Fragen Zitate (Seite 8)
Die Hyazinthe
Ich grüße dich, du wunderbarer Duft,
Der sich in diesen zarten Kelchen wieget,
Du Schiff, worin durch dunkelblaue Luft
Die Seel' entzückt nach fernen Ufern flieget.
Das Steuer ist ein alter, alter Traum
Von andern Zeiten, himmelschönen Auen,
Gold ist der königlichen Ströme Schaum
Und hohe, schlanke Palmen sind zu schauen.
Die Lotosblume schwimmt auf blauer Flut,
Die Welle scheint mit holder Scham zu fragen,
Welch Wunder ihr im keuschen Schoße ruht?
Doch nur die Kinder wissen...
Friedrich Theodor von Vischer
Sie war ein Kind vor wenig Tagen,
Sie ist es nicht mehr, wahrlich nein!
Bald ist die Blume aufgeschlagen,
Bald hüllt sie halb sich wieder ein.
Wen kann ich um das Wunder fragen?
Wie? oder täuscht mich holder Schein?
Sie spricht so ganz mit Kindersinne,
So fromm ist ihrer Augen Spiel;
Doch großer Dinge werd' ich inne,
Ich schau' in Tiefen ohne Ziel.
Ja! Wunder sind's der süßen Minne,
Die Minne hat der Wunder viel.
Ludwig Uhland
Das Geheimnis
Du fragst mich, Mädchen, was flüsternd der West
Vertraue den Blütenglocken?
Warum von Zweige zu Zweig im Geäst
Die zwitschernden Vögel locken?
Warum an Knospe die Knospe sich schmiegt,
Und Wellen mit Wellen zerfließen,
Und dem Mondstrahl, der auf den Kelchen sich wiegt,
Die Violen der Nacht sich erschließen?
O törichtes Fragen! Wem Wissen frommt,
Nicht kann ihm die Antwort fehlen;
Drum warte, mein Kind, bis die Liebe kommt,
Die wird dir alles erzählen.
Adolf Friedrich Graf von Schack
Stilphysiognomik
Wer nie haut grade Hiebe,
wes Wort' und Sätze schleichen
wie spürend schlaue Diebe,
und immer seitab streichen,
Wer niemals wagt zu sagen:
"so ist es" und: "das soll sein",
wer ausweicht schlichten Fragen,
stets will der Vorsicht voll sein,
Wer spricht: "gewisse Leute",
und: "dürfte, möchte, könnte",
statt daß er sich nicht scheute
und uns Gewißheit gönnte,
Wer nie den Punkt will nennen
stets eingehüllt in Duft ist –
glaubt mir, daß der zu kennen
als Schwachkopf oder Schuft ist.
Friedrich von Sallet
Die Welt ist da mit ihren Plagen,
Die nicht von ihr zu trennen sind.
Willst du die Welt, so mußt du tragen
Auch ihre Plagen, Menschenkind;
Und willst du ihnen dich entschlagen,
Entschlage dich der Welt geschwind!
Die Welt ist da mit ihren Plagen,
Die nicht von ihr zu trennen sind.
Dem Süßen mußt du auch entsagen,
Wenn Herbes dir ist ungelind;
Nicht nach der Herrin darfst du fragen,
Wenn dir ist lästig das Gesind;
Und wenn dich nicht der Dorn soll nagen,
So sei auch für die Rose blind!
Die...
Friedrich Rückert
Tadel mußt du lernen tragen,
Dir die Wahrheit lassen sagen,
Nicht darüber dich beklagen,
Wenn es heilsam dich wird nagen.
Aber, wenn es Tölpel wagen,
Grob zu sein mit Wohlbehagen,
Dir die Achtung zu versagen,
Die den Tadel sollten tragen,
Sollst du nichts nach ihnen fragen
Oder sie ins Antlitz schlagen.
Friedrich Rückert
In Lüften hängt ein Lerchenton
Mein Ohr hat staunend ihn vernommen
ist's eine die noch nicht entflohn?
Ist's eine die zurückgekommen,
Gelockt von Frühling schon
Da rings die Schöpfung noch von Winter ist?
Durch meine Seele zieht ein Schwung,
denn jeder Ton hat angeschlagen.
Ist's Ahnung, ist's Erinnerung
Von künftigen, von vor'gen Tagen?
Ich fühle nur mich jung
Ob wie ich's war, ob wie ich sein werd'? Ist zu fragen.
Verklungen ist die Melodie
Verklungen von Schneewolkenherden
Und Winter ist's...
Friedrich Rückert