
vom alten bis zum neuen.
Sprich deinen milden Segen
zu allen unsern Wegen,
laß Großen und auch Kleinen
die Gnadensonne scheinen.
Hilf gnädig allen Kranken,
gib fröhliche Gedanken
den hochbetrübten Seelen,
die sich mit Schwermut quälen.
Und endlich, was das meiste,
füll uns mit deinem Geiste,
der uns hier herrlich ziere
und dort zum Himmel führe.
Paul Gerhardt
Briefblatt
Es lohnt sich nicht, die Welt erlösen zu wollen!
... weiß Gott! es lohnt sich nicht ... und nicht,
die dazu nötig und auch das Schellenklappern
paßt mir nicht ...
Still im grünen Walde will ich gehen,
still am weißen Strande will ich sitzen und
auf Sonne, Wind und Welle lauschen
und den Wolken zusehn, die am Himmel spielen ...
und die Märchen, die sie mir erzählen,
will ich nur den Kindern bringen, die da drüben
in den Dünen und im weißen Sande sich tummeln
und vielleicht noch...
Cäsar Otto Hugo Flaischlen