Freiheit Zitate (Seite 36)
Solange Recht regiert und schöne Sitte,
Du schlicht und gläubig gehst in sichrer Mitte,
Da trittst du siegreich zwischen Molch und Drachen,
Und wo du ruhst, da wird ein Engel wachen.
Doch wenn die Kraft, die wir ›Uns selber‹ nennen,
Die wir mit Schaudern raten und nicht kennen,
Gebundne Bestien, wie geklemmt in Mauern,
Die nach der alten Freiheit dunkel lauern –
Wenn die rebellisch sich von dir lossagen,
Gewohnheit, Glauben, Sitt und Recht zerschlagen,
Und stürmend sich zum Elemente...
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Gänsezug
Die erste Gans im Gänsezug,
Sie schnattert: "Seht, ich führe!"
Die letzte Gans im Gänsezug,
Sie schnattert: "Seht, ich leite!"
Und jede Gans im Gänsezug,
Sie denkt: "Daß ich mich breite
So selbstbewußt, das kommt daher,
Weil ich, ein unumschränkter Herr,
Den Weg mir wähl nach eignem Sinn,
All meiner Schritte Schreiter bin
Und meine Freiheit spüre!"
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Alles heilig
Ich sag es euch 's ist alles Heilig jetzt,
Und wer im Blühen einen Baum verletzt,
Der schneidet ein wie in ein Menschenherz;
Und wer sich eine Blume pflückt zum Scherz,
Und sie dann von sich schleudert sorgenlos,
Der reißt ein Kind von seiner Mutter Schoß;
Und wer dem Vogel jetzt die Freiheit raubt,
Der sündigt an eines Sängers Haupt;
Und wer im Frühling bitter ist und hart,
Vergeht sich gegen Gott, der sichtbar ward! –
Ida von Düringsfeld
Ich sah durch deine Seele in die Welt
und in die eigne Seele: stumm versanken
im Strom des Schauens zwischen uns die Schranken,
es ruhten Welt und Du in Mir gesellt.
Dein Auge sah ich wesenlos erhellt:
Erleuchtung fluteten, Erleuchtung tranken
zusammenströmend unsre Zwiegedanken,
in Deiner Seele ruhte meine Welt.
Und heilig däuchten mir – ob dumpf und kalt
die Welt es leugne – unsrer Lüste Hehle,
verklärt zu Lauterkeiten unsre Fehle
durch dieses Blickes tiefe Lichtgewalt;
denn Inbrunst ist...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Die Freiheit ist ein Meer
Und seine Fische Herzen;
Sie schwimmen ohne Schmerzen
Behaglich hin und her.
Doch diese Lust, wie Schade!
Ist von geringer Dauer;
Es wohnet am Gestade,
Es stehet auf der Lauer
Liebe, die Fischerin.
Sie fischt mit eignen Angeln;
Sie fischt mit Ambralocken;
Die purpurrothen Fischchen,
Sie kommen unerschrocken,
Sie lassen von der argen
Sich gar zu gerne locken,
Und eines um das andre
Ist ihrer List Gewinn.
Georg Friedrich Daumer
Den Griechen
Das Inselmeer zertrümmert eine Sonne,
In zärtlicher Umblauung, jeden Tag,
Beschenkt mir ihren Splittern Wald und Hag,
Beschert auch uns Verwundertheit und Wonne.
Der Mann durchgoldet froh die kühle Tonne
Mit Saft, der Plage mundendem Ertrag:
Er stärke ihn vom Palikaren-Schlag,
Die Söhne auch, als kommende Kolonne!
Reicht heitre Griechensonne mir im Becher!
Der Trank ist stark: ihr Gastlichen habt Dank!
Zu euch gehört der Fremdling bald als Zecher.
Des Weines Heimat feiern wir mit...
Theodor Däubler
Zuversicht
Dich zu lieben, das wird Ruhe sein,
Hand in Hand, getrost und ohne Bangen;
Kein Verzagen – : Glauben; kein Verlangen – :
Frucht und Friede, Freiheit und Verein.
Aber Lust wird in der Ruhe sein
Sommerlust, ein Schauen und Genießen,
Jene Lust der windbewegten Wiesen,
Die voll Blumen sind und still gedeihn.
Otto Julius Bierbaum