Freude Zitate (Seite 20)
Wie ein verlornes blasses Bettelkind,
das scheu durch Gassen irrt,
schwebt eine Melodie im Abendwind
und lächelt angstverwirrt.
Die Melodie hat Augen wunderbar
abgründig, gramerfüllt.
Sie läßt auf mich herab ihr Seidenhaar,
das rieselnd mich umhüllt.
Sie küßt mich, küßt mit tränenheißem Mund,
winkt schwindend mit der Hand –
und jählings weiß ich, daß vom Erdenrund
die höchste Freude schwand.
Eduard Stucken
Trostloses Bild*
Verschüttet,
gefroren,
verweht,
alles was Hoffnung
und Freude.
Kein Sonnenschein
überm Tal,
kein Zeiger,
der Richtung Frühling geht,
kein Schimmer
von Blüte und Blatt.
Ewige Kälte
und Herzlosigkeit,
die uns ergriffen hat;
trostloses Bild,
das da
mitten im Garten steht.
(*nach dem endlosen Winter 2005/06</em>)
Ingrid Streicher
Das heiße Eisen
Auch meine Ahnen
waren Schmiede,
drum bin ich
auf der Eisenstraße
ganz daheim,
sie hämmerten
und glühten,
schufen Hufe,
sie lachten
voller Fleiß und Freud
ins Feuer
und
schmiedeten
die Räder,
bis sie rund.
Wenn mir das Leben heut
zu hart erscheint,
denk ich der Ahnen,
blas heftig in die Glut
und pack das Eisen an,
auch wenn es heiß.
Ingrid Streicher
Und wieder geht ein Jahr
Das Jahr ist müde,
geht nun schlafen.
Verbraucht und kraftlos,
still der Tag;
ein wenig traurig
auch die Stunden,
die man ganz leicht schon
zählen mag ...
Gedanken kreisen
um Sinn und Schöpfung,
um Tod und Leben,
schwankend, zag;
bis endlich dann
um Mitternacht
der tiefen Glocke
letzter Schlag:
Jäh alles,
was im Dunkel war,
erstrahlt in Freude, Zuversicht –
das neue Jahr
ist angebrochen!
Es liegt
verheißungsvoll
im Licht.
Ingrid Streicher
Ein lichtes Wort
Ein lichtes Wort möcht ich euch schenken,
voll Liebe und voll Zuversicht,
ein lichtes Wort, dem's nicht an Freude,
an hoffnungsvollem Sinn gebricht;
ein Wort, das Trost euch bringt
und das euch glücklich macht,
ein Wort, das glättet, aufbaut, hilft,
das wie ein Kind am Morgen lacht;
ein Wort voll Sonnenschein und Segen,
voll Gottvertrauen, Harmonie,
voll Herzenswärme, Innigkeit,
voll tiefer Sympathie.
Ingrid Streicher
Elisabeth
Meine Mutter hat's gewollt,
Den andern ich nehmen sollt;
Was ich zuvor besessen,
Mein Herz sollt es vergessen;
Das hat es nicht gewollt.
Meine Mutter klag ich an,
Sie hat nicht wohlgetan;
Was sonst in Ehren stünde,
Nun ist es worden Sünde.
Was fang ich an?
Für all mein Stolz und Freud
Gewonnen hab ich Leid.
Ach, wär das das nicht geschehen,
Ach, könnt ich betteln gehen
Über die braune Heid.
Theodor Storm
Wie wundersam ... !
Wie wundersam ist dies Verlorengeh'n
In Liebestiefen ohne Ziel und Schranken:
Die ganze Welt mit lichten Augen seh'n,
Im Sonnenschimmer klarer Freude geh'n,
Eins sein in einem tiefen Glücksgedanken!
Und wie im Leben auch die Stürme weh'n,
Da ist kein Zagen und da ist kein Schwanken:
Fest steht die Liebe, wie die Sterne steh'n –
Wie wundersam ist dies Verlorengeh'n
In Liebestiefen ohne Ziel und Schranken!
Karl Stieler
Du liebe Erde
Du liebe Erde,
geschmückte Wiege, bekränztes Grab,
ach, wie lieb, wie lieb ich dich hab.
Kann denn der Himmel viel schöner sein?
Sieh doch, die Wunder, die vielen,
Engel mit deinen Blumen spielen.
Sonne, du hast sie freudig geweckt,
hast sie mit roten Rosen besteckt,
sie breitet die güldenen Tücher aus.
O Freude – noch bin bei dir ich zu Haus.
Wilhelm August Theodor Steinhausen